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Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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werdet Ihr mit dem Brunnen tun?«, fragte sie.
    »Ihn zumauern«, erwiderte Palladio knapp.
    Feyra dachte an die Gebeine ihres Vaters, die dann auf ewig im Herzen einer christlichen Kirche ruhen würden. Ihr eigenes Herz schien sich in einen Stein verwandelt zu haben, als sie sich erkundigte: »Glaubt Ihr nicht an Wunder?«
    Palladio überlegte einen Moment lang. »Nein.«
    Sie dachte an ihre Mutter, an ihren Vater. »Ich auch nicht.«
    Die Neuigkeit bezüglich des Schicksals des Brunnens drückte Feyras Stimmung. Die Gefahr und die Verzweiflung nach ihrer Flucht von Giudecca hatten sie gezwungen, die Trauer um ihren Vater zu verdrängen, und diese schlug jetzt mit Macht über ihr zusammen, flutete wie acqua alta über sie hinweg und drohte sie von den Füßen zu reißen. Sie empfand seinen Verlust wie einen körperlichen Schmerz, der direkt unterhalb ihres Herzens tobte. Ihr zunehmender Kummer wurde noch von Besorgnis verstärkt. Denn als die Woche verstrich und der nächste Besuch des Vogelmanns bevorstand, begann sie Vergeltungsmaßnahmen seitens des Arztes zu fürchten. Da sich Palladio und Zabato auf der Baustelle aufhielten und sie nicht beruhigen konnten, wuchs ihre Angst stetig. Ihr war klar, dass der Vogelmann Einfluss auf den Dogen hatte.
    Palladio blieb jeden Freitag nur widerwillig zu Hause, um seinen Arzt zu treffen, denn es zog ihn zu seiner Kirche. Als der nächste Freitag anbrach, schlich Feyra nach unten, ihre Augen waren so trüb wie die der Makrelen, die Corona Cucina in der Küche zum Frühstück zubereitete. Sie holte zittrig Atem. Normalerweise stellte der Freitag, wo es Fisch zu jeder Mahlzeit gab, eine willkommene Abwechslung zu dem heidnischen Fleisch dar, das die Venezianer bevorzugten. Aber heute verursachte ihr der Meeresgeruch, den sie verströmten, Übelkeit. Gegen Mittag lungerte sie in der Halle herum und hoffte, jemand anderes würde dem Arzt öffnen, und als sie ein Klopfen an der Tür und einen kleinen Tumult in der Halle hörte, als der Vogelmann ins Haus kam, versteckte sie sich. Mit bis zum Zerreißen gespannten Nerven versuchte sie tief und gleichmäßig durchzuatmen, aber das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie aus den Schatten der Halle zu der kleinen Gruppe an der Türschwelle hinüberspähte.
    Denn bei dem Besucher handelte es sich gar nicht um den Vogelmann.
    Es war ein Fremder mit kurz geschorenem hellem Haar, und er war nicht allein, sondern wurde von einem Halbkreis von Wächtern in den leichten Rüstungen begleitet, die sie vom Dogenpalast her kannte. Der Fremde kehrte ihr den Rücken zu, und noch Furcht einflößender als seine Eskorte war das Emblem auf seinem Umhang, der geflügelte Löwe mit aufgesperrtem Maul, der sie zu beobachten schien. Als der Mann sich umdrehte, lächelte er, doch das Lächeln erreichte seine eisblauen Augen nicht, und er wirkte kaum weniger bedrohlich als der Löwe. »Gute Dama«, sagte er zu Corona Cucina, die ihm die Tür geöffnet hatte, »wärt Ihr bitte so freundlich, alle Mitglieder des Haushalts in der Kammer Eures Herrn zu versammeln?«
    Es war keine Frage, sondern ein Befehl.
    Feyra war zutiefst erleichtert darüber, nicht allein zu sein. Corona und sie mussten sich im studiolo zu all den anderen Hausangestellten gesellen, von den Küchenmägden über die Mistsammler bis hin zu den Laufburschen.
    Ihr Herr saß in seinem gewohnten Eichenholzstuhl und strich sich über den Bart, Zabato stand nervös hinter ihm. Palladio wirkte äußerlich ruhig und gelassen, aber Feyra wusste, dass er vor Ungeduld geradezu zittern musste. Es sprach für die Macht des Mannes, der sie hier zusammengerufen hatte, dass der Architekt ihn zu dieser Zeit empfing, wo die Arbeit an seinem Bauwerk in vollem Gang war. Feyra begann zu begreifen, dass jeder in dieser Stadt vor dem Löwen kuschte.
    Sie verbarg sich hinter Coronas massiger Gestalt, fürchtete aber nicht länger, diese seltsame Zusammenkunft könne etwas mit ihr zu tun haben. Der Fremde wartete darauf, dass die Tür geschlossen wurde, bevor er sprach. »Ich denke, die meisten hier wissen, dass ich der Camerlengo des Dogen bin?« Niemand gab eine Antwort, die auch nicht erwartet wurde. »Mir wurde zugetragen«, sagte er mit leiser, melodischer Stimme, »dass sich ein Flüchtling in eurer Mitte befindet.«
    Feyra drohte das Herz stehen zu bleiben. »Eine Türkin, eine Ungläubige, wurde vor einiger Zeit dabei beobachtet, wie sie in Richtung dieses Hauses floh. Eine Suche blieb erfolglos, aber vor

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