Die Heilerin
blieb keine Zeit, dem Kind zuzuschauen, die Arbeit wartete.
»Alle zugleich, jetzt hebt es an!«, befahl Isaak. Sie banden das Schwein auf die Leiter, der Vater überprüfte die Stricke, sie durften nicht reißen.
»Gut. Und nun, mit Kraft!« Alle mussten mit anfassen, um die Leiter aufzurichten und gegen die Wand der Waschküche zu lehnen. Mit dem Kopf nach unten hing das mächtige Tier nun dort. Der Vater trennte von oben nach unten den Bauch auf. Nach und nach schnitt Isaak die Innereien heraus und legte sie, nachdem er sie begutachtet hatte, in einen Bottich.
»Sieht es gut aus?«, fragte Gretje besorgt. Verwachsungen und Geschwüre an Herz, Lunge oder dem Organfett deuteten auf Krankheiten hin, und dann hätten sie die Innereien nicht verwerten können.
»Ja, ein gesundes Schwein, schön fett!«
Nun kam die unangenehmste Aufgabe, Margaretha, Annemieke und einer der Gesellen mussten die Därme in einer Hofecke gründlich ausstreichen und spülen. Es stank. Margaretha atmete durch den Mund. Einen Eimer Wasser nach dem anderen füllte Dirck.
»Nochmal«, sagte Margaretha, nachdem sie ein Stück Darm begutachtet hatte. »Es ist noch nicht ganz sauber. Das Wasser muss klar bleiben.« Ihre Hände waren rot und schmerzten vor Kälte.
Währenddessen schlug der Vater das Schwein mit einem Beil in zwei Hälften. Der Kopf samt Ohren, die Pfoten und der Schwanz kamen in den großen Waschkessel und wurden dort ausgekocht. Der Duft der Fleischbrühe zog über den Hof und verdrängte den Gestank des Darminhalts.
»Hinfort! Schleich dich!«, brüllte Isaak und trat nach dem fetten schwarzen Hauskater, der sich ein Stück Fleisch stibitzen wollte. Schmollend verzog sich der Kater in die Ecke. Er wird nicht aufgeben, dachte Margaretha belustigt.
Isaak trennte die vorderen Keulen ab, und Gretje wusch diese gründlich in der Waschküche, dann trocknete sie das Fleisch und legte es in die Tröge mit dem Würzsalz. Sie massierte das Salz in das Fleisch, bedeckte es dann mit einer weiteren Schicht.
»Hier kommen die Braten. Gutes Fleisch.« Isaak reichte Hermann Rücken und Schultern, dieser brachte es ins Waschhaus, wo die Frauen emsig arbeiteten.
»Speck haben wir satt.« Abraham schnitt den Speck aus den Flanken. »Verdomme!« Er war an dem fetten Fleisch abgerutscht und hatte sich in den Daumen geschnitten.
»Zeig her.« Gretje trat zu ihm, wischte mit einem sauberenTuch über die Wunde. »Wasch es gut aus, ich werde mich nachher darum kümmern.«
»Willst du zur Blutwurst beitragen?« Dirck lachte. Abraham zog ihm eine Grimasse und hielt den Daumen in den eisigen Wasserstrahl.
»Nun noch die Hinterläufe«, murmelte der Vater. Er wuchtete die mächtigen Keulen in die Waschküche, wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah am Haus empor. Nachdem die Keulen gesäubert und in die Würzlake eingelegt worden waren, mussten sie sie nach oben tragen und in den Kamin hängen. In vier Wochen würden sie dann zwei große Räucherschinken haben.
Alle Fleischreste wanderten in den großen Topf. Dort kochte die Wurstsuppe, die Gretje mit Zwiebeln, Sellerie, Porree, Wurzeln und allerlei Gewürzen verfeinerte. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als sie das Fleisch für die Würste klein schnitten. Inzwischen hatte Margaretha die Därme auf Wurstlänge gekürzt, und nun begannen sie, diese mit der Wurstmasse zu stopfen. Die Brühwürste kamen nach und nach in den Kessel und wurden dort gegart. Sie würden anschließend getrocknet und auch geräuchert werden.
»Mutter, aber eine Blutwurst dürfen wir doch frisch essen, ja?«, fragte Dirck und leckte sich die Lippen.
»Das wollen wir mal sehen. Es kommt darauf an, wie fleißig ihr seid«, sagte sie mit einem verschmitztem Lächeln.
Isaak wischte sich den Schweiß von der Stirn, denn trotz der beißenden Kälte hing eine Dampfglocke über dem Hof.
Für einen Moment lehnte sich Margaretha gegen die Mauer. Das Kreuz und die Arme taten ihr weh, aber den anderen ging es bestimmt nicht anders. Das Quietschen des Brunnenschwengels, das sie den ganzen Tag begleitet hatte, wurde langsamer und verstummte schließlich. Margaretha blickte über den Hof. Der Kater saß in der Ecke und kaute vergnügt, er hatte sich also endlich ein Stück Fleisch ergattert.
»Wer möchte Wurstsuppe?« Gretje brachte dampfende Becherin den Hof. Vorsichtig nippte Margaretha an der heißen Suppe, atmete den Duft tief ein und schmeckte die köstliche Brühe. Noch war die Arbeit nicht zu Ende. Morgen
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