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Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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blieb nichts anderes übrig, sie musste gehen. Viel hatte sie nicht zu packen: Sie besaß nur die Kleider, die sie trug, den Ring an dem Band um ihren Hals, die Münze in ihrem Mieder und den gelben Pantoffel unter ihrem Bett, in dessen Spitze die Zechinen klimperten, die sie bislang verdient hatte. Im Nu war sie wieder unten.
    Außer dem Zischen der Fackel war kein Laut zu hören, als Palladio, der Vogelmann und Feyra Zabato Zabatini eine dunkle, gewundene Treppe hinunterfolgten, die zu einem Ort führte, an dem Feyra nie gewesen war, da sie das Haus noch nie per Boot verlassen hatte.
    Sie stand auf einer feuchten Plattform. Darunter lag ein Schwimmdock, ein klares grünes Wasserrechteck, auf dem in früheren Jahrhunderten die Gondeln und Barken der Familie gedümpelt hatten.
    Zabato öffnete die Türen zum Dock mit einer Winde, und sie sahen zu, wie eine tintenschwarze Gondel mit schwarzem Verdeck auf sie zukam; eine der vielen Gondeln und traghetti, die täglich Passagiere über den glitzernden Kanal beförderten. Ein stämmiger Mann an der Ruderpinne hob eine Hand und legte am Dock an. Der Arzt stieg als Erster in das Boot, dabei blickte er mit hin- und herschwingendem Schnabel nach links und rechts, um nach Spionen auf dem Wasser Ausschau zu halten.
    Zabato lächelte Feyra schwach zu, nervös wie immer, und sie sah ihm an, dass er sie ungern gehen ließ. Palladio zog sie zur Seite und griff sanft nach ihrer Hand.
    »Ich hoffe, ich sehe dich wieder, und du siehst eines Tages meine Kirche, denn du hast ebenso viel Anteil an ihr wie ich.« Als er ihr in die Gondel half, blickten seine Augen so stumpf wie Stein.
    Dann wurden die Vorhänge geschlossen, und sie war allein in der Finsternis, nur der Schnabel des Vogelmannes neigte sich zu ihr und schimmerte im Dunkeln wie ein ausgebleichter Knochen.

Teil 3 – Der Löwe

27
    Annibale schwieg während der gesamten Fahrt zur Fondamenta Nuove beharrlich.
    Er sprach auch kein Wort, als er Feyra in ein größeres Ruderboot half, und gab dem Bootsmann nur ein paar knappe Anweisungen. Innerlich schäumte er vor Wut darüber, zweimal innerhalb einer Woche überlistet worden zu sein. Daran war er nicht gewöhnt, und es gefiel ihm nicht.
    Er fragte sich, was er um alles in der Welt mit diesem Mädchen anfangen sollte, aber als sie die Insel erreichten, hatte er sich ein wenig beruhigt. Sie plapperte nicht unaufhörlich, sondern legte ein schickliches Benehmen an den Tag und saß wie eine Maria di Legno im Bug, wie eine der hölzernen Marienfiguren, die man in jeder Kirche Venedigs kannte.
    Seit dem Tod seiner letzten Tante war Annibale an den Umgang mit Frauen nicht mehr gewöhnt. Seine Mutter war nur ein gelegentlicher, unzuverlässiger Bestandteil seines Lebens gewesen, aber er sprach nicht von ihr. Die erste Aufgabe im Leben einer Mutter bestand doch sicherlich darin, ihrem Kind eine Mutter zu sein, und indem sie ihn im Stich gelassen hatte, hatte sie sogar in diesem Punkt versagt. Nach ihrem Verschwinden war sie so tief gesunken, dass er es kaum über sich brachte, ihren Namen auszusprechen. Die Badessa und die Schwestern auf der Insel waren seine einzige weibliche Gesellschaft, aber sie waren praktisch veranlagt und fromm, die meisten schon älter und keine sonderlich attraktiv. Feyras Auftauchen brachte alles durcheinander.
    Er war ihr beim Aussteigen behilflich, dann stapfte er vorneweg, ohne auf das Mädchen zu warten, bis sie das große Tor und den Pottaschegraben erreichten. »Geh hier durch, aber sorgfältig«, befahl er, wohl wissend, dass er ihr nichts zu erklären brauchte.
    Bocca stand am Torhaus Wache, als der Arzt eintrat. Annibale verlangsamte seine Schritte nicht. »Sag jetzt nichts Falsches«, zischte er durch die Zähne, da er wusste, wie schlüpfrig der Humor des Torhüters sein konnte. »Sie ist mein Dienstmädchen, sonst nichts.«
    Er ging zielstrebig bis zur Mitte des grünen Rasens, dann blieb er stehen und drehte sich so abrupt um, dass sein Schnabel Feyra fast die Zähne ausgeschlagen hätte.
    »Wie heißt du?«
    »Feyra Adalet bint Timurhan Murad.«
    »Wo hast du so viel über Medizin gelernt?«
    »Bei Haji Musa, dem obersten Arzt im Topkapi-Palast in Konstantinopel.«
    »Du warst seine Assistentin?«
    »Ich war Ärztin«, berichtigte sie ihn ernst.
    Er schwieg erstaunt, denn abgesehen von Hebammen und Engelmacherinnen, die Frauen von einem unerwünschten Kind befreiten oder Gift für einen unerwünschten Ehemann mischten, schlossen sich Frauen und

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