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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Hoffnungen zerstört worden, an der Seite eines Mannes zu leben, der sie liebte und achtete. »Es ist wahr«, gab sie zu.
    »Na, also. Dann lassen wir doch alles, wie es ist.« Nicolaus setzte sich hin. »Was gibt es zu essen?«
    »Griesbrei mit Honig.«
    »Wenn’s sein muss.« Nicolaus gab sich unverändert fröhlich, während Taleke immer noch mit ihm haderte.
     
    »Übrigens«, hob Nicolaus nach der Mahlzeit an, »rate ich dir, darüber zu schweigen. Josse wird nichts sagen, er hat selber Dreck am Stecken und ist dankbar, wenn er unbehelligt bleibt. Aber in dem Augenblick, in dem du die Katze aus dem Sack lässt, hast du deinen Gönner verloren. Mich nämlich. Ist dir das bewusst?«
    Nur zu sehr. »Ja. Übrigens lässt Josse dich wegen deiner illegalen Tätigkeit warnen.«
    Nicolaus nickte knapp.
    Als Taleke die Schüsseln abgetrocknet und fortgeräumt hatte, klopfte unten jemand kräftig gegen die Haustür, danach stürmten leichte Füße die Treppe hoch, wo Taleke beunruhigt wartete.
    Ote. »Du sollst sofort zu meiner Großmutter kommen!«, schrie er. »Sie braucht Hilfe, es eilt.«
    »Ja, ja.« Taleke machte kehrt, um sich für den Ausgang anzukleiden. Vorher fiel ihr noch ein, Ote einen Teller von dem übrig gebliebenen Grießbrei vollzuschöpfen.
    Erst wollte er nicht annehmen, dann ergriff er den hingereichten Löffel, schlang alles hinunter und leckte schließlich die Schüssel sauber, während sich Taleke die Schuhe schnürte und gegen die nächtliche Kühle ihr Schultertuch umlegte.
    »Was ist das denn? Wer ist er? Und was will er?« Nicolaus stand, die Hände in die Hüften gestemmt, in der Mitte des Zimmers und erwartete mit herrischer Miene Auskunft, nachdem er sich die Mühe gemacht hatte, auf Französisch zu fragen.
    Noch bevor Taleke eine beschwichtigende Formulierung finden konnte, antwortete der Junge. »Ote. Meine Großmutter ist die Hebamme.«
    »Ach. Und Taleke soll ihr helfen? Einer Hebamme?«
    Ote nickte.
    »Und du erlaubst dir, mir Vorschriften zu machen, wen ich behandeln darf und wen nicht?«, höhnte Nicolaus und lachte.
    Taleke presste die Kiefer zusammen. Das hätte nicht passieren dürfen, er sollte doch nichts davon erfahren. Allerdings war es ein himmelweiter Unterschied zwischen seinen aus Unkenntnis und Fahrlässigkeit verschuldeten Todesfällen und ihrer Hilfestellung bei einer Hebamme. Aber je mehr sie ihre Tätigkeit ausweitete, desto mehr hatte er sie in der Hand.
    Im nächsten Moment erschrak sie über den Gedanken. Sie waren doch keine Feinde! Allerdings hatte dieser eine Tag sie fast dazu gemacht.
     
    Ote brachte Taleke unmittelbar zu dem Ort, an dem ihre Hilfe gewünscht wurde und wo sich Cateline bereits befand. Ote mochte nicht recht bei Verstand sein, aber in den verwirrenden Gassen des alten Viertels an der Seine fand er sich wunderbar zurecht. Binnen kurzem lieferte er Taleke in einer Hütte aus Holz und Torf am Flussufer ab. Vier kleine Kinder spielten auf dem Fußboden mit Steinen und Hölzern, ein älteres Mädchen mit verheultem Gesicht versuchte, Wasser zum Kochen zu bringen.
    »Ganz ruhig, Iseulte«, tröstete Cateline sie. »Bald ist dein neues Geschwisterchen da. Sieh mal, jetzt ist die Heilerin Taleke angekommen und mein Enkel Ote noch dazu. Und du bist hier. Glaubst du nicht, dass wir alle zusammen die bösen Mächte besiegen werden?«
    »Meint Ihr?«, schniefte Iseulte, bereits etwas getröstet. Sie lief hinaus, um noch mehr Wasser aus dem nächsten öffentlichen Brunnen herbeizuschaffen.
    »Es gefällt mir nicht«, flüsterte Cateline Taleke besorgt zu, »dass die Eihaut geplatzt ist, schon einige Zeit, bevor ich kam. Es gab Wehen, aber die haben aufgehört. Und das Kind liegt immer noch verkehrt herum.«
    »Und was wirst du tun?«, flüsterte Taleke zurück.
    »Ich muss das Kind drehen. Aber der Ausgang ist so pfurztrocken, dass nicht einmal Öl helfen wird, es auszustoßen.«
    Taleke biss sich auf die Lippen und musterte die junge Frau, deren Gesicht totenblass war. Sie war blond, als stammte sie aus Schönrade. Einige Schweißtropfen rannen an ihren Schläfen hinab.
    »Maman hatte in den letzten Wochen oft Angst«, jammerte Iseulte, als sie mit dem mit Brunnenwasser gefüllten Kübel zurückkam. »Der Pater hat gesagt, dass sie in Gottes Hand ist. Aber reicht das aus? Und ich hätte Angst, mit den Geschwistern allein in Gottes Hand zu sein. Vielleicht passen wir nicht alle hinein!«
    »Nun, nun«, brummte Cateline beschwichtigend. »Du bist ja sehr

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