Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)
und war nicht sicher, was sie tun sollte. Also berührte sie seine Hand kurz mit den Fingern und deutete dann auf ihre Brust. »Mein Name ist Feyra Adalet bint Timurhan Murad.«
Zabato ließ ihre Hand sinken und schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Wenn du dich hier verstecken willst, ist es wichtig, dass niemand deine Herkunft kennt. Die Türken waren hier nie sonderlich beliebt, und seit Lepanto lodert der Hass noch stärker.«
Und das wird noch schlimmer werden, wenn herauskommt, was mein Vater getan hat, dachte Feyra.
»Wir sollten dir einen venezianischen Namen geben«, meinte Zabato.
»Cecilia?«
Zabato neigte den Kopf. »Natürlich. Und als Nachnamen kannst du meinen annehmen, Zabatini, denn ich werde dich den Angehörigen des Haushalts gegenüber als meine Nichte ausgeben.«
»Ich kann hier bleiben?«
Er hob die knochigen Schultern. »Wo willst du sonst hin?«
»Ich will den Dogen sehen. Er muss mir helfen, nach Hause zurückzukehren.«
»Nach Constantinopoli ? Nein, nein und nochmals nein!«
Eine eisige Faust schloss sich um Feyras Herz. »Warum nicht?«
»Auf Anordnung des Consiglio Marittima kommt kein Schiff nach Venedig hinein oder verlässt die Stadt, solange die Pest unser Gast ist. Du musst warten, bis sie abgeebbt ist.«
Feyra schluckte. Wie lange würde sie an diesem Ort gefangen sein? »Aber der Doge? Ich kann den Dogen sehen?«
Zabato erwiderte sanft: »Ich kenne den Dogen nicht, obwohl Sebastiano Venier der Bruder meines früheren Herrn ist. Ich habe für Nicolò Venier gearbeitet, aber er hat mir vor dreißig Jahren die Tür gewiesen. Mein Glück hat mich zusammen mit meiner großen Liebe verlassen, und seither habe ich einen Posten nach dem anderen innegehabt.« Er sah, wie sich Feyras Gesicht verdüsterte, beugte sich vor, legte die tintenfleckigen Hände gegeneinander und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Heute haben wir unser Hausmädchen verloren. Deshalb habe ich dir die Tür geöffnet.«
»Die Pest?« Feyra hielt den Atem an. Wenn die Pest schon im Haus weilte, waren dieser freundliche Mann und sein gesamter Haushalt vermutlich bereits zum Tode verurteilt.
»Nein. Sie ist zu ihrer Familie auf das Festland geflohen.« Er stand wieder auf und deutete auf ein Bündel cremefarbener Kleider, die über die Lehne eines Stuhls geworfen worden waren. »Das sind ihre Kleider. Ruh dich jetzt aus und zieh sie morgen früh an.« Er warf sie auf das Bett.
Feyra betastete den fremdartigen Stoff und blickte dann auf. »Kann ich einen Schleier tragen?«
Zabato Zabatini schüttelte den Kopf. »Nein. Ein Schleier würde dich sofort verraten.« Er sah den Ausdruck in ihren Augen und versuchte einmal mehr, sie zum Leuchten zu bringen. »Du bekommst auch denselben Lohn wie unser Hausmädchen. Eine Zechine pro Woche, dazu Kost und Logis. Und im Lauf der Zeit werden wir schon einen Weg finden, dich zum Dogen oder nach Hause zu bringen.«
Sie wollte ihm danken, besaß aber nichts, was sie ihm hätte schenken können, also gab sie ihm das Einzige, was sie hatte. »Eure Hände«, sagte sie. »Reibt sie damit ein.« Sie reichte ihm einen kleinen Tiegel mit Salbe aus ihrem Gürtel. Er betrachtete ihn skeptisch durch seine Augengläser. »Kampfer und Tragant. Jeden Abend. Und trinkt am Morgen den Saft einer Zitrone.«
Er sah erst ihre Hände an, dann wieder seine, anschließend lächelte er sein schwaches Lächeln. »Schlaf jetzt. Ich wecke dich bei Tagesanbruch und erkläre dir deine Pflichten.«
Gerade als er sich zum Gehen wandte, fand sie die Worte für die Frage, die sie ihm stellen wollte. »Warum tut Ihr das?«
Er drehte sich auf der Schwelle um, und sein Lächeln erstarb. »Cecilia hat nur mit mir gespielt, ihre Macht erprobt. Für mich war es mehr. Ich habe sie geliebt.«
Am nächsten Morgen war Feyra schon wach und angekleidet, als an ihre Tür geklopft wurde.
Zabato Zabatini stand auf der Schwelle. »Hast du gut geschlafen?«
»Ja.«
Die Matratze war weich und nicht mit Läusen verseucht gewesen, und da sie weder vom Schlingern eines Schiffs noch von der Sorge um den Gesundheitszustand ihres Vaters gepeinigt worden war, hatte sie tatsächlich einige Stunden tief und traumlos geschlafen. Er trat so weit zurück, wie es der dämmrige Flur zuließ. »Lass dich anschauen.« Sein Blick ruhte auf ihr, aber gütig, nicht gierig.
Sie fühlte sich in den Kleidern des Hausmädchens unbehaglich. Der Stoff war weich und angenehm zu tragen, wenn auch unter den Achselhöhlen steif vom
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