Die Heilerin
Kind?«
»Peter!« Johann Scheuten stand auf und breitete die Arme aus. »Minn Zoon. Alles ist bestens. Beiden geht es gut. Einen wunderbaren Sohn hast du gezeugt. Wie wird er heißen?«
Peter van Holten räusperte sich verlegen, schaute zu Boden, hob dann wieder ungläubig den Kopf. »Ich dachte daran, ihn Jakob zu nennen.« Er schluckte. »Jakob Johann.« Dann lächelte er. »Ja, Jakob Johann van Holten, so soll sein Name sein.«
»Das klingt wunderbar. Wo ist deine Familie? Wir sollten feiern und Gott danken.« Scheuten stand auf und klopfte seinem Schwiegersohn auf die Schulter, dieser schaute ihn verdattert an.
»Feiern? Ihr seid mir nicht mehr gram?«
»Gott gibt, und Gott nimmt. Diesmal hat er uns reich beschenkt. Lasst uns nicht über Kleinigkeiten streiten. Wenn Ihr ihn taufen wollt, so lasst ihn in Gottes Namen taufen.« Scheuten senkte den Kopf »Und wir beten darum, dass das Kind trotzdem gottesfürchtig erzogen wird«, murmelte er.
»So sei es. Ich werde meine Familie rufen lassen, die Magd soll aufwarten, Wein und Braten und frisches Brot.« Lachend stürmte der junge Vater nach unten. Gretje und Margaretha folgten ihm verhalten. Sie warteten, bis er die überraschte Magd hochgeschreckt und weggeschickt, Wein aus dem Keller geholt hatte und strahlend wieder nach oben geeilt war. Den beiden Frauen schenkte er kaum einen Blick.
»Worauf wartest du, Mutter?«, wisperte Margaretha. Sie war müde, dabei hatte sie bis in den hellen Tag geschlafen, im Gegensatz zu ihrer Mutter, die seit gestern Morgen nicht zur Ruhe gekommen war. Trotz der Lachfältchen in Gretjes Gesicht sah man ihr die Erschöpfung an. Gretje winkte ab.
Wenig später hörte man das leise Trappeln von Schritten auf der Treppe.
»Mevrouw op den Graeff?«
»Wir sind hier in der Küche, am Herd.«
»Dank je wel!« Rebekka Scheuten nahm Gretjes Hände, drückte diese. »Ich liebe meine Tochter so sehr. Aber ich liebe auch meinen Mann. Dieser Streit schien mir nicht lösbar, und mein Herz ist schier zerbrochen daran. Zwei Worte von Euch und alle haben ein Einsehen.« Tränen standen ihr in den Augen.
»Er wäre auch von alleine darauf gekommen. Am Sonntag. Im Gottesdienst, da bin ich mir sicher. Aber hier geht es um zwei Leben – das Eurer Tochter und das ihres Kindes. Sie mussruhig und gelassen sein, um Milch zu bekommen. Ansonsten müsste sie eine Amme haben. Ich komme morgen wieder, aber jemand sollte bei ihr bleiben und nach ihr schauen. Nach ihr und dem kleinen Jakob Johann.« Gretje verkniff sich ihr breites Lächeln nicht, als sie den Namen erwähnte.
»Jetzt bringt mich kein Pferdegespann mehr vom Bett meiner Tochter! Ich werde mich um sie kümmern.«
»Sollte sie fiebrig werden oder Schmerzen haben, ruft mich, ohne zu zögern. Ich komme dann sofort. Das meine ich ernst, noch steht alles auf der Kippe, und es hängt von Eurem Wohlverhalten ab, wie es sich fügen wird«, sagte Gretje eindringlich.
»Ich weiß das. Mit Gottes Hilfe werden wir es schaffen, Ihr habt uns den rechten Weg gezeigt.« Mit Tränen in den Augen drückte sie Gretje an sich. »Wir lieben unsere Tochter, und auch Johann hat nun verstanden, welche Prüfung ihm auferlegt wurde.«
Gretje verabschiedete sich. Als sie in der Gasse standen, im heulenden Wind, seufzte Gretje laut auf. »Dem Herrn sei Dank«, murmelte sie und eilte in Richtung Oberstraße.
»Wie hast du das geschafft. Mutter? Ich dachte, alle gehen sich an die Kehle, stattdessen sind sie sich um den Hals gefallen.« Margaretha hatte Mühe, mit ihrer Mutter Schritt zu halten.
»Das habe ich auch gedacht, mein Kind. Aber einen Versuch war es wert.« Sie blieb stehen, hakte sich bei Margaretha unter und zog diese mit sich durch die Kälte. »Sie werden für eine Weile stillhalten, um des Kindes willen, und dann werden sie vermutlich wieder streiten.« Die Worte schienen sichtbar als Atemwolken vor ihnen in der Luft zu hängen.
»Und dann werden sie sich wieder hassen?« Margaretha hielt die Luft an, welch ein furchtbarer Gedanke.
»Möglich. Vielleicht kommt es aber auch ganz anders. Jetzt müssen wir Thilda erstmal durch das Wochenbett bringen, das ist unsere Aufgabe.«
Sie erreichten ihr Haus. In der Stube flackerte fröhlich das Feuer, die Brüder saßen dort, Pfeife rauchend und diskutierend. Anheimelnd und gemütlich war es, fröhlich und warm. Margaretha trank einen Schluck Würzwein, den Dirck ihr reichte, dann verabschiedete sie sich ins Bett. Der Tag war lang und voller neuer
Weitere Kostenlose Bücher