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Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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medizinischen Scharlatanerien am Elend der Kranken zu bereichern.«
    »Und jedes Mal, wenn wir darüber gesprochen haben, habe ich gesagt, dass es vertretbar ist, wenn ein Arzt durch den kontrollierten Verkauf einer Arznei die Mittel aufbringen kann, um seinen Patienten zu helfen. Ich spreche nicht von Ausbeutung, ich spreche von rechtmäßigem Verkauf, denn mein Trank ist alles andere als nutzlos.«
    »Woher willst du das wissen?«
    Sie holte tief Atem. »Während des letzten Monats habe ich freitags Versuche durchgeführt. Mein Trank hat sich als äußerst wirksam erwiesen.«
    »Du hast die Arzneien verändert, die ich meinen Patienten verordnet habe?«, bellte er barsch. Sein Schnabel verstärkte den Zorn in seiner Stimme noch.
    Sie hob das Kinn und war froh, selbst wütend zu werden. »Ja. Mit großem Erfolg.« Sie hob die Hände. Da waren sie, stritten wieder wie in alten Zeiten. »Wenn du mich machen lässt, kannst du hier weitermachen wie bisher. Für immer. Willst du all das wirklich nur um dieses Machtspiels willen aufgeben, das du mit mir treibst?«
    Der Vogelmann atmete schwer. Seine Augen schienen hinter den Rauchglasprismen an ihr herauf und hinunter zu wandern. Sie folgte seinem Blick. In dem Jahr, das sie nun hier war, war sie wieder dazu übergegangen, sich im osmanischen Stil zu kleiden und sich nach und nach in eine lose Hose, ein langes Hemd mit einem langen zinnoberroten Übergewand zu hüllen. Diese Farbe war für ihre Arbeit im Tezon die praktischste.
    »Na schön«, sagte er endlich, wobei er wieder wie der Annibale klang, den sie kannte, »aber so kannst du nicht gehen.«
    Annibale sprang bei Treporti an Land, dabei zählte er schon die letzten Münzen in seinen Taschen. Als er durch die überfüllten Gassen des Marktes rauschte, machten die Leute dem Arzt ehrerbietig Platz. Er musterte die Bürger der Stadt in gewohnt professioneller Manier. Die Pest schien noch nicht bis zu ihnen gelangt zu sein, und an den Türen der kleinen weißen, in gleißendes Sonnenlicht getauchten Häuser prangten keine Kreuze. Er hatte diese Aufgabe zwar keinem anderen anvertrauen wollen, dennoch streifte er eine Weile unschlüssig zwischen den Ständen umher, da er nicht ganz sicher war, wonach er eigentlich suchte.
    Mamma Trianni hatte ihm aufgetragen, Samit oder Seide in jeder Farbe, die ihm gefiel, zu besorgen, und sie würde den Rest übernehmen. Er kannte den Unterschied zwischen den beiden Materialien nicht, hatte das aber nicht zugegeben. Er steuerte auf einen leuchtend bunten Stand zu, an dem Stoffbahnen wie Wimpel im Wind flatterten. Ohne groß nachzudenken, griff er nach einem Ballen in demselben Grünton wie seine Augen, der Farbe von Flaschenglas, die einen wässrigen Schimmer aufwies, als er sie ins Licht hielt.
    Der Händler tauchte neben ihm auf. »Eine gute Wahl, Dottore, dieses Smaragdgrün. Indigo aus Indien für das Blau, feine englische Färber-Resede für das Gelb, beides zusammengemischt und mit guter venezianischer Pisse fixiert, um das Grün zu erzeugen.«
    Annibale trat einen Schritt zurück, den Ballen noch immer an sich gepresst. »Kann man aus diesem Stoff ein Kleid schneidern?«, bellte er.
    »Ja, Dottore.«
    »Wie viel würde ich … würde meine Schneiderin brauchen?«
    »Das kommt darauf an.« Der Mann kratzte sich am Kinn und zupfte das um seinen Hals hängende Maßband zurecht. »Ist die Dame üppig gebaut?«
    »Was? Nein, nein, sie ist schlank wie ein Windhund. Ungefähr so …« Annibale deutete Feyras Taillenweite mit den Händen an.
    »Und wollt Ihr auch Stoff für ein Mieder? Und Unterröcke? Und wie wäre es mit ein paar Glasperlen zum Besticken?«
    Der Tuchhändler hätte genauso gut eine andere Sprache sprechen können. Annibale willigte verwirrt in alles ein, was der Mann vorschlug, und verließ den Stand mit einem sehr großen Paket und sehr wenig Geld.
    Auf dem Rückweg zum Boot kam ihm plötzlich eine Idee. Feyra brauchte eine Maske – nicht, um ihre Anonymität zu wahren, sondern aus gesundheitlichen Gründen. Er schwenkte zum Stand des Maskenschnitzers ab und erstand rasch einen perlweißen Pferdekopf. Auf dem Rückweg zu der Insel fiel ihm endlich ein, warum er ausgerechnet einen Pferdekopf gewählt hatte. Er erinnerte sich schwach an eine Frage, die sie ihm einmal gestellt hatte.
    Er gab das Paket beim Haus der Schneiderin ab und hielt das unangenehme Gespräch so kurz wie möglich. »Tu dein Bestes, denn sie muss wie eine Edelfrau aussehen.«
    Mamma Trianni lachte

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