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Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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hatte – seine Meinung bezüglich der hiesigen Wohnverhältnisse stimmte mit der Vorstellung des Mizan überein, und eine Maske würde ihren Herrn vor den giftigen Dämpfen in den Straßen schützen. Aber sie fand, dass er die Gefahr, die für Palladio bestand, ein wenig zu leichtfertig heruntergespielt hatte. Präventivmedizin für die Gesunden war ebenso wichtig wie die kurative Behandlung für die Kranken, besonders für jemanden, den seine bereits geschädigte Lunge empfänglicher für durch die Luft übertragene Krankheiten machte. Nun gut, wenn der Vogelmanndoktor sich nicht um ihren Herrn kümmerte, würde sie das tun.
    Eines Morgens nahm Feyra ihren ganzen Mut zusammen, ging zu Zabato Zabatini und sagte ihm, was sie wollte. Sie fand ihn im cabinetto, wo er alabasterweiße frische Papierbögen zuschnitt. Er hörte sich die lange, lange Liste schweigend an, dann nahm er seine Brille ab und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. »Feyra«, sagte er. »Was du verlangst, ist unmöglich.« Er setzte die Brille wieder auf. »Unser Herr ist mit seiner Kirche beschäftigt, er wird keine Unruhe im Haus dul den.«
    Feyra schob das Kinn vor. »Was machen Eure Hände?«
    Zabato Zabatini spreizte die Finger und betrachtete sie, als sähe er sie zum ersten Mal. Die Haut schälte sich nicht mehr und war auch nicht mehr wund und entzündet.
    Feyra hob nur die Brauen.
    Er seufzte. »Also schön.«
    An diesem Morgen ging Feyra nicht zu Palladio. Stattdessen bat sie Corona Cucina, in einem großen Topf Pottasche und Gänsefett zu mischen. Sie benutzte die Paste, um die Ritzen in sämtlichen Fenstern zu kitten, und band die Fensterflügel mit Zwirn zu. Da der Winter nahte, erhob niemand im Haus Einwände. Als Palladio begann, nach Giudecca überzusetzen, um das Baugrundstück zu besichtigen, wies sie Zabato an, ihn in einer Gondel mit einem felze, einem schwarzen Leinwandverdeck, dorthin zu bringen, damit er nicht der Luft ausgesetzt war. In der Kammer ihres Herrn ließ sie das Bettzeug waschen und räuchern und die Vorhänge mit Kampfer einreiben. Dann stellte sie ein Pulver her, das zu gleichen Teilen aus Aloeholz, Storax und Kalamit bestand. Sie vermischte die Zutaten in einem Mörser mit Rosenwasser aus Damaskus und formte die Paste zu kleinen, länglichen Briketts, die ins Feuer geworfen wurden.
    Feyra schloss die Lieferantentür, die man über einen Weg durch den vor Schmutz starrenden Hof erreichte, und bestand darauf, dass jeder, der das Haus besuchte, es unabhängig von seinem Rang durch den zum Platz hin gelegenen Haupteingang mit dem Zeichen des goldenen Zirkels betrat. Diese Tür führte in eine kleine Kammer, in der die Umhänge, Hüte und Stöcke aufbewahrt wurden. Dahinter lag eine weitere Doppeltür, die immer offen stand. Feyra ließ den kleinen Kleiderraum leer räumen, die steinernen Fliesen fegen und mit Weinraute und Pottasche versetzte Binsen daraufstreuen, die sie dann mit Kassie, Essig und Rosenwasser besprengte. In die Wandhalter steckte sie Kerzen, die sie selbst aus Holzasche, Hammeltalg und Wasser hergestellt und mit holzigen Weihrauchsplittern aus ihrem Gürtel versetzt hatte. Jeder Besucher musste diese Kammer durchqueren und die Füße in den Binsen und Kräutern reinigen. Feyra gab strikte Anweisung, dass die Türen im Haus geschlossen blieben, wenn die zur Straße geöffnet wurde, und umgekehrt.
    Wenn Palladio von diesen Maßnahmen Notiz nahm, sagte er nichts dazu. Er ließ sie schalten und walten, wie sie wollte, solange seine Arbeit nicht beeinträchtigt wurde.
    Und das wurde sie auch nicht, bis es eines Nachts so schien, als würde die Pest doch noch ihre Klauen nach ihm ausstrecken.

25
    Mitten in der Nacht wurde Feyra abrupt von einem lauten Klopfen an der Tür aus einem Albtraum gerissen.
    Als sie mit schlaftrunkenen Augen öffnete, sah sie Zabato Zabatini in einem Nachtgewand vor sich stehen und in das Licht seiner Kerze blinzeln. »Komm und sieh«, sagte er.
    Sie zuckte ob dieser Formulierung zusammen, die sie zu dieser Stunde nicht einordnen konnte, gehorchte aber, ohne Fragen zu stellen, und folgte ihm durch die grotesken Schatten des von Kerzen erleuchteten Treppenhauses hindurch nach unten.
    Während sie die Stufen hinunterstiegen, raunte Zabato ihr zu: »Mein Herr hat hohes Fieber und eine mispelgroße Schwellung am Körper.«
    Feyra stolperte ein wenig vor Müdigkeit. Eine böse Vorahnung keimte in ihr auf, und sie wappnete sich für das Kommende. »Seine Fingerspitzen – sind sie

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