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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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zog die Luft scharf ein. »Hier«, flüsterte sie und drückte die verängstigte Eva der großen Tochter in die Arme. »Bleib bei Margret, Evchen, dann passiert dir nichts.«
    »Bedrängen?«, fragte einer der Männer und lachte. Er klang betrunken, stellte Margaretha fest und fürchtete sich noch mehr. Die Männer waren Protestanten. In der alten Stadt gab es einen Gasthof, in dem sie sich regelmäßig versammelten und hitzige Reden schwangen. In der letzten Zeit hatte Dirck des Öfteren darüber gewettert, dass dort herablassend über ihre Gemeinde gesprochen wurde.
    »Ihr Mennoniten meint, euch gehöre die Welt. Ihr führt euch auf, als wäret ihr besser als andere. Und jetzt scheißt ihr euch vor Furcht in die Hosen.« Der Mann lachte. Sein Lachen klang nicht lustig. »Ihr kommt in die Stadt, immer mehr und mehr. Nehmt uns die Arbeit und die Häuser. Die Preise steigen, und ein guter Christ kann sich kaum mehr einen Humpen Bier leisten, seine Frau kein Mehl für Brot. Und ihr lebt hier wie die Made im Speck.«
    »Das ist doch Unsinn. Auch wir sind von dem frühen Winter betroffen. Wir müssen einteilen und zusehen, wie wir über die kalte Jahreszeit kommen. Die Stadtoberen und die Herren von Oranien haben den Zuzug unserer Glaubensbrüder genehmigt. Nun lasst uns in Frieden miteinander leben. Unser Gott ist doch auch euer Gott«, versuchte Dirck sie zu beschwichtigen. Er war der Älteste der drei. Margaretha schloss vor lauter Furcht die Augen, hörte aber den besonnenen Klang in der Stimme ihres Bruders.
    »Du bist doch einer von den op de Graeffs, wenn mich nicht alles täuscht?«, meinte einer der Männer. Er fragte nicht freundlich.
    »Das ist richtig«, antwortete Dirck gelassen. »Und meine Familie wohnt schon in der dritten Generation hier in der Stadt.«
    »Deine Mutter ist doch die Kräuterhexe, oder?«
    Hexe, das Wort hallte durch die Gasse.
    »Gottegot«, stieß Gretje leise hervor. Immer wieder gab es beängstigende Berichte über Heil- und Kräuterfrauen, die als Hexen verfolgt wurden. Bisher war Krefeld davon verschont geblieben.
    »Seid Ihr nicht Mijnheer Loers?«, fragte Dirck leiser und nicht mehr so forsch.
    »So ist es.«
    »Hat meine Mutter nicht erst letztes Jahr Eurer Schwester geholfen, ein Kind zu entbinden? Und war es nicht eine schwierige Geburt?«
    Der Mann schwieg. Für einen Moment schien sich die Lage zu entschärfen. Die Männer senkten die Stöcke und Knüppel.
    »Deine Mutter, du Drecksack, hat meiner Frau auch bei der Entbindung geholfen«, zischte aber nun einer der Männer. Er hatte hinter den anderen gestanden und trat nun nach vorne. »Ja, sie hat ihr geholfen, ein Kind zu gebären, einen Sohn. Und dieser ist schwachsinnig. Deine Mutter hat ganz sicher etwas damit zu tun, denn habt ihr nicht auch so eine Missgeburt zu Hause?«
    »Das ist Matthias Schneiders, der Schwachkopf«, flüsterte Gretje wütend. »Er schlägt und misshandelt seine Frau und die Mägde.«
    Nun murmelten die Männer, raunten sich Sätze zu. Nur Fetzen davon gelangten in den Winkel, in dem sich die Frauen versteckten. Eva wimmerte leise, Margaretha versuchte, sie zu beruhigen.
    Die Stimmung kochte wieder hoch, und ehe die drei jungen Männer sich versahen, noch ein weiteres Wort sagten konnten, stürmten die Protestanten auf sie los, die Knüppel erhoben, wütende Schreie ausstoßend. Es kam zu einem Gemenge, die Stöcke fuhren nieder, Knochen knirschten, und Schreie klangen durch die Gasse.
    »Ich geb’s dir, du Hundsfott!«
    »Auf ihn, den Drecksack!«
    »Nieder mit den Täufern! Sie bringen nur Unheil!«
    »Haltet ein!«, schrie Gretje und rannte auf die Gasse. »Seid ihr alle des Wahnsinns?«
    Doch ihre Stimme kam nicht gegen den Tumult an. Margaretha kauerte sich in den Hauseingang, drückte Eva fest an sich. Die Wut und den Hass der Männer schien sie spüren und riechen zu können. Sie kippte nach hinten, schrie auf, als die Tür, an die sie sich lehnte, sich öffnete, Hände sie ergriffen und nach innen zogen.
    »Meisje, still, still. Kommt«, flüsterte jemand. »Kommt, kommt.« Hastig zog sie jemand auf die Füße und führte sie die Diele entlang bis in eine warme und hell erleuchtete Küche, in der es nach Würzwein und Grütze duftete. Margaretha sank auf eine Bank, ein furchtbares Schluchzen kam aus ihrer Kehle, und Tränen liefen ihr über die Wangen. »Moedertje … mein Bruder … sie werden sie erschlagen …«
    »Nun, nun. Beruhig dich, Kind. Hilfe ist unterwegs.« Die Frau strich ihr

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