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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Tode nahe. Sie haben nicht so viel Zeit wie sie. Wir müssen jeden weit genug heilen, um ihn auf die Beine zu bringen. Dann ist der Nächste dran.«
    Wachleute warfen sich gegen die Tür, und ein Staubregen prasselte auf uns herab. Kione lachte nervös. »Das wird uns viel helfen, sie auf die Beine zu bringen. Dann sterben sie eben im Stehen.«
    »Besser, als in ihren Betten abgeschlachtet zu werden«, konterte Danello, als Kione zurück zu den Pritschen rannte, um Lanelle zu suchen.
    Ich schnappte mir eine Hand voll Pynvium. »Geht zurück.« Ich wusste nicht, ob der Schmerz auch durch die Tür dringen konnte, aber die Wachen mochten ihr nahe genug sein, um den einen oder anderen Stich zu erdulden. Ich warf das Pynvium, konzentrierte mich auf Pusteblumen im Wind.
    Wumm. Wumm. Wumm. Wumm.
    Erschrockene Aufschrei eauf der anderen Seite. Dann Schläge und angsterfüllte Flüche. Hoffnung flatterte in meiner Brust. Vielleicht konnten wir es doch schaffen.
    »Aylin«, rief ich, als die geleerten Pynviumklumpen zwischen den Bettgestellen zu Boden fielen.
    »Schon unterwegs«, sagte sie und huschte an mir vorbei. Sie sammelte die Klumpen ein und rannte wieder zu den Lehrlingen.
    Als Tali und Aylin die nächsten Klumpen zu mir brachten, entlud ich sie gleich an der Tür. Weitere Schreie auf der anderen Seite, aber es hörte sich an, als hätten sie gelernt, sich vorerst von der Tür fernzuhalten. Bald drangen neben dem Kläffen und dem einen oder anderen vorsichtigen Schlag an die Tür noch andere Laute an meine Ohren; die Stimmen von Lehrlingen, schmerzerfüllt, verängstigt und wütend.
    »Hilf mir, bitte, ich brauche mehr!«
    »Der Älteste Mancov hat mich gezwungen zu heilen. Ich wollte es nicht.«
    »Holt uns hier raus!«
    Das werde ich, ich verspreche es. Wir hatten inzwischen mehr Schmerz aufzubieten, also konnte ich uns vielleicht mit Pynvium-Entladungen an den Wachen vorbei und aus dem Gebäude hinausblitzen. Waren erst alle auf den Beinen, konnten wir unterwegs heilen und entladen.
    »Hier«, sagte Tali und reichte mir erneut eine Hand voll Pynvium. »Beeil dich. Wir brauchen mehr davon, als ich dachte. Ein paar von den Lehrlingen werden mit zwei oder drei Hand voll auf die Beine kommen, aber die meisten brauchen fünf oder sechs.«
    »Vielleicht sollten wir jedem einen geben und so den Schmerz gleichzeitig lindern.«
    »Noch nicht. Es gibt immer noch ein paar, die dafür zu schwere Schmerzen leiden.«
    »Gut, tu, was du für das Beste hältst.« Sie konnte durch eine bloße Berührung erkennen, wer am bedürftigsten war. Ich konzentrierte mich stattdessen darauf, das Pynvium zu leeren. Wieder warf ich die Klumpen an die Tür.
    »Lanelle ist nicht hier!«
    Statt mit einem dumpfen Wumm fiel das Pynvium rund um unsere Barrikade harmlos zu Boden. Danello sah sich verwundert zu mir um, ließ von den Pritschen ab und sammelte die Klumpen wieder ein.
    »Du kannst das«, sagte er lächelnd.
    Lanelle war nicht hier? Sie konnte nicht tot sein, sie hatte nicht so viel Schmerz aufgenommen.
    »Nya ?«
    Ich nahm das Pynvium und nickte. Noch ein Wurf, noch eine Hand voll Pynvium voller Schmerz. Doch statt des zarten Windes empfand ich nur Scham.
    Was, wenn der Erhabene meinetwegen ein Exempel an ihr statuiert hatte?
    Die Klumpen fielen zu Boden. Keine Explosion freigesetzten Schmerzes.
    Danello sammelte sie erneut ein, doch dieses Mal spiegelte sich mehr als bloße Verwunderung in seinen Zügen. »Nya, was ist mit dir?«
    »Nichts.« Bilder von Lanelle, wie sie über den Boden krauchte, erfüllten meinen Geist. Bleib weg von mir!, hatte sie geschrien. O ihr Heiligen, ich war so wütend gewesen. Aber der Erhabene wäre noch viel wütender gewesen. Vielleicht wütend genug, um sie umzubringen. Eine der Leichen, die gesehen wurden, als sie in die Leichenhalle gebracht wurden, könnte ihre gewesen sein.
    »Wir brauchen mehr Pynvium!«, brüllte Aylin.
    Ich streckte die Hand aus. »Gib mir einfach die Klumpen.«
    »Was ist denn los?«, fragte Danello misstrauisch. Wie eine Anklage fiel das Pynvium in meine offene Hand.
    Der Kampf wollte sich nicht aus meinem Bewusstsein verdrängen lassen. Der Zorn, der Hass, der über mich hereingebrochen war, als der Schmerz seine Opfer getroffen hatte. Ich konzentrierte mich auf Papa und die Pusteblumen und warf erneut.
    Wumm.
    »Bring die zu Tali.«
    Kione kam herüber, zuckte hin und her, als wäre er zerrissen zwischen dem Bedürfnis, hinauszugehen und Lanelle zu suchen, und dem hierzubleiben,

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