Die Heilerin - Roman
da drin sein.« Ich versuchte, nicht an Vinnot zu denken, aber vermutlich war er da und überprüfte die Symptome, als würde er einen Einkaufszettel schreiben.
Kione rückte näher heran. »Sollen wir sie hierher locken?«
Ich legte den Kopf schief und lauschte auf Wachen. Abgesehen von dem Gebrüll außerhalb des Gebäudes war alles still.
»Wir stürzen uns auf sie«, schlug Danello vor, »schalten sie aus, zerren sie hierher und fangen an zu schreien. Falls da drin noch andere sind, könnten wir sie so dazu bringen, rauszukommen, damit wir uns hier mit ihnen befassen können.«
Kione nickte. »Ich nehme den Linken.«
»Gut.«
Ich wollte gerade sagen, ich werde sie einfach vollblitzen, aber Danello stürmte los wie ein wütendes Krokodil. Kione rannte hinter ihm her, pumpte seine Arme auf und nahm die Schultern herab. Einen gesegneten Augenblick lang standen die Wachen wie erstarrt da, ehe sie zu ihren Schwertern griffen. Danello prallte geradewegs gegen den Rechten. Kione traf den Linken. Knochen krachten, Köpfe knallten zusammen, und beide Wachmänner donnerten gegen die Wand. Schwerter flogen durch die Luft und landeten auf dem Boden, klirrten dabei laut genug, dass sich das Geräusch durch den Korridor fortpflanzte.
Die Tür des Turmzimmers öffnete sich, und zwei Männer flitzten heraus. Den vielen Schlingen auf ihrer Schulter nach zu urteilen von hohem Rang. Sie hielten inne, um sich ein Bild von dem Kampfgeschehen zu machen, und rannten dann auf uns zu, die Hände vorgereckt, als wollten sie uns ergreifen. Aylin tat einen Schritt nach vorn und versetzte einem von ihnen einen Tritt in die Genitalien. Er klappte keuchend zusammen und krümmte sich am Boden, beide Hände schützend zwischen den Beinen. Damit blieb für uns nur noch der andere Mann.
»Auf ihn!«, rief ich Tali zu und stürmte vor. Sie hielt mit, und wir rammten ihn zu zweit auf Brusthöhe. Er keuchte, stolperte, fiel auf die Knie und packte meinen Arm, als auch wir stürzten, woraufhin ich unter ihm landete. Ich zappelte und trat um mich, und wieder verfingen sich meine Beine in dem blöden Rock.
»Hilfe!«
Tali prügelte mit den Fäusten auf seinen Rücken ein, aber er schien es gar nicht zu merken. Plötzlich war Danello da, packte die Schulter des Litzenträgers und schleuderte ihn an die Wand, doch schon kam ein dritter Wachmann aus dem Turmzimmer gelaufen.
»Hinter dir!«, schrie ich.
Danello drehte sich um und keuchte auf. Er stolperte, hielt sich die Körpermitte, und rote Flecken breiteten sich hinter seinen Fingern aus. Der dritte Wachmann kam näher. In der Hand hielt er sein Schwert, das mit Blut verschmiert war.
Danellos Blut.
Neunzehntes Kapitel
D anello!« Ich stürmte zu ihm, als er zusammenbrach, fing ihn auf, ehe sein Kopf auf den harten Boden prallen konnte. Dann schob ich sein Hemd hoch und suchte nach der Wunde. Der Wachmann holte mit dem Schwert aus, zu weit von mir entfernt, als dass ich ihn zu fassen bekommen hätte, aber nah genug, um uns beide zu erstechen. Kione sprang ihn seitwärts an, packte ihn und stieß ihn direkt neben mir zu Boden.
Eine Hand fest auf Danellos Körpermitte gelegt, tastete ich mit der anderen nach der Haut des Wachmanns. Ich zog, und Danellos Schmerz ergoss sich in mich, brannte in meinem Leib, als wäre ich zehnmal um Geveg gerannt. Ich drückte ihn in den Wachmann, der ihn verwundet hatte, und ich genoss seinen Aufschrei, auch wenn er mich peinigte. Zum ersten Mal war ich froh, dass keine Heiler mehr da waren, die ihm hätten helfen können. Der Wachmann sackte auf den Boden und rührte sich nicht mehr.
»Danello?« Ich barg seinen Kopf in meinem Schoß.
»Ny... oh...«
»Ganz ruhig, versuch, nicht zu sprechen.« Ich streichelte sein Haar. »Es tut mir so leid. Beinahe hätte es dich das Leben gekostet.«
Er tätschelte meinen Arm, als wollte er sagen, es wäre nicht meine Schuld.
»Es ist meine Schuld.«
»Nya.«
»Doch!«
»Wir müssen diese Kerle da reinschaffen, ehe uns jemand sieht«, sagte Kione und zerrte an meiner Schulter.
Danello setzte sich auf, blass, aber nicht mehr auf der Schwelle des Todes.
»Kannst du gehen?«, fragte ich, als ich ihm auf die Beine half.
»Es geht mir gut.« Schwankend richtete er sich auf und stützte sich auf mich. »Danke!«
»Keine Ursache.« Ich sah ihn nicht an. Wir hatten diesen Kampf nur knapp gewonnen, und ich wollte mir gar nicht vorstellen, dass wir es womöglich mit noch mehr Wachen würden aufnehmen müssen.
»Ihr da!
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