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Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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einigen Tagen wurde ein Denunziationsschreiben in einer unbekannten Handschrift durch das Löwenmaul am Dogenpalast geschoben, in dem uns die Identität der Türkin enthüllt wurde, die sich hier verbirgt.«
    Feyras Herz hämmerte gegen ihre Rippen und wurde von einem ähnlichen Hämmern an der Haustür begleitet. Sie ließ den Blick durch den Raum wandern. Alle Mitglieder des Haushalts waren hier. Der Fremde musste noch einen Mann vor der Tür postiert haben. Sie saß in der Falle.
    »Ich will eure Geduld nicht über Gebühr strapazieren, indem ich euch alle hier befrage«, fuhr der Camerlengo milde fort. »Alle Männer können zum Kamin hinübergehen.«
    Die Menge rings um Feyra lichtete sich, als die Männer des Haushalts nach links rückten. »Und jetzt bleiben alle Mädchen, die im letzten Monat hier zu arbeiten begonnen haben, wo sie sind. Der Rest geht ebenfalls zum Kamin.«
    Feyra blieb wie versteinert stehen, nicht imstande, sich zu rühren, als die anderen sich zur Feuerstelle begaben. Alle Augen ruhten auf ihr, aber sie fühlte nur den durchdringenden blauen Blick des Fremden, der auf ihr haftete. Sie konnte förmlich spüren, wie er ihre bernsteinfarbenen Augen, ihre Haut und die braunen Haare, die unter ihrer Haube hervorlugten, abschätzend musterte.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er freundlich, auf eine Weise, die genau das Gegenteil andeutete. »Sag mir nur deinen Namen und wo du herkommst.«
    Feyra wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Nach all der Zeit in diesem Haus beherrschte sie das Venezianische recht gut, aber ihr Akzent würde keinen Einheimischen täuschen, und sie achtete noch immer streng darauf, mit niemandem außer ihrem Herrn und Zabato und nur ein paar Worte mit Corona Cucina zu sprechen. Verzweifelt blickte sie zu den beiden älteren Männern hinüber, die ihr Zuflucht gewährt hatten – einer kannte ihre Geschichte, der andere nicht, aber beide wussten über ihre Herkunft Bescheid. Palladio saß ganz still da, aber in seinen Augen las sie eine Warnung. Zabato rang nervös die Hände.
    Der Camerlengo kam näher. Sie konnte den süßen Waldmeisterduft riechen, den er verströmte. »Komm schon«, sagte er. »Willst du nicht antworten?«
    Zabato trat vor, stolperte und richtete sich wieder auf. »Sie ist meine Nichte!«, quiekte er mit hoher, von Panik erfüllter Stimme. » Sie ist letztens ins Haus gekommen, weil uns unser Dienstmädchen verlassen hat, als die Pest kam.«
    Der Camerlengo wandte die hellen Augen nicht einen Moment lang von Feyras Gesicht ab. Es war, als hätte er Zabato gar nicht zur Kenntnis genommen, und trotzdem war es klar, dass er jedes Wort gehört hatte. »Ist das wahr?«
    Feyra hatte schon den Mund geöffnet, um sich zu verraten, als sie einen schmerzhaften Stoß in den Rücken erhielt, weil die Tür geöffnet wurde und der Vogelmann hereinkam.
    Er rauschte fast ebenso entschlossen in den Raum wie der Camerlengo kurz zuvor. »Was hat das zu bedeuten?«, wollte er wissen. Die grässliche Schnabelmaske verstärkte seine Stimme noch.
    »Nur eine Befragung, Cason. Beruhigt Euch.«
    »Ich soll mich beruhigen!« Der Vogelmann griff in seinen schwarzen Umhang und förderte eine runde Scheibe zutage, die im Sonnenlicht schimmerte, als er sie in die Höhe hielt. Sie schien aus irgendeinem gelblichen Metall gefertigt zu sein. »Was ist das?«
    Der Camerlengo lächelte. »Kommt schon, Cason, das wisst Ihr sehr gut. Es ist das Siegel des Dogen. Ich habe es Euch selbst gegeben.«
    Der Schnabel beschrieb einen Bogen nach unten. »Und warum habt Ihr es mir gegeben?«
    Der Camerlengo schwieg.
    Der Vogelmann beantwortete seine eigene Frage. »Damit ich diesen Mann hier vor der Pest bewahren kann.« Er deutete mit einem schwarz behandschuhten Finger auf Palladio. »Ihr seid auf meine Insel gekommen und habt mir gesagt, der Doge persönlich würde wünschen, dass ich diesen Architekten täglich aufsuche und die Pest von seiner Tür fernhalte, nicht wahr?«
    Der Camerlengo neigte den Kopf.
    »Und wie soll ich meine Arbeit tun, wenn Ihr die halbe Stadt in sein studiolo schleppt? Gott weiß, was an ihren Kleidern haftet und was ihr Atem enthält. Der Doge hat mir bei der Behandlung des Architekten freie Hand gelassen. Ich habe mich entschieden, ihn zu isolieren. Daher muss ich euch alle bitten, zu gehen.« Die roten Glasaugen starrten in die Runde. »Und zwar jetzt sofort.«
    »Aber …«
    Der Vogelmann hielt das Siegel hoch. Der Camerlengo machte Anstalten, zu

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