Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
konnte es nicht zerstört haben. So unfair konnten die Heiligen einfach nicht sein. Wem nutzte ein schleusendes Monster, das die einzige Sache vernichtete, die denen helfen konnte, die es verletzt hatte?
    Ich winkte Aylin zu. »Bring mir den Rest. Vielleicht habe ich zu viel auf einmal zu tun versucht.«
    Sie sammelte die Klumpen vom Boden auf und reichte sie mir. Ich nahm sie und warf einen davon an die Tür. Er entlud sich, wie wir es gewohnt waren. Eines der Lehrmädchen klatschte sogar, aber die anderen brachten es schnell zum Schweigen.
    »Seht ihr? Es hat funktioniert! Ich weiß nicht, was vorher passiert ist.«
    Ich warf einen zweiten Klumpen. Er entlud sich und zerfiel zu Sand. Keuchen und Stöhnen überall im Raum.
    »Ich ... es ...« Ich starrte mit offenem Mund die Tür an. Das Pynvium war weg, aber die weißen Flecken zogen sich nun einen Fuß hoch quer über die Mitte des Türblatts.
    Ich warf den Rest, einen Klumpen nach dem anderen. Bis auf zwei zerfielen alle.
    »Vielleicht kann Pynvium nur eine bestimmte Menge Schmerz aufnehmen«, sagte Danello. »Genau wie Menschen.«
    Bumm!
    Wir alle schrien auf, als die Tür in den Raum platzte wie eine Seifenblase. Exakt in dem von den Flecken überzogenen Bereich. O ihr Heiligen! Schmerzentladungen verletzten Menschen; verletzten sie auch Dinge?
    »Sie brechen durch«, sagte Danello und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Pritschen. »Wir brauchen Waffen. Kione, hilf uns!«
    Ich rannte los, um mehr Pritschen zu holen, zerrte sie herüber, um unsere Barrikade zu verstärken. Ich musste die Wachen fernhalten. Ich musste Tali und die Lehrlinge beschützen. Bitte, lasst mich nicht all diesen Leute umsonst wehgetan haben!
    Aylin stürzte zu den Schränken und fing an, nach etwas zu suchen, was sich als Waffe verwenden ließ, warf Lumpen und Laken über ihre Schulter, während sie die Fächer durchwühlte. Die Lehrlinge öffneten Schubladen an der rückwärtigen Wand.
    Bumm!
    Wachen rüttelten an der geborstenen Tür, und eine schmale Schwertklinge bohrte sich zu uns herein, gefolgt von einem Arm, der durch die Tür kroch und herumtastete, als suche er nach einem Riegel. Danello schlug mit der Faust auf die Hand, und sie zuckte zurück.
    Überall im Raum erklang ein furchtsames Wimmern. Die geheilten Lehrlinge wichen zurück und kauerten sich zusammen. Ich hatte so sehr versucht, sie zu retten, aber ich hatte alles nur schlimmer gemacht. Der Erhabene würde uns alle umbringen. In seinen Augen waren wir nichts. Nichts als Pynvium.
    »Aylin«, rief Danello an der Tür. »Hast du irgendwelche Waffen gefunden?«
    »Nein!«
    »Aber ich«, flüsterte ich und drehte mich um. Vielleicht war ich keine Heilerin, vielleicht würde ich nie eine sein, aber im Augenblick brauchten wir keine Heilerin, wir brauchten Waffen - und das konnte ich sein. Ich hatte einen ganzen Krankensaal voller Schmerzen zu schleusen. »Ich brauche einen Lehrling!«
    Kione keuchte entsetzt auf. »Willst du die etwa an der Barrikade einsetzen?«
    »Nein, du Hühnerkopf, ich werde sie heilen und gleichzeitig die Wachen fernhalten.« Kione stand nur da, aber Danello raste zur nächsten Pritsche und hob eine Einlitzerin heraus, die gerade ein paar Jahre älter war als ich. Schmerzgepeinigt, aber bei Bewusstsein, biss sie die Zähne zusammen und streckte mir ihre Hand entgegen.
    Als ein weiterer Arm durch die Tür hereinkam, ergriff ich die Hand der Einlitzerin. Zwischen Handschuh und Ärmel des Mannes war ein dünner Streifen Haut zu sehen. Aylin ergriff die Hand und hielt sie für mich fest. Ich umfasste die freie Stelle und drückte.
    Der Mann schrie auf, und die Neigung des Arms veränderte sich, als wäre er zusammengebrochen.
    »Bring mir mehr«, zischte ich, während die Nadelstiche an meinem Bein verebbten. Gebrochene Knochen, kein Zweifel.
    In Danellos Armen liegend bot mir ein anderer Lehrling seine zitternde Hand dar, und ich ergriff sie und transferierte ihren Schmerz, ehe die Wachleute den nächsten Mann fortzerren konnten.
    BUMM!
    Das Loch wurde größer. Mehrere Pritschenrahmen lösten sich und fielen zu Boden. Holz glitt kreischend über Stein, und die Barrikade kam einen Fuß näher. Ein Wachmann schlängelte sich durch das kantige Loch, drängte mit den Füßen nach Halt suchend voran. Andere waren direkt hinter ihm und schoben ihn weiter.
    Ich drehte mich um. »Ich brauche mehr ...« Mir fehlten die Worte. Hinter mir hatten die Lehrlinge eine Kette gebildet, fassten sich von Pritsche zu

Weitere Kostenlose Bücher