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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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»Die habe ich in der Tat«, bemerkte
der Italiener vergnügt. »Aber das Ganze ist nicht
ungefährlich.«
        Otto
verzog verächtlich den Mund. »Solange ich den Bengel
loswerde, ist mir alles egal!« Mit einem Augenzwinkern blickte
sich der Seemann um und beugte sich näher an den Ritter heran.
»Habt Ihr schon einmal etwas von Seeversicherungen gehört?«
Als Otto verneinte, erklärte er geduldig: »Viele Händler
können sich den teuren Frachtraum auf den staatlichen Galeeren
nicht leisten. Deshalb schließen sich einige von ihnen zusammen
und mieten Koggen, auf denen sie die weniger wertvollen Güter in
den Osten befördern.« Er hielt einen Moment lang inne, um
sicherzugehen, dass Otto ihm folgen konnte. »Salz, Wein,
Weizen, Leder, Felle oder Tuche, das sind die Waren, die in den
Orient gehen. Im Gegenzug transportieren die Schiffe auf dem Rückweg
Feigen, Öl, tatarische und russische Sklaven.« Er trank
einen Schluck, bevor er fortfuhr. »Der Haken ist, dass diese
privaten Schiffszüge nicht halb so gut bewacht sind wie die Muden des
Senates. Deshalb schließen die Kaufleute so gut wie immer
Seeversicherungen gegen Piratenüberfälle oder Schiffbruch
ab.« Ein Strahlen erhellte sein wettergegerbtes Gesicht. »Solch
eine Versicherung ist etwas Feines«, beschied er heiter. »Denn
die Hafenaufseher kontrollieren zwar die Ladung, aber kein Mensch
überprüft, ob die Ware verdorben ist oder nicht. Alles, was
diese Leute interessiert, ist dass die aufgelisteten Güter mit
den geladenen Gütern übereinstimmen.« Otto begann zu
ahnen, worauf der Mann hinaus wollte. »Man muss lediglich
sicherstellen, dass die Ladung niemals ihren Zielort erreicht.«
Als Otto begriff, worauf der Kapitän anspielte, griff die
Heiterkeit auf ihn über. »Meine Güte, Ihr seid ein
Fuchs!« Der Seemann lachte dröhnend. »Das haben auch
schon andere behauptet. Wenn Ihr und der Junge also an Bord einer
dieser Koggen geht, wird niemand Verdacht schöpfen, wenn der
Bursche nie wieder von der Reise zurückkehrt.« Er hob den
Zeigefinger, als Otto etwas erwidern wollte. »Allerdings sollte
ich ihn mir vorher ansehen. Wenn Ihr Glück habt, taugt er für
den Harem des
Sultans. Dann seid Ihr ein gemachter Mann.« Er hielt dem Ritter
die Hand hin, in die dieser beinahe übermütig einschlug.

Kapitel 30
     
    Bursa,
Frühsommer 1400
     
    »Ihr
benehmt Euch wie eine Glucke, Ali«, schnaubte Bayezid und
schlüpfte energisch in den Ärmel seines Kaftans – wie
um seinem Großwesir zu beweisen, dass die Krankheit besiegt
war. Umringt von Pagen, Beamten und anderen Speichelleckern, hatte er
am Morgen beschlossen, das Bett zu verlassen und sich um die
Regierungsangelegenheiten zu kümmern, die dringend seiner
Aufmerksamkeit bedurften. Sicherlich hatte der Diwan unter Aufsicht
Ali Pashas die wichtigsten Depeschen und Briefe beantwortet, doch das
Problem, über das seine Spione ihn unterrichtet hatten, erlaubte
keinen Aufschub. Schon seinem Vater war Theodor Palaiologos, der
Despot der Morea, ein Dorn im Auge gewesen. Doch seit dessen Bruder,
der byzantinische Kaiser Manuel, seine Familie zu ihm in die
Peloponnes geschafft hatte, war Bayezids Interesse an ihm gestiegen.
Die Hoffnung auf wertvolle Geiseln allein hätte ihn vermutlich
nicht dazu veranlasst, zu einem Kriegszug gegen den Despoten zu
rüsten – vor allem, da Timur Lenk offensichtlich ebenfalls
einen Schlag gegen Bayezid plante. Allerdings hatte der Herrscher der
Morea vor wenigen Wochen einen entscheidenden Fehler begangen und die
von Bayezids Truppen hart bedrängte Stadt Mystras dem
Malteserorden in Rhodos angeboten – was diese Angelegenheit
dringlicher machte als den Marsch Timurs des Lahmen! Sicherlich würde
Bayezids ältester Sohn Suleyman, der Statthalter von Sivas,
alleine mit dem Problem fertig werden und den hinkenden Tataren mit
aller Gewalt zurückschlagen. Wozu hatte Bayezid ihm schließlich
20 000 Reiter gegeben? Er stieß den Bewahrer des königlichen
Schwertes grob zur Seite und entriss ihm die Waffe, um sie selbst
anzulegen. Den Hüter der Gewänder funkelte er ebenfalls
zornig an, sodass der junge Mann sich mit einer tiefen Verbeugung in
den Hintergrund zurückzog. Manchmal gingen ihm all die
Bediensteten wirklich auf die Nerven! Hatten sie ihn nicht lange
genug bemuttert wie ein krankes Kind? »Lasst das Banner mit den
sechs Pferdeschweifen im äußersten Hof platzieren, Ali«,
befahl er seinem Großwesir, dessen kleine Augen ihn besorgt
musterten. »Sobald die

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