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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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unten zu Boden. Dann wieder Knarren. Mein Blick flog an der Dachkante entlang und traf plötzlich auf fremde Augen, keinen Fuß weit von meinem Gesicht entfernt.
    »He ...«
    Danello beugte sich über mich und zog dem Wachmann das Heft seines Rapiers über den Schädel. Aufstöhnend zuckte er zurück und fiel, dem überraschten Aufschrei nach zu urteilen, direkt auf seinen Kameraden.
    »Rauf! Rauf!« Ich stemmte mich gegen Danellos Brustkorb, als er sich gerade von mir herunterrollte. Er ergriff meine Hand und zerrte mich neben sich auf die Beine.
    Der Ausruf einer unbekannten Stimme, und Kiones Kopf tauchte an der Dachkante auf.
    »Hilf ihm!«
    »Nicht jetzt. Ich muss erst diese Burschen verstecken, ehe jemand sie findet.« Er sprang wieder hinunter. Nach ein paar quälend langen Minuten tauchte er wieder auf.
    »Ich habe sie gefesselt und unter einem Gebüsch auf der anderen Seite abgelegt. Lasst mich noch die Bank wegbringen. Dann könnt ihr mir raufhelfen.«
    Ich nickte. Mein Herz raste. Eine bewusstlose und gefesselte Vierlitzerin zu verstecken hatte mir nicht viel geholfen, aber vielleicht war Kione besser als ich. Immerhin musste er als Wachmann ein wenig über derartige Dinge gelernt haben.
    Kione sprang, und Danello und ich packten je eine seiner Hände und zogen ihn hoch.
    Aylin stemmte sich auf die Beine. »Wohin?«, fragte sie und tat einen vorsichtigen Schritt auf der Dachfläche.
    »Da rüber.« Ich ergriff Talis Hand und hastete über die Schindeln hinauf, so schnell es mir nur möglich war, ohne auszurutschen. Die Dachschräge wurde flacher, und wir erreichten eine eingesunkene Ecke zwischen einer Wand auf einer Seite und einem Fenster auf der anderen. Der Raum hinter dem Fenster sah aus wie ein Studierzimmer, vermutlich ein Teil eines der weiter oben gelegenen Schulungstrakte.
    »Denkst du, du könntest mit dem Rapier ...«
    Danello schlug mit dem Heft an die Scheibe. Glas brach, und die Splitter klimperten auf den Schindeln wie winzige Glöckchen.
    Er grinste verlegen. »Eigentlich wollte ich nicht so viel Lärm machen.«
    »Bereitet euch darauf vor, dass noch mehr Wachen auftauchen.« Ich schob die Hand durch die scharfkantige Öffnung im Glas und entriegelte das Fenster. Knarrend öffnete es sich, und der Rahmen schrammte über die Scherben.
    Danello hielt mich an der Schulter fest, als ich hineinklettern wollte. »Ich zuerst.« Er sprang hinein, das Rapier kampfbereit in der Hand. Kione folgte ihm mit düsterer Miene. Einige angespannte Herzschläge später lehnte er sich zu uns heraus und sagte: »Alles ruhig.«
    Ich nahm seine ausgestreckte Hand und schlüpfte hinein. »Tali, wo sind wir?«
    »Im oberen Lehrtrakt in der Nähe des Hauptkrankensaals.«
    »Können wir den Spitzturm von hier aus erreichen?«
    »Am Ende des Flurs müsste es eine Treppe geben.«
    Danello übernahm die Führung. »Bleibt hinter mir.«
    Ich folgte ihm den Gang hinunter. Kione bildete den Abschluss.
    Alle Türen auf diesem Flur standen offen, und die leeren Räume und unbenutzten Betten machten mich schaudern. Dort sollten Leute liegen, und Heiler und Lehrlinge sollten eilfertig ihre Visite machen.
    Tali zeigte voraus. »Dort entlang.«
    Der Flur endete an einem innen gelegenen Atrium über dem Haupteingang. An der Außenwand führte über dem Hauptvorraum ein Galeriegang entlang, an dessen Ende auf der gegenüber liegenden Seite eine Treppe zu erkennen war. Zwischen uns und dem unter uns gelegenen Innenhof war nur ein zierliches Geländer. Als wir jünger gewesen waren, hatten Tali und ich, wenn wir auf Großmama gewartet hatten, gern hier gesessen, die Beine baumeln lassen, die Gesichter an das Geländer gedrückt und zugesehen, wie die Leute das Gebäude betraten oder verließen.
    So dicht wie nur möglich an die Wand gedrängt, folgten wir Tali. Sie umrundete den Raum und hielt auf die Treppe auf der anderen Seite zu. Ich war ziemlich sicher, dass die privaten Behandlungszimmer, in denen ich die Vierlitzerin zurückgelassen hatte, jenseits der Treppe lagen, also musste sie zum Turm hinaufführen. Wir waren beinahe dort.
    Wir schlichen die Stufen hinauf, huschten um die Mauerecke herum und schlichen auf Zehenspitzen um die letzten paar Ecken zu dem Turmzimmer. Ich lugte um einen dicken Pfeiler herum, der sich aus der Mauer hervorwölbte. Zwei Wachen flankierten die Tür. Eine mehr als üblich, aber nicht so viele, wie ich befürchtet hatte.
    »Denkt ihr, drinnen sind noch mehr?«, flüsterte Danello.
    »Jemand muss

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