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Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Titel: Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Programme weiter ab, aber aneinander vorbei.
     
    Eine junge berufstätige Mutter erzählte mir: Sie kommt oft müde von der Arbeit nach Hause. Es gab Probleme bei der Arbeit. Sie möchte daheim gerne erzählen, wie es ihr erging. Doch die Kinder haben andere Erwartungen an die Mutter. Die Kinder haben das Bild, dass die Mutter ganz für sie da ist und ihnen zuhört. Manchmal kommt ihr Mann dann wenig später missgelaunt nach Hause. Sie möchte ihm gerne erzählen, was sie bedrückt. Aber er ist so mit sich selbst beschäftigt, dass sie es nicht wagt oder dass sie es nach dem ersten missglückten Versuch wieder aufgibt. Manchmal kommt ihr Mann auch strahlend nach Hause. Ihm ist alles gelungen bei der Arbeit. Doch auch dieses Bild nervt die Frau. Denn sie hat den Eindruck, diesemStrahlemann kann ich meine Probleme nicht erzählen. Da komme ich mir klein vor. Sie vergleicht sich mit ihrem Mann und schneidet schlecht ab. Beide Bilder blockieren den Austausch und hindern sie, in ihrem Mann in diesem Augenblick den Partner zu sehen, dem sie das, was sie bedrückt, erzählen könnte.
     
    Die Nichterfüllung unserer Vorstellungen – gleich ob von uns selbst oder vom andern – verletzt uns. Natürlich darf ich diesen Satz nicht verallgemeinern. Denn es gibt ja auch absichtliche Verletzungen. Weil ich selbst verletzt bin, gebe ich die Verletzungen weiter. Oder aber ich fühle mich vom andern verletzt. Damit er mich endlich wahrnimmt, verletze ich ihn auch. Aber auch dann haben diese Verletzungen mit Bildern zu tun. Bei manchen Verletzungen habe ich das Bild von Macht in mir. Ich möchte meine Macht über den andern zeigen. Manche Männer werden dann von ihrem Potenzgehabe dazu getrieben, ihre Frauen zu verletzen. Frauen verletzen Männer manchmal, weil sie ein zu kleines Bild von sich haben. Sie fühlen sich den Argumenten des Mannes nicht gewachsen. So suchen sie andere Strategien der Verletzung. Wir sollen den eingangs zitierten Grundsatz der Stoa nicht verallgemeinern. Aber wir könnten zumindest die Verletzungen, die wir uns gegenseitig zufügen, oder die Situationen, in denen wir uns verletzt fühlen, einmal auf diesen Grundsatz hin befragen.
     
    Dazu einige Beispiele: Eine Frau fühlt sich oft von den Männerwitzen, die ihr Mann ihr erzählt, verletzt. Wenn sie ihm das sagt, verharmlost er den Witz. Sie fühlt sichdann nicht ernst genommen. Sie fühlt sich vom Mann in das Bild der kleinkarierten Frau gesteckt, die alles kritisiert und alles so eng sieht. Der Mann fühlt sich verletzt, weil die Frau ihn mit dem Bild des Mannes steckt, der seine Witze auf Kosten der Frau macht. Beide haben den Eindruck, dass sie sich blockieren und sich gegenseitig die Lebendigkeit rauben. Es ist nicht einfach, diese Bilder, die wir oft genug unbewusst dem andern überstülpen, zu durchschauen und sie dann auch loszulassen. Die Aufgabe wäre, sich seiner Bilder bewusst zu werden und sich von ihnen zu befreien, damit ich dem Partner ohne Vorurteil begegne. Der beste Weg dazu ist, dass ich ihn frage, wie er sich fühlt, warum er so denkt, was ihn bewegt. Dabei geht es nicht um Rechthaben, sondern zunächst vor allem um ein Verstehen des anderen. Verständnis wird aber erst möglich, wenn ich mich von den Bildern verabschiede, die sich in mir festgesetzt haben und mit denen ich den Partner oder die Partnerin immer wieder festnagle.
     
    Es gibt Mitarbeiter, die mir wenig sympathisch sind. Aber ich rege mich nicht über sie auf. Sie sind halt so und dürfen so sein. Doch bei anderen Mitarbeitern rege ich mich sofort auf. Wenn ich genau hinschaue, entdecke ich, dass ich eine ganz bestimmte Erwartung an diesen Mitarbeiter habe, die er nicht erfüllt hat. Weil er meine Vorstellungen nicht erfüllt, deshalb rege ich mich auf, deshalb bin ich enttäuscht. Der andere, vom dem ich kein Bild in mir habe, stört mich nicht. Nur wenn er mich an meine eigenen Verletzungen erinnert, fühle ich mich von ihm verletzt. Und nur wenn er mich an meine eigenen empfindlichen Stellen erinnert, ärgere ich mich über ihn.
     
    In der Firma kann ich normalerweise noch einen gebührenden Abstand zu Menschen einnehmen, die mir wenig sympathisch sind und die meine Vorstellungen nicht erfüllen. Schwieriger wird es in der Partnerschaft und in der Familie. Da sind wir uns einander nahe. Da können wir uns nicht einfach nur abgrenzen und uns gegenüber dem anderen schützen. Wir wollen ja einander nahe sein, einander begegnen, einander lieben. Und in der Liebe öffne

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