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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Taleke fand sich bestätigt, dass diese Untersuchung gut vorbereitet worden war.
    »Was weißt du über die Dirne namens Hedwig? Keine Ausflüchte!«
    »Ich kenne sie doch gar nicht«, jammerte Ermgard. »Diese Frau Taleke neben Euch hat mich schon danach gefragt.«
    »Aber die Dirne Godele kennst du!«
    »Eine Godele hat es hier nie gegeben«, haspelte Ermgard heraus, in solcher Geschwindigkeit, dass man hätte meinen können, sie sei auf die Frage gefasst gewesen und habe die Antwort auswendig gelernt.
    Von Altkerke verzog die Lippen ein wenig und wandte sich mit fragendem Blick an Taleke.
    »Godele hat mich geholt. Da sie sich aus gutem Grund weigerte, Pater Pepersalz für die letzte Ölung zu rufen, haben wir gemeinsam für Hedwig ein Gebet gesprochen. Ich habe ihr ein hölzernes Kreuz in die gefalteten Hände gesteckt.«
    »Und das brachtet Ihr bereits mit, weil Ihr wusstet, dass Euer Besuch einer Sterbenden galt?« Der Arzt schaute ungläubig.
    »Nein, nein! Godele hatte das Kreuz unter ihrem Bettzeug verwahrt. Sie wollte es nach Hedwigs Tod zurückhaben, es war für sie ein sehr wertvolles Besitztum, schien mir.«
    »Es gab keine Godele!«, kreischte Ermgard.
    »Doch«, widersprach Taleke ruhig und zeigte auf das Lager, das offensichtlich der jeweils jüngeren Hure gehörte. »Das schmale Bett dort war ihres, Maître. Die graue Decke mit der blauen Kante lag schon damals darauf.«
    Ermgard erbleichte und machte einen Schritt zum Wandbett hin. Von Altkerke erwischte sie am Ärmel und hielt sie zurück. »Seht nach«, befahl er seinen Begleitern.
    »Am Kopfende«, warf Taleke ein. »Der rechte Arm des Kreuzes war gesplittert. Aber Godele hat es bestimmt mitgenommen.«
    »Sie hat es nicht mitgenommen. Und die Beschreibung stimmt«, ließ sich der Stadtsoldat vernehmen, der das Kreuz in diesem Augenblick fand.
    »Was sagst du dazu, Ermgard?« Von Altkerkes Stimme war jetzt streng. Das Geplänkel war beendet.
    »Ich habe dort nie nachgesehen«, stammelte Ermgard.
    »Das glaube ich dir. Und du beharrst darauf, dass du Godele nicht gekannt hast? Ich bin der Folter nicht sehr zugetan, aber es könnte sein, dass der Richter sie anordnet …«
    Ermgard ließ von Altkerke gar nicht ausreden, sondern warf sich auf ihr breites Lager und schluchzte herzzerreißend. Sie legte es auf das Mitleid des Arztes an, das war Taleke klar. Unter den Augen dreier Zeugen konnte sie ihm weder Geld noch ihren Körper anbieten, was sie sonst womöglich versucht hätte.
    »Also!«
    »Als ich hier eingezogen bin, hat Godele hier noch gehaust«, heulte Ermgard. »Ich weiß aber nicht, ob sie sich hier nur eingenistet hatte, weil die Gelegenheit günstig war. Denn nach einigen Wochen verschwand sie plötzlich, und ich habe sie nie wieder gesehen.«
    »Und Hedwig?«
    Das Geheul wurde noch lauter. Schließlich fasste sich Ermgard wieder. »Von ihr weiß ich wirklich nichts. Deshalb habe ich gedacht, dass diese Taleke lügt.«
    »Na ja.« Von Altkerke war skeptisch.
    »Godele sagte, dass Hedwig hinter der Hütte verscharrt werden würde und dass sie nicht die Erste sei«, berichtete Taleke.
    »Von Rechts wegen hättet Ihr sie und die Engelmacherin zur Anzeige bringen müssen.«
    Taleke schnaubte. Am Tag meines Einzugs als neue Heilerin?, hätte sie ihm am liebsten an den Kopf geworfen. Sie fand eine andere Erklärung. »Woher sollte ich wissen, dass tatsächlich die Tiburga das Blutbad angerichtet hatte? Und Godele war eindeutig verärgert, dass sie diese ganzen Schwierigkeiten am Hals hatte. Womöglich war die Mär vom Verscharren nur ein Ausdruck ihrer Wut.«
    Der Arzt schmunzelte versteckt. »Ich erläuterte nur, was das Recht besagt.«
    »Oh.« Taleke verstand. Die Stadtsoldaten. Er musste sie darauf hinweisen.
    Er wandte sich auch sofort an die beiden. »Ihr bleibt hier und haltet draußen Wache. Ich werde den Richter bitten, Männer mit Schaufeln zu schicken, die den Garten umgraben sollen. Kommt«, sagte er zu Taleke.
    Sie folgte ihm, unsicher, was er mit ihr vorhatte.
    »Ich entlasse Euch nach Hause, auch wenn diese Sache noch nicht beendet ist. Ist Euch klar, dass Godele möglicherweise tot ist?«
    Taleke schüttelte stumm den Kopf. Sie benötigte dringend eine Pause, um über alles nachzudenken.
    »Ein Besitztum, wie es das Kreuz darstellt, lässt man nicht zurück, nicht einmal, wenn man auf der Flucht ist. Vor allem dann nicht. Ihr sagtet selbst, dass es für Godele wertvoll war.«
    »Das stimmt. Auch am Hals trug sie ein kleines

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