Die Heilerin
nicht zur Verfügung.« Gretje seufzte wieder.
Noch eine Weile diskutierte die Familie. Margaretha verabschiedete sich bald, ließ die Brüder und die Eltern weiterreden. Sie war müde, und der Gedanke an einen Umzug erschreckte sie. Krefeld war ihr Zuhause, ihre Heimat. Hier fühlte sie sich wohl, und hier lebte Jan. Mit dem Gedanken an ihn schlief sie ein.
Ihre Mutter hatte recht, der Winter drohte hart und eisig zu werden. Die Gemeinde rückte eng zusammen, aber das verbesserte die Wohnverhältnisse nicht.
In der Woche vor Martini ging es hektisch im Haushalt op den Graeff und bei vielen anderen Familien zu. Die Waschküche wurde gründlich geschrubbt, nicht eine Spinnenwebe, nicht ein Körnchen Dreck ließ Gretje gelten. Der große Waschkessel, alle Schüsseln, Tröge und Behältnisse wurden gespült und gescheuert. Isaak schärfte die Messer im Hof, so dass die Funken flogen. Hermann kontrollierte die Leiter, sie durfte weder wackeln noch brüchig sein.
Gretje zeigte Margaretha, wie sie die Würzlake für die Räucherware ansetzen musste. Tröge wurden mit Pökelsalz gefüllt, das Abraham säckeweise aus Uerdingen mitbrachte. Margaretha zerstieß Wacholderbeeren, Pfefferkörner und Piment im Mörser, zupfte Rosmarinnadeln von den Zweigen. Die Gewürze wurden mit dem Pökelsalz gut vermengt.
»Das Salz macht das Fleisch haltbar, die Gewürze geben ihm Geschmack, aber sie haben auch eine gute Wirkung aufdie Verdauung«, erklärte Gretje ihrer Tochter und gab zwei Handvoll Kümmel hinzu.
Am Morgen des Schlachttags standen alle noch früher auf als gewöhnlich. Bevor die Magd das Feuer entfachte, das man ausnahmsweise hatte ausgehen lassen, kletterte Dirck in den Kamin und fegte ihn mit langen Reisigbesen. Oben, im ersten Stock, gab es eine Tür im Kamin. Dahinter waren die Gestelle vermauert, an denen das Räuchergut aufgehängt werden würde. In den nächsten Wochen würde nur mit Holz gefeuert werden, auf das Wachholder und Rosmarinzweige kamen.
Endlich war es soweit, während die Magd Grütze kochte, entfachte der Vater das Feuer unter dem Kessel in der Waschküche. Hermann und Abraham befüllten den Kessel eimerweise mit frischem Wasser aus dem Brunnen. Der Brunnenschwengel quietschte laut, Eva klatschte begeistert in die Hände und juchzte über die Betriebsamkeit, die alle erfasst hatte. Dirck wusch sich bibbernd den Ruß vom Körper. Er dankte Annemieke, als sie ihm eine dampfende Schüssel Grütze reichte.
Noch bevor das erste Licht des Tages dämmerte, führte Isaak das Schwein im Schein der Fackeln auf den Hof. Hermann stellte sich vor das große Tier, das laut quiekte, zog den Strick straff, während Dirck den Schwanz packte und festhielt.
Gretje nahm Eva mit in die Waschküche, was jetzt kam, gehörte zwar zum Leben dazu, aber das kleine Kind sollte es noch nicht sehen. Evas Aufgabe war es gewesen, dem Schwein die Essensreste und Küchenabfälle zu bringen. Den ganzen Sommer und Herbst über hatte sie dies voller Begeisterung getan.
»Habt ihr es sicher? Ich will nur einmal schlagen, es soll nicht unnötig leiden!« Isaak hob den schweren Hammer und schlug damit gegen die Stirn des Tieres. Betäubt fiel es auf die Seite.
»Goddank!« Er stach in die Kehle, während Margaretha eine große, flache Schale hinhielt, um das Blut aufzufangen.
»Schneller, Margret«, fuhr der Vater sie an. »Es darf kein Blut verlorengehen.«
Immer wieder musste sie die gefüllte Schale gegen eine neue austauschen. Das Blut kam in einen Kessel, Jasper, der jüngste Lehrling, rührte und schlug es beständig, so dass es nicht gerann.
»Nicht so langsam, rühr regelmäßig, Jong!«, sagte die Mutter und schaute ihm über die Schulter.
»Gebt acht!« Hermann und Abraham brachten ächzend einen großen Topf kochendes Wasser in den Hof. Sie mussten das Gefäß gemeinsam tragen, es war zu schwer für einen alleine. Alle traten zur Seite, und mit Schwung überbrühten sie das Schwein.
Es dampfte im Hof.
Als sich die Dampfwolke aufgelöst hatte, begannen Margaretha und Annemieke die Borsten von der Haut abzuschaben. Isaak löste die Klauen von den Pfoten. Die Borsten kamen in eine Schüssel mit Seifenwasser, und Margaretha brachte diese zu Eva.
»Schau, Meisje, du darfst sie waschen!« Voller Freude plantschte das kleine Mädchen in der lauwarmen Lauge. Später würden die ausgewaschenen Borsten getrocknet, gebündelt, gekämmt und auf eine Länge geschnitten und zu Pinseln und Bürsten verarbeitet werden. Margaretha
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