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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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mit einem Gefühl der Macht und der Lust erfüllte. Nach
einem letzten Blick in den Spiegel wandte sie der polierten
Oberfläche den Rücken und trat in die Mitte des Raumes, wo
sie sich nach einigen Augenblicken für ein paar lederne Sandalen
mit Silberschnallen entschied. Vor den Fenstern ihres Gemaches
versank soeben ein glutroter Sonnenball am Horizont, und das Abendrot
tauchte die Landschaft in ein beinahe überirdisches Licht. Ein
trillerndes Lachen verriet, dass sich einige der Mädchen noch in
den Gärten vergnügten, in denen schon bald Lampions
entzündet werden würden. Vermutlich hofften manche von
ihnen, einen Blick auf Bayezid zu erhaschen, der am heutigen Tag den
Diwan einberufen hatte.
        Olivera
entblößte die makellosen Zähne. Wie immer würde
der Sultan nach dem Treffen mit seinen Wesiren vor Macht und
Tatendurst pulsieren – was sie geschickt ausnützen würde,
um ihn ein weiteres Mal dazu zu bringen, mit ihr zu schlafen. Ihre
Hand zuckte zu ihrem Unterleib. Nachdem sie gehofft hatte, endlich
einen Sohn von ihm empfangen zu haben, hatte sie das Blut in ihrem
Bett vor wenigen Tagen eines Besseren belehrt, und sie war in ein
Stimmungstief gerutscht, aus dem sie gefürchtet hatte, nicht
wieder aufzutauchen. Doch heute fühlte sie sich fruchtbar.
Fruchtbar und unwiderstehlich. Mit den Sandalen an den Füßen
vollführte sie einen weiteren Wirbel um die eigene Achse und
lachte übermütig, als sie an die Unterhaltung mit der Valide zurückdachte.
Diese – herrisch wie immer – hatte sie vor einigen Tagen
zu sich befohlen, um ihr unmissverständlich mitzuteilen, was sie
von ihr hielt. Was Olivera jedoch nicht sonderlich beeindruckt hatte.
»Ich bin seine Mutter«, hatte die Ältere gekeift.
»Er legt großen Wert auf meinen Rat!« Scheinbar
einsichtig, hatte Olivera der alten Hexe versprochen, ihren Sohn
nicht zu unüberlegten Handlungen zu verleiten. Doch was konnte
sie schon dagegen tun, wenn Bayezid von ihr besessen war? Und dass er
das war, dessen war sie sich sicher. Ihr schöner Mund verzog
sich zu einer harten Linie. Und, ganz gleichgültig, was es sie
kostete, er würde ihr einen Sohn schenken und sie so zu einer
der wichtigsten Frauen nach der Valide machen! Wer weiß,
dachte sie grimmig, vielleicht bricht sich die Alte irgendwann das
Genick. Sie griff nach der Pfefferminzlösung, mit der sie stets
ihren Mund spülte, bevor sie ihren Gemahl aufsuchte. Schließlich
wollte sie, dass ihr Atem dem eines himmlischen Wesens und nicht dem
einer Bäuerin glich!
        »Eine
Frau ohne Sohn ist wie ein Baum ohne Früchte«, murmelte
sie und klatschte in die Hände. Augenblicklich kehrten ihre
Dienerinnen aus der angrenzenden Kammer zurück und fragten nach
ihren Wünschen. »Ihr braucht nicht auf mich zu warten«,
sagte sie mit einem Lächeln in der Stimme. »Vermutlich bin
ich erst morgen früh zurück.« Wenngleich die Mädchen
erschrocken die Augen aufrissen, ließen sie mit keiner Silbe
verlauten, wie sehr sie das entsetzte, was ihre Herrin offensichtlich
vorhatte – auch wenn diese davon abgesehen hatte ihren Gemahl
wie sonst nur im Nachtgewand aufzusuchen. Nachdem sie sich
ehrerbietig zurückgezogen hatten, straffte Olivera die Schultern
und trat hinaus in die Schwüle des Abends. Seit einiger Zeit
brachte der Wind eine beinahe unerträgliche Hitze aus dem Osten,
und selbst in der Nacht kühlte es kaum ab. Der Geruch
verblühender Büsche und heißer Erde hing schwer in
der Luft, und der würzige Duft von Kiefernnadeln erinnerte sie
wider Willen an ihre Heimat. Ohne Vorwarnung flammte der immer noch
in ihr wohnende Hass gegen Bayezid mit aller Gewalt auf, als die
Hinrichtung ihres Vaters sich in ihren Verstand drängte. Als
hielte sie eine unsichtbare Macht fest, verharrte sie auf der Stelle
und blickte grimmig in die Ferne. Einen Moment lang schloss sie die
Augen, um sich das zwar energische aber liebevolle Gesicht Lazar von
Serbiens ins Gedächtnis zu rufen, so wie es gewesen war, bevor
die Klinge des Henkers ihm die Seele geraubt hatte: Die
durchdringenden, weisen Augen; die edle Nase und das schmale, von
einem Bart eingerahmte Gesicht. Wenn er doch nur das diplomatische
Geschick ihres Bruders besessen und sich Bayezid unterworfen hätte!
Dann hätte er – wie ihr Bruder Stefan – weiter als
Vasall des Sultans über Serbien herrschen können. Sie
presste die Lippen aufeinander. Aber das hätte ihr Vater als
feuriger Anhänger der orthodoxen Kirche niemals getan. Ihre
Nasenflügel

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