Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
»Und ihr
geht zurück an eure Arbeit«, fuhr er die Knechte an, die
sich murmelnd trollten. Einem der vierschrötigen Burschen hätte
Otto am liebsten die Heugabel in den Arsch gerammt, als dieser die
gefährlichen Zinken drohend in seine Richtung schüttelte.
»Macht schon, oder soll ich euch Beine machen?«, schickte
Falk ihnen hinterher, bevor er sich langsam, beinahe bedächtig
seinem Onkel zuwandte. »Es tut mir leid«, presste er
zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich wusste
nicht, dass er Euch so sehr hasst.« So viel Resignation schwang
in dieser Feststellung mit, dass Otto ein Stein vom Herzen fiel.
Offenbar kam dem Jungen nicht einmal in den Sinn, dass sein Verwalter
nicht die Schuld an der handgreiflichen Auseinandersetzung tragen
könnte. Immer noch heftig atmend wischte er sich den Schmutz von
der Kleidung und gab bissig zurück: »Eure Bediensteten
scheinen sehr viel Freiheit zu genießen. Auf Katzenstein würde
er dafür die Peitsche spüren! Oder Schlimmeres.« Die
Zerknirschung, die sich auf Falks Zügen ausbreitete, erfüllte
ihn mit Genugtuung. Vielleicht konnte er diesen Vorfall zu seinem
Vorteil nutzen und den Burschen dazu überreden, die
übertriebenen Vorsichtsmaßnamen rückgängig zu
machen. Er verkniff sich das Lächeln, das trotz der schmerzenden
Glieder an seinen Mundwinkeln zog.
        »Bitte
akzeptiert meine Entschuldigung«, sagte Falk geknickt, und
nachdem er eine angemessene Zeit lang gezögert hatte, nickte
Otto schließlich gnädig. »Es war ja nicht Eure
Schuld«, versetzte er großmütig und beschloss, das
Eisen zu schmieden, solange es nicht nur heiß, sondern rot
glühend war. »Aber Ihr solltet diesem Mann nicht ganz so
blind vertrauen. Ich habe den Eindruck, er nimmt sich zu viele
Freiheiten heraus.« Zufrieden, Zweifel im Herzen seines Neffen
gesät zu haben, fuhr er fort: »Er scheint sich nicht damit
abfinden zu können, dass Ihr ein Mann und kein Kind mehr seid.«
Diese Worte zeigten den gewünschten Effekt. »Dann wird er
es schleunigst lernen müssen«, knurrte der Knabe und
ballte die Hände zu Fäusten. »Denn ansonsten ist er
unter diesem Dach nicht mehr willkommen!« Mit diesen Worten
entschuldigte er sich und stürmte ins Haus, aus dessen Innerem
schon bald darauf zornig erhobene Stimmen in den Hof drangen.
Schmunzelnd verfolgte Otto den lautstarken Streit einige Minuten
lang, bis er sich sicher sein konnte, dass der Verwalter seinem
Neffen nicht die Augen öffnen konnte. Erst dann schlenderte er
zu dem Badehäuschen im Hof, um sich den Reisestaub vom Körper
zu waschen. Nachdem er eine Magd herbeigerufen hatte, befahl er ihr,
den Waschzuber mit lauwarmem Wasser zu füllen. Und obwohl er das
schamhafte Ding am liebsten mit in den Bottich gezogen hätte,
entließ er sie und ließ sich seufzend in das mit Seife
parfümierte Nass sinken. Behutsam tastet er seine Rippen ab und
stellte erleichtert fest, dass der Schaden kleiner war als
befürchtet. Ein paar blaue Flecken – mehr würde nicht
bleiben. Er kicherte aufgekratzt. Und das war der Keil, den er
zwischen Falk und seinen Freund getrieben hatte, allemal wert. Auch
wenn dieser Hundsfott seinen ursprünglichen Plan, den Jungen auf
der Reise zu erleichtern, vereitelt hatte. Er blies den Schaum
auseinander. Es würde sich bestimmt auch so eine geeignete
Möglichkeit ergeben. Geduld war eine Tugend, und in dieser würde
er sich eben ein wenig mehr als vorgesehen üben müssen!

Kapitel 13
     
    Bursa,
Frühjahr 1400

    »Es
gibt vier Elemente«, erklärte Sapphira. »Erde,
Wasser, Luft und Feuer.« Die Tabibe nickte. »Jedem
dieser Elemente entspricht ein Körpersaft«, fuhr die junge
Frau fort, das Erlernte zu wiederholen. »Das Blut entspricht
der Luft. Das Feuer ist gelbe Galle, die Erde schwarze Galle. Das
Wasser wird durch den Schleim verkörpert.« »Richtig«,
warf die Heilerin ein. »Und wie wirkt sich ein Ungleichgewicht
dieser Säfte auf das Temperament eines Menschen aus?«,
fragte sie und beobachtete ihre Schülerin gespannt. Stolz
darauf, sich an all die unzähligen Details zu erinnern, zählte
Sapphira auf: »Wer zu viel gelbe Galle in sich hat, wird zum
Choleriker. Denjenigen, bei dem die schwarze Galle überwiegt,
nennt man Melancholiker.« Sie stockte kurz, bevor sie weiter
herunterratterte: »Der Sanguiniker besitzt zu viel Blut und den
Phlegmatiker zeichnet ein Übermaß an Schleim aus.«
Zufrieden mit der jungen Frau, forschte die Tabibe weiter:
»Was sagt Galen über dieses

Weitere Kostenlose Bücher