Die Heilerin
hier. Das wird für uns von Vorteil sein.« Pastorius reichte ihr das Messer, und Margaretha schnitt vorsichtig Rinde von der Weide, die ihre Äste über den Bachlauf hängen ließ.
»Hoffentlich. Wenn es zu viele Quellen sind, könnte das Land sumpfig sein.«
»Nein, das glaube ich nicht.« Dennoch schaute er sich unsicher um.
»Ich habe genügend Rinde. Lasst uns weitergehen und nach Beeren Ausschau halten. Vielleicht finden wir ja einige geschützte Stellen.«
Sie hatten Glück und fanden Brombeeren, Drosselbeeren und einige Hagebutten. Sorgsam sammelten sie die gefrorenen Früchte.
Als es dämmerte, machten sie sich auf den Heimweg. Margarethas Wangen waren von der Kälte gerötet, ihre Füße schmerzten, und doch war sie froh über die Ausbeute. Plötzlich hörten sie einen lauten Schrei, erschrocken zuckten sie zusammen. Pastorius nahm die Muskete, die er an einem Riemen über die Schulter trug, machte sie mit fahrigen Händen schussbereit.
»Was war das?« Margaretha sah sich verängstigt um.
»Ich weiß es nicht. Vielleicht ein Vogel?«
Lauschend blieben sie stehen. Für einen Moment rauschte nur der Wind in den Bäumen, doch dann vermeinten sie leises Stimmengemurmel zu hören.
»Da ist jemand.«
»Die Stimmen kommen von dort hinten im Wald.« Pastorius entspannte seine Waffe und schulterte sie wieder, sah Margaretha fragend an.
»Es klang nach einem Schmerzensschrei, wir sollten nachschauen gehen.« Margaretha ging ohne Zögern in die Richtung, aus der die Stimmen kamen.
»Lasst mich vorangehen«, sagte Pastorius. »In diesem Teil des Waldes sind Fallen gestellt, wir müssen achtsam sein.«
Im schwindenden Licht des Tages entdeckten sie zwei Männer im Unterholz. Der eine saß auf dem Boden, hielt sich den Fuß. Der Schnee um ihn färbte sich blutig.
»Es sind Wilde«, wisperte Margaretha erschrocken, doch dann sah sie die Wunde.
»Er ist wohl in eine Falle getreten.« Pastorius blieb unsicher stehen, aber Margaretha eilte zu dem Verwundeten. Einen Augenblick zögerte sie, dann kniete sie sich nieder, bedeutete dem Mann, ihr den Fuß zu zeigen. Erstaunt sah er sie an, doch dann ließ er zu, dass sie die Wunde untersuchte. Neben ihm auf dem Boden lag ein Tellereisen. Er hatte die Lederstreifen seines Stiefels schon gelöst. Vorsichtig zog Margaretha den Stiefel ab.
»O je«, sagte sie leise und zog zischend die Luft ein. Der Wilde war in die Falle getreten, das Eisen hatte den Mittelfuß gebrochen, eine blutende Wunde geschlagen. »Wir müssen die Blutung stoppen. Ich habe kein Verbandszeug dabei.« Suchend schaute sie sich um.
»Franz Daniel, dort drüben wachsen Flechten an dem Baum, bringt sie mir.« Sie überlegte einen Moment, hob dann ihren Rocksaum, riss einen Streifen von ihrem Unterkleid ab.
Pastorius reichte ihr die Flechten. »Was macht Ihr damit?«
»Sie stillen die Blutung. Aber die Knochen sind gebrochen, ordentlich versorgen kann ich ihn nur zu Hause.« Sie biss sich auf die Lippen, überlegte kurz. »Es hilft nichts, wir müssen ihn mitnehmen.«
Durch Gesten versuchten sie, den beiden Männern ihr Vorhaben zu erklären. Der unverletzte Mann schüttelte den Kopf und redete auf seinen Begleiter ein. Eine Weile schienen die beiden zu beraten, schließlich seufzte er auf, griff in seine Tasche und nahm etwas heraus. Er brach es in Stücke, reichte dem Verletzten das größte, bot dann Margaretha und Pastorius etwas an.
Vorsichtig nahm Margaretha das Stück entgegen. Es schien eine Art getrocknete Paste zu sein und stank. Doch der verletzte Mann steckte es, ohne zu zögern, in den Mund, kaute kräftig.
»Mokakin«, sagte er und rieb sich über den Bauch, zeigte dann auf seinen Oberarm.
Unsicher schaute Margaretha zu Pastorius. Mit spitzen Lippen kostete dieser. »Es schmeckt nicht so schlecht, wie es riecht.«
Sie probierte nun auch. Es scheint sehr nahrhaft zu sein, dachte sie überrascht.
Noch einmal deutete Pastorius auf den verletzten Mann und dann in Richtung Siedlung. Er ging zu ihm, griff unter seinen Arm, winkte dem anderen, ihm zu helfen. Gemeinsam schafften sie es, den Verletzten aufzurichten.
»Er wird nicht laufen können, selbst wenn Ihr ihn stützt«, sagte Margaretha.
»Das sehe ich auch«, erwiderte Pastorius missmutig. Er seufzte, dann schulterte er den Verletzten.
Nur mühsam kamen sie voran. Auf der Hälfte des Weges hielt Pastorius an, ließ den Mann von seinen Schultern gleiten. Der andere Wilde nahm nun seinen Gefährten und trug ihn. Es war schon
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