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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Spione ausschicken, um in Erfahrung zu bringen, wie
viel an dem Gerede dran war, dass Bayezid sich einen mächtigen
Feind gemacht hatte. Einen Feind, den der unkluge Sultan offenbar so
sehr verärgert hatte, dass dieser zum Kampf gegen ihn rüstete.
Johannes unterdrückte den Drang, den Kopf zu schütteln, da
er sich nie sicher sein konnte, wie die Palastwache seine Reaktionen
interpretierte. Denn dass sein Onkel, der Kaiser, ihn bespitzeln
ließ, daran zweifelte er keine Sekunde lang. Seine Gedanken
kehrten zu den Berichten zurück, die ihm von mehreren Seiten
zugetragen worden waren. Timur Lenk, das war der Name des
Tatarenfürsten, mit dem der Sultan es aufnehmen wollte. Timur,
der Eiserne. Wenn man den Berichten Glauben schenken konnte, dann war
dieser Timur nicht nur ein furchterregender Feldherr, sondern auch
ein schlauer Fuchs, dem es immer wieder gelang, seine Feinde mit
Versprechungen in Sicherheit zu wiegen, die er dann – sobald
sie sich ergeben hatten – mit Wortklaubereien aushebelte.
Timur, der Schreckliche, schien besser zu passen, nach allem, was er
gehört hatte. Urplötzlich wehte ein Windhauch durch den
Raum, und er schlang die Arme um sich. Hoffentlich brach Bayezids
Hochmut ihm nicht das Genick! Die Belagerung Konstantinopels; der
Feldzug in Griechenland, wo der Sultan nicht nur nach der Familie des
Kaisers suchen ließ, sondern sich auch mit dessen Bruder um die
Vorherrschaft in der Morea schlug; und der Zwist mit Timur.
Allmählich bezweifelte Johannes, dass ihm seine Stellung als
Schwiegervater des Osmanen tatsächlich einen Vorteil verschaffen
konnte. Denn, wenn dieser besiegt wurde, was sollte Timur dann davon
abhalten, Konstantinopel einzunehmen und ein für alle Mal dem
Erdboden gleichzumachen? Und das war es, was der Tatarenfürst
tun würde, da er im Gegensatz zu dem osmanischen Sultan
keinerlei Veranlassung hatte, alte Versprechen einzulösen oder
frühere Abkommen einzuhalten.

Kapitel 26
     
    Bursa,
Frühsommer 1400
     
    Maria
Olivera Despina schürzte die Lippen. Ihre Augen verengten sich
nachdenklich, während ihre Finger mit der Belohnung spielten,
welche das Mädchen vor ihr mit nur schlecht verhohlener Gier
beäugte. Anders als die Tage zuvor, hing heute eine Wand aus
bleigrauen Wolken über der Stadt, die vermutlich bald ein
Gewitter bringen würde. Als spürten sie die Bedrohung,
waren die Singvögel in den Gärten bereits vor Stunden
verstummt, und auch Olivera fühlte sich merkwürdig
bedrückt. Wäre es die Zeit ihrer monatlichen Unreinheit
gewesen, hätte sie die innere Unruhe verstanden. Doch die
Rastlosigkeit, die von ihr Besitz ergriffen hatte, war eine andere.
Vermutlich hing sie mit der Erkrankung des Sultans zusammen, über
die strenges Stillschweigen gewahrt wurde. So streng, dass sie
manchmal fürchtete, er sei gar nicht mehr am Leben. Erneut
wollte sich die Sorge um sein Wohlergehen mit dem Zorn vermischen,
nicht zu ihm vorgelassen zu werden. Aber bevor die Erinnerung an die
Unverschämtheit der Janitscharen ihre Körpersäfte in
Aufruhr bringen konnten, zwang sie ihre Gedanken zurück zu der
jungen Frau in ihrem Gemach. Ohne viele Worte warf sie dieser das
rubinbesetzte Armband zu und verfolgte mit verzogenem Mund, wie ihre
Helferin dem Schatz hinterher kroch und ihn hastig in die Tasche
stopfte. »Sobald auch die anderen aus dem Harem verstoßen
sind, bekommst du den Rest«, sagte sie kühl, da sie wenig
Achtung für die Verräterin empfand. Sie wusste, dass sie
deren Hilfe benötigte, um die jungen Schützlinge der Valide in Misskredit zu bringen. Doch hieß das noch lange nicht,
dass sie das Mädchen als mehr schätzte als das, was es war.
Bei dem schlecht verhohlenen Stolz, der sich auf dem Gesicht der
jungen Frau ausbreitete, musste Olivera sich zwingen, nicht
auszuspucken. »Lass mich allein!«, befahl sie deshalb
knapp und wandte sich dem Fenster zu, um die Stirn gegen das kühle
Flechtwerk zu legen. Noch immer hallten die Schreie der geprügelten
Sklavin in ihren Gedanken nach; und manchmal wachte sie nachts auf,
da sie geträumt hatte, an Stelle des Mädchens aus dem
Palast vertrieben und an einen schmutzigen, ungehobelten Bauern
verschenkt worden zu sein. Die drückende Hitze ließ ihr
den Schweiß aus den Poren treten. Hatte das Zwischenspiel mit
Bayezid ihr nicht zu deutlich gezeigt, wie schnell und unverhofft man
in Ungnade fallen konnte? Der stets in ihr glimmende Hass flammte
erneut auf, als sie sich die Demütigung ins Gedächtnis
rief. Um sich

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