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Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Titel: Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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von der Stiefmutter die Rede. Das sind nicht nur Bezeichnungen für Väter und Mütter, die nicht die eigentlichen Eltern der Kinder sind, weil sie nach dem Tod eines Ehepartners diese Rolle für die Kinder übernommen haben. Die Märchen beschreiben in der Stiefmutter oft ein negatives Bild: die böse Mutter, die eifersüchtige Mutter, die ablehnende Mutter. Die Kinder erleben die Stiefmutter als feindselig. Sie fühlen sich ihrer eigenen fürsorglichen Mutter beraubt und haben nun eine Mutter bekommen, die das Kind nicht fördert, sondern es erniedrigt und oft auch verfolgt, ja sogar vergiftet, wie das berühmte Märchen von Schneewittchen erzählt. In Gesprächen höre ich oft von ähnlichen Erfahrungen. Da haben Stiefmütter oder Stiefväter kein gutes Haar an der Tochter oder am Sohn gelassen. Sie wurden zurückgesetzt, geschlagen, als Rivalen abgelehnt und bekämpft. Solche Bilder des Stiefvaters oder der Stiefmutter prägen sich tief ein und hindern den Menschen daran, ein gesundes Selbstbild zu entwickeln. Doch auf der anderen Seite sind wir auch nicht festgelegt durch solche Elternbilder. Wir müssen sie erkennen, um uns von ihnen zu distanzieren. Dann erst werden wir fähig, unser eigenes Selbstbild zu entdecken. Bei der Suche nach dem eigenen Bild werden wir allerdings immer wieder erfahren, wie hartnäckig die alten Bilder noch in unsrer Seele verblieben sind und sich immer wieder zu Wort melden.
     
    Natürlich gibt es auch die vielen Stiefväter und Stiefmütter, die eine gute Beziehung zu ihren Stiefkindern aufbauen. Ein Mann erzählte, dass er seinen Stiefvater zuerst abgelehnt habe. Er war letztlich eifersüchtig auf ihn, weiler ihm die Mutter weggenommen hatte. Doch der Vater hat diese Ablehnung ausgehalten und sich trotzdem um den Sohn angenommen. Als guter Handwerker hat er ihn begeistern können, selbst etwas zu basteln. Und er hat ihn – als das Vertrauen gewachsen war – auf Fahrradtouren mitgenommen. So konnte er an seinem Stiefvater seine eigene männliche Identität finden. Und er hat seinen Hass auf den eigenen Vater, der ihn im Stich gelassen hat, loslassen können. Sein eigenes Bild als Mann hat er eher vom Stiefvater übernommen als vom eigentlichen Vater.
     
    ÜBUNG:
Welche Vater- und Mutterbilder tauchen in dir auf? Lass alle Bilder auftauchen, die Bilder, die dich belasten, aber auch die Bilder, die dir gut tun. Und wenn dir nur negative Bilder von Vater und Mutter einfallen, dann stelle dir vor: Wie hat mein Vater sein Leben verstanden? Warum hat er sich selbst so gesehen und so verhalten? Was war seine Strategie, mit der er sein Leben auf seine Weise gemeistert hat? Und wie hat meine Mutter sich selbst gesehen? Welche inneren Bilder hat sie mitgebracht von ihrer eigenen Kindheit? Wie ist sie damit umgegangen? Wie hat sie damit ihr Leben bewältigt? Stelle dir vor, dass die anziehenden Vater- und Mutterbilder sich in dich einbilden, damit du von ihrer Kraft und ihrer Lebenserfahrung und von ihrem Glauben her leben kannst, dass du aus den gesunden Wurzeln deiner Eltern die Kraft beziehst, die du für dein Leben brauchst. Und versuche, hinter die schwierigen Vater- und Mutterbilder zu schauen und die Lebensphilosophie deiner Eltern zu entdecken. Vielleicht hilft sie dir, mit deinem Gewordensein aktiv umzugehen und auf
dem Hintergrund all dieser Elternbilder dein eigenes Bild zu entdecken, das Anteile der Eltern in sich birgt und das doch in sich einmalig und einzigartig ist.

7.
Vorbilder und Urbilder
     
     

 
    Heute hört man oft die Klage, dass die Jugend keine Vorbilder mehr hat, denen sie nacheifern kann. In der Erziehung spricht man von der heilsamen Wirkung von Vorbildern. Dabei geht es nicht darum, die Vorbilder zu kopieren. Vielmehr können wir durch ein Vorbild mit den eigenen Bildern in Berührung kommen, die in unserer Seele bereit liegen. Menschen, die für uns ein Vorbild sind, zeigen uns, welche Möglichkeiten auch in uns stecken. Die Gefahr des Vorbildes ist, dass wir es kopieren und dabei unsere eigene Identität verleugnen. Die Vorbilder haben die Aufgabe, uns anzuspornen, unsere Talente und Möglichkeiten zu verwirklichen, nicht zu klein von uns zu denken, sondern mit unseren Stärken in Berührung zu kommen. Die Vorbilder sollen sich in uns einbilden, damit wir mit dem einmaligen Bild in Berührung kommen, das Gott sich von uns gemacht hat.
     
    Die Pädagogik hat jahrhundertelang das Vorbild der Eltern und Erzieher als das eigentliche Erziehungsmittel

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