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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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neugierig im Sattel um.
        Doch
das, was sich ihnen von unten näherte, war alles andere als eine
willkommene Abwechslung. Fassungslos tauschte Falk einen Blick mit
seinem Onkel, dessen Miene zu entnehmen war, dass er ebenso wenig
darauf erpicht war, der auf stämmigen Maultieren reitenden
Gruppe erneut zu begegnen. »Und ich dachte, die wären wir
los«, brummte der Katzensteiner und zügelte sein Reittier.
»Vielleicht wäre es besser, sie passieren zu lassen. Dann
hat man nicht ständig das Gefühl, dass einem der Teufel im
Nacken sitzt.« Diese Bemerkung bescherte Falk eine Gänsehaut.
Nachdem er sich in der Nacht aus der Stube in den Stall geschlichen
hatte, um dort in Ruhe zu schlafen, hatte er gehofft, die Dominikaner
nie mehr wiederzusehen. Aber ganz egal, wie sehr er sich beim Beladen
seines Packpferdes beeilt hatte, die Mönche waren um ihn und
Otto herumgeschwirrt wie hungrige Schmeißfliegen. »Wohin
führt Euch Eure Reise?«, hatte der Inquisitor Falk mit
einem falschen Lächeln gefragt. Und als der junge Mann
herumgedruckst hatte, war er weiter in ihn gedrungen – sodass
Falk den Eindruck gehabt hatte, verhört zu werden. »Nach
Venedig«, hatte er schließlich hervorgepresst und so
getan, als erfordere das Festzurren der Ladung seine gesamte
Aufmerksamkeit. »Ah, ein Händler«, war die Antwort
gewesen, und zu seiner grenzenlosen Erleichterung waren die
Kirchenmänner kurz darauf wieder in der Herberge verschwunden.
Wie, um alles in der Welt, war es ihnen nur gelungen, so schnell
aufzuholen?
        Otto
pfiff durch die Zähne, als die Dominikaner sich eine halbe Meile
unter ihnen nach Osten wandten, um eine überdachte Holzbrücke
zu überqueren, die auf die andere Seite eines schmalen
Gebirgsbaches führte. Am Ufer dieses reißenden
Wasserlaufes verband ein Steig die Brücke mit dem Plateau, von
dem aus weit sichtbar ein Kirchturm in den Himmel ragte. »Das
heißt nichts Gutes!«, bemerkte der Ritter und wies auf
ein merkwürdiges Kruzifix am Wegesrand. » Lux
lucet in tenebris« , las
Falk die Inschrift vor. »Das Licht leuchtet in der Finsternis.
Das Motto der Ketzer!« Seine Augen weiteten sich entsetzt.
»Nichts wie weg hier!«, zischte Otto, dem deutlich
anzusehen war, dass auch ihm die Furcht ins Mark gefahren war. Ohne
Rücksicht auf gefährliche Stolpersteine, trieb er sein
Reittier zu einem schnellen Trab an, um so viel Abstand wie möglich
zwischen sich und die Ordensbrüder zu bringen. Da Falk ebenfalls
kein Bedürfnis hatte, ein weiteres Mal von den Mönchen zur
Rede gestellt zu werden, tat er es seinem Onkel gleich und gab seinem
Wallach die Sporen. Über Stock und Stein, durch Schluchten und
über Brücken näherten sie sich der Passhöhe, und
als gegen Abend die Sonne endgültig den Kampf gegen die Wolken
gewonnen hatte, war der Schreck schon beinahe vergessen. Sicherlich
hätten es die Dominikaner nicht gewagt, einen Adeligen
anzuklagen!, dachte Falk und schämte sich im Nachhinein für
seine Hasenherzigkeit. Aber lieber feige und am Leben als mutig und
tot! Müde und erschöpft von dem anstrengenden Ritt,
zügelten sie schließlich ihre Tiere und beratschlagten, ob
sie im nächsten Dorf Rast machen sollten. »Auf alle Fälle
sollten wir ein Dach über dem Kopf haben, bevor die Nacht
hereinbricht«, versetzte Otto und zeigte auf eine kleine
Ansammlung schäbig wirkender Holzkaten. »Es wäre
sicher vernünftig, gleich hier nach einer Unterkunft zu fragen.«
Falk nickte, denn nicht nur taten ihm inzwischen Hintern und Beine
weh, auch sein Magen knurrte wie ein hungriger Wolf.
        Als
sie in den Flecken einritten, schloss sich ihnen beinahe
augenblicklich eine Schar barfüßiger Kinder an.
Abgemagerte Schafe zupften auf fleckigen Weiden das dürre Gras,
und ein starker Geruch von Knoblauch verriet, dass über einigen
Feuerstellen bereits das Nachtmahl köchelte. Neben einer halb
zerfallenen Kirche stand das einzige Steinhaus des Dorfes, auf das
Falk und Otto zielstrebig zusteuerten. Offensichtlich waren die
Steine schlampig übereinander gelegt und die Lücken nur
notdürftig mit Stroh und Moos verstopft, doch etwas Besseres
würden sie in dieser Gegend wohl kaum finden. »Das wird
das Haus des Dorfmeiers sein«, mutmaßte Otto und rutschte
aus dem Sattel, um an die Tür zu hämmern, die sogleich von
einer Alten geöffnet wurde. Sie musste hinter der Tür
gelauert haben. Ihre wässrigen Augen musterten die Besucher von
oben bis unten, dann erst öffnete sich der nahezu

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