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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nie wegen eines Tages ausgesperrt.
    »Hast du die Miete?« Millie stand auf dem Treppenabsatz am Ende des Flurs und hatte die dürren Arme angespannt vor der Brust verschränkt. Die Frau hatte Ohren, auf die sogar eine Fledermaus eifersüchtig werden könnte.
    »Heute Abend kriegst du das Geld, ich schwöre es.«
    Sie warf die Hände in die Luft, schnaubte verächtlich und machte sich auf den Weg die Treppe hinunter. »Ich habe dein Zeug zusammengepackt. Komm und hol es, ehe ich es verkaufe.«
    »Millie, bitte, gib mir ein paar Stunden. Ich zahle, sobald die Boote hereingekommen sind.«
    »Ich habe drei Familien, die das Zimmer wollen.«
    »Bitte. Ich bin gut für mein Wort, das weißt du. Ich zahle morgen den doppelten Preis.«
    »Da sind Leute, die das jetzt schon tun würden.« Sie stieß mir meinen Kleiderkorb in die Arme und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. Weiße Mehlwolken stoben empor. »Geh und verkriech dich bei deiner Schwester in ihrem schicken Schlafgemach.«
    Millie wusste, dass die Gilde eine Bettenkontrolle durchführte. Sie rieb es mir nur unter die Nase, weil die Gilde ihren Sohn abgewiesen hatte. Nicht genug Talent, hatten sie gesagt. Sogar die Schmerzhändler hatten ihn abgewiesen, und Löser brauchten wirklich nicht viel Talent, um da zu arbeiten. Einige der neuen Flüche, die ich gelernt hatte, kamen mir in den Sinn, aber ich hielt mich zurück. Millie hatte die billigsten Zimmer. Sie konnte einen heute rausschmeißen und morgen wieder aufnehmen, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie war außerdem die einzige Mietshauswirtin in Geveg, die mir glaubte, wenn ich behauptete, ich wäre siebzehn und damit alt genug, mir ein Zimmer zu mieten.
    Ich schlurfte wieder hinaus auf die Straße, und meine Finger umfassten den kleinen Korb, in dem alles war, was ich besaß. Zwei Hemden, eine Hose, drei nicht zusammenpassende Socken. Ich reckte das Kinn vor. Tränen fielen mir auf die Hände. Mir blieb noch ein halber Tag, um Arbeit zu finden. Vielleicht konnte ich in der Nacht Netze entwirren. Möglicherweise ließ Barnikoff mich in seinem Schuppen schlafen, wenn ich ihn aufräumte. Und dann gab es immer noch...
    Mir stockte der Atem.
    Bei allen Heiligen, der Seidenmann war wieder da.

Drittes Kapitel
    J egliche Kraft schwand aus meinen Beinen, und ich plumpste in das Unkraut neben dem Weg zu Millies Mietshaus. Dort blieb ich einfach sitzen, den Korb im Schoß, das Kinn auf dem Korb. Die Tränen waren nicht versiegt, und sie tropften, tip-tip-tip, auf das Weidengeflecht.
    Der Seidenmann beobachtete mich immer noch. Beobachtete, wie ich dasaß und weinte. Meinen Korb öffnete und eine Socke hervorzog. Mir die Nase damit putzte. Sie zurücklegte. Beobachtete, wie ich ihn beobachtete. Er rührte sich nicht einmal. Ich bin nicht sicher, ob er auch nur geblinzelt hatte.
    Mir bibberten die Füße.
    »Nya ?«
    Ich schrie auf. Ebenso wie das Mädchen mit den Rattenschwänzchen, das ich nicht hatte herannahen sehen. Ein Schwarm heller Wasservögel erhob sich am Seeufer in die Lüfte, Dutzende winziger Flügel flatterten wie Wäsche in einem Windsturm.
    »Enzie!«, rief ich tadelnd. Sie hatte sich eine Weile bei der Gilde ein Zimmer mit Tali geteilt, bis im Mündeltrakt, dem Waisenhaus der Gilde, wo diese ihre potenziellen Heiler heranzog, ein Bett frei geworden war. Aber ich hatte sie nie ohne ihre Gildenuniform gesehen. Mit ihren braunen, von Bändern zusammengehaltenen Haaren, ihrem schlichten grauen Hemd und einer Hose, wie ich sie trug, sah sie eher nach einem kleinen Mädchen aus. Aber ihre Kleider waren neuer als meine und nicht bereits an Knien und Ellbogen geflickt. »Um der Liebe der heiligen Saea willen, schleich dich nicht so an Leute ran!«
    »Tut mir leid, Nya.« Enzie setzte sich neben mir in das Unkraut. »Tali wollte, dass ich dir eine Botschaft bringe.«
    Mein Frösteln kehrte zurück. »Geht es ihr gut?« Sollte sie meinetwegen in Schwierigkeiten geraten sein, würde ich mich gleich hier vor die Krokodile werfen.
    Enzie nickte. »Sie will sich mit dir um drei auf dem schönen Platz treffen. Unter dem Baum.«
    Der Blumengarten. Tali hatte ihn mit vier nur den »schönen Platz« genannt. Wir hatten dort Picknick gemacht und auf einer blauen Decke unter dem größten Feigenbaum gesessen, den ich je gesehen hatte.
    »Was ist los, Enzie ?« Tali war noch nie feige gewesen. Sie sprach entweder frei heraus, oder sie sprach gar nicht.
    »Ich weiß es nicht, ehrlich. Aber ich hab trotzdem

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