Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder
Denn nach außen zeige ich oft nur meine positiven Bilder. Doch in mir gibt es auch noch andere Bilder. Diese Bilder, auf die mich meine Träume verweisen, soll ich Gott hinhalten, damit Gottes Licht dann auch in diese inneren Bilder, vor allem in die dunklen und chaotischen Bilder eindringen und mein Inneres verwandeln kann. Die Träume zeigen mir jedoch nicht nur chaotische, verletzte, bedrängende Bilder, sondern oft auch helfende und heilende Bilder. Wenn ich etwa vom Kind träume, das ich auf dem Arm trage, dann sagt mir der Traum, dass ich in Berührung komme mit dem innerenKind, dass etwas Neues in mir heran reift, dass ich dabei bin, authentisch zu werden. Oder Träume von innerem Licht zeigen mir, dass auf dem Grund meiner Seele das göttliche Licht scheint, dass der Glaube nicht nur etwas Aufgesetztes ist, sondern schon tief in mein Unbewusstes vorgedrungen ist.
Es ist gut, auf die eigenen Träume zu hören und die Bilder zu meditieren, die im Traum auftauchen. Dabei geht es nicht darum, jeden Traum deuten zu wollen. C. G. Jung sagt, durch die Deutung verstärke sich die Wirkung des Traumes. Doch der Traum wirkt auch ohne eine solche rationale Unterstützung. Daher genügt es oft, sich die Bilder der Träume nochmals einzubilden, sie zu betrachten und sich immer vorstellen: Das bin ich. Das Bild drückt etwas von mir aus. Das chaotische Zimmer drückt meinen inneren Zustand aus. Die vereisten Straßen zeigen meine vereisten Gefühle. Ich stelle mich diesen Bildern und halte die Bilder Gott hin, damit sein Licht diese Bilder verwandeln möge. Es ist auch gut, wenn ich meine Träume andern erzähle. Sie müssen sie nicht deuten. Es genügt, wenn sie ihre Assoziationen zu meinem Traum sagen. Ich soll mir von andern nicht die Deutung aufdrängen lassen. Nur bei den Assoziationen, bei denen mein Herz innerlich zustimmt, soll ich stehen bleiben und sie auf mich wirken lassen. Mein Herz weiß letztlich selbst, was der Traum bedeutet. Doch manchmal brauche ich die Anregungen von außen, um dann dem eigenen Gefühl trauen zu können. Die erste Reaktion auf einen Traum ist oft erschreckend, etwa wenn ich im Traum sterbe. Doch im Gespräch mit andern werde ich erkennen, dass meine alte Identitätstirbt, dass ich daran bin, Altes loszulassen, um mehr und mehr ich selbst zu werden. Ich darf vertrauen: Nur die Traumdeutung stimmt, die sich in meinem Herzen stimmig anfühlt.
Vorstellungen, die verletzend werden
Die stoische Philosophie hat einen Satz geprägt, der uns auf den ersten Blick allzu rational erscheint: »Keiner kann dich verletzen außer du selbst. Nicht die Menschen verletzen dich, sondern die dogmata (die Bilder, die Vorstellungen), die du vom Menschen hast, verletzen dich.« Weil wir vom andern falsche Bilder haben, fühlen wir uns oft von ihm verletzt, obwohl er das gar nicht möchte. Ein Beispiel: Der Mann kommt müde von der Arbeit nach Hause. Er denkt: Die Frau müsste doch merken, dass ich müde bin und meine Ruhe brauche. Doch die Frau macht ihn aufmerksam auf Reparaturarbeiten, die im Keller oder in der Küche anstehen. Er fühlt sich von seiner Frau verletzt, überfordert. Und der Ärger in ihm wächst. Er denkt, die andern würden nicht sehen, wie es ihm geht. Die Frau hat sich den ganzen Tag um die Kinder gekümmert. Wenn der Mann kommt, denkt sie: Der könnte sich jetzt auch endlich mal mit den Kindern abgeben. Doch er tut es nicht. Die Frau fühlt sich vom Mann verletzt. Die Vorstellung, die sie von ihm hatte, ist nicht erfüllt worden. Die Frau erwartet vom Mann, dass er sie wahrnimmt. Und der Mannerwartet von der Frau, dass sie sich in ihn einfühlt und ihn fragt, wie es ihm geht. Er kommt mit dem Bild nach Hause, daheim eine liebende Frau zu haben, die ihn tröstet. Wolfgang Schmidbauer meinte einmal in einem Vortrag, manche Männer würden ihre Frauen als Naherholungsgebiet sehen. Sie kämen mit dem Bild nach Hause, sich bei ihrer einfühlsamen Frau erholen zu können. Doch diese Vorstellung wird ständig enttäuscht. Denn die Frau ist seine Partnerin, die ihm gegenüber steht, die auch Erwartungen an ihn hat. Sie erwartet vom Mann, dass er sie wahrnimmt mit ihren Bedürfnissen, dass er sie schätzt. Die Verschiedenheit der Vorstellungen, die Mann und Frau von einander haben, ist oft die Ursache von Konflikten, von Streitereien oder aber der Auslöser einer langsamen Entfremdung. Die Bilder sind nicht kompatibel. Sie stimmen nicht überein. So laufen die inneren
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