Die Heilerin
bei Theißens. Dort wird er wohl den Abend verbringen«, sagte Gretje lächelnd.
»Will er dort einziehen? Es gefällt mir nicht, dass er seine Zeit dort verbringt.« Schnaufend setzte Isaak sich, faltete die Hände und senkte den Kopf zum Gebet. Alle folgten seinem Beispiel. Aus den Augenwinkeln sah Margaretha, dass Rebecca versuchte, Dircks Blick zu erhaschen, doch er schaute auf seine Hände. Margaretha verkniff sich ein Lächeln und bat Gott um Gnade, Schadenfreude war keine Tugend.
Kapitel 14
Zu Margarethas Erstaunen flackerte das Feuer schon eifrig, als sie am nächsten Morgen in die Küche kam. Rebecca knetete den Brotteig, und auch Wasser hatte sie schon geholt. Offensichtlich hatte sie sich Gretjes Worte zu Herzen genommen. Margaretha ließ Jonkie in den Hof, holte den Topf mit der Hühnerbrühe hinein, den die Mutter gestern Abend zum Abkühlen vor die Tür gestellt hatte. Die Fettschicht auf der Brühe schien zu Eis gefroren zu sein. Margaretha stellte den Topf neben den Herd. Nachher würde sie die Brühe abseihen und das Huhn absuchen. Das weichgekochte Fleisch, zusammen mit Reis, Erbsen und Wurzeln, ein wenig Rahm und Gewürzen, würde ein leckeres Frikassee geben.
Als das Wasser für die Grütze kochte, gab Margaretha Zwiebeln und Buchweizen hinzu, auch ein Stück Speck für den Geschmack. Rebecca wischte den Tisch ab, deckte ihn ein. Butter- und Schmalztopf standen schon bereit, das Brot buk im Ofen. Die Aromen breiteten sich in der Küche aus. Margarethas Magen knurrte hörbar.
»Es dauert ja nicht mehr lange bis zum Frühmahl«, sagte Rebecca leise, und sie lächelten sich an. Zum ersten Mal, seitdas Mädchen eingezogen war, hatte Margaretha wieder das Gefühl, Freundschaft zu ihr aufbauen zu können.
Die Grütze köchelte gerade erst, als Isaak in die Küche kam. Überrascht sah Margaretha auf, sie hatte so früh noch nicht mit ihm gerechnet.
Schweigend nahm er einen Becher Dünnbier, setzte sich an den Tisch.
»Es dauert noch ein wenig, Vater. Ich könnte dir ein paar Scheiben kaltes Fleisch geben, wenn du magst.«
»Ist recht. Johann Lenßen kommt gleich, um nach den Webstühlen zu schauen.« Müde rieb sich Isaak über das Gesicht. »Ich hoffe, er kann uns helfen.«
»Das glaube ich ganz gewiss.« Margaretha zog das heiße Brot aus dem Ofen, schnitt ein wenig Fleisch von dem Stück Braten des gestrigen Tages ab, legte es ihm auf den Teller. Die Hühnerbrühe war inzwischen aufgetaut, Margaretha hatte sie abgeseiht. Nun hängte sie den Topf über den Herd, ließ die Brühe aufkochen und gab Isaak eine Schüssel Brühe mit einem Kanten noch dampfenden Brotes.
»Gott soll es dir danken«, sagte er leise. »Deine Mutter wurde heute Nacht zu einer Frau gerufen, die in den Wehen lag.«
Margaretha hatte sich schon gewundert, wo Gretje blieb. »Warum hat sie mich nicht mitgenommen?«
»Sie wollte dir den Gang durch die kalte Nacht ersparen. Und außerdem«, er zwinkerte ihr zu, »muss ja jemand für unser Frühstück sorgen.«
Kaum hatte er seine Schale Suppe gegessen, klopfte es schon an die Haustür. Noch war kein Sonnenlicht zu sehen, es dämmerte nur schwach. Isaak stand seufzend auf. Es war Johann Lenßen, der Tischler.
»Wohlan«, begrüßte Isaak ihn. »Ich bin froh, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, zu uns zu kommen.«
»Ihr habt Schwierigkeiten, Bruder, und braucht Hilfe. Auch wenn dies Tage der Ruhe sind, so soll man doch seinen Brüdern in der Not beistehen«, sagte Lenßen freundlich.
»Dafür sind wir sehr dankbar«, sagte Isaak und ging mit dem Tischler nach nebenan in die Webstube.
Rebecca rührte eifrig in der Grütze. »Was muss noch an Gewürzen hinein?«
»Kümmel auf jeden Fall, dann wird es bekömmlicher. Ein wenig getrocknete Petersilie, um das Blut zu reinigen. Mal schauen, ob sie noch Salz vertragen kann oder ob der Speck genug Geschmack abgegeben hat.« Margaretha schmeckte die Grütze ab, nickte dann zufrieden. Der Hund saß jankend an der Hoftür, Rebecca ließ ihn hinaus.
»Wirst du mir zeigen, wie sie zu erziehen ist?«, fragte Margaretha leise.
»Der Hund? Ja, natürlich. Vielleicht haben wir ja nachher ein wenig Zeit. Es ist nicht schwierig, aber man muss hartnäckig sein. Jonkie ist wissbegierig, sie hat sehr schnell begriffen, dass sie ihr Geschäft nur im Hof machen darf. Wir halten eigentlich selten Hunde im Haus, aber bei Jonkie scheint das keine Schwierigkeiten zu bereiten.«
Margaretha nickte. Jonkie schlief bei ihr im Zimmer. Sie hatte
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