Die Heimkehr Der Tochter
zusammen und wandte den Blick ab. Die Muskeln in seinem Kiefer arbeiteten. Als er Nan wieder ansah, bemerkte sie sein Schwanken zwischen Zögern und zornigem Ausbruch.
„Sie wurde vergewaltigt", erklärte er schließlich mit ausdrucksloser Stimme. „Genau acht Monate und dreiundzwanzig Tage vor Maggies Geburt."
„Großer Gott, Jacob!" Nan sank in den nächsten Sessel, als könnten ihre Beine sie nicht mehr tragen. „Das wusste ich nicht. Die ganzen Jahre hatte ich keine Ahnung davon!"
„Niemand wusste es. Jedenfalls niemand in dieser Stadt. Eingeweiht sind nur Lily und ich und die Polizei von Houston."
„Es passierte in Houston?"
Er nickte, starrte in die Ferne und nahm nur am Rande wahr, dass Nan seine Hand genommen hatte. „Ich musste zu geschäftlichen Besprechungen nach Houston. Lily hatte mich begleitet, um Einkäufe zu machen. Am Morgen auf dem Weg zu meinem ersten Termin setzte ich sie bei Neiman Marcus ab. Sie kehrte vor mir ins Hotel zurück. Als sie die Tür zu unserem Zimmer aufschloss, drängte ein Mann sie zur Seite."
Jacob presste kopfschüttelnd die Augen zu, als die schmerzlichen Erinnerungen wieder hochkamen. Außer den Polizisten, die den Fall bearbeiteten, hatte er die Geschichte keinem erzählt, doch da er einmal angefangen hatte, konnte er nicht mehr aufhören.
„Sie wehrte sich, aber sie hatte keine Chance. Ich fand sie eine Stunde später, bewusstlos, blutüberströmt und so zusammengeschlagen, dass ich sie kaum wieder erkannt habe. Oh Gott", stöhnte er auf und bedeckte seine Augen mit der freien Hand. „Ich fühle mich so schuldig. Wäre ich doch früher zurückgekehrt, anstatt mit meinem letzten Kunden noch etwas zu trinken, hätte dieser Verbrecher sie nie angerührt. Hätte ich sie doch mitgenommen. Ich hätte sie niemals allein lassen dürfen."
„Jacob, tu das nicht! Mach dir keine Vorwürfe. Du hast nichts falsch gemacht. Die Schuld hat allein dieses Ungeheuer, das Lily überfallen hat, nicht du."
„Das ... das sagte auch die Polizei, aber ..."
„Kein Aber. Sie hatten Recht. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Lily dir keine Schuld gibt." Nan streichelte ihm die Hand und schüttelte traurig den Kopf. „Arme Lily. Kein Wunder, dass sie immer so zart besaitet war. Hat die Polizei den Kerl erwischt, der ihr das angetan hat?"
Er schüttelte stumm den Kopf, und Nan stieß einen angewiderten Laut aus.
„Ich blieb mit Lily in Houston, bis ihre körperlichen Wunden verheilt waren. Wir haben damals alle, sogar Dad, in dem Glauben gelassen, wir würden einen verlängerten Urlaub machen. Lily hätte es nicht ertragen, wenn in Ruby Falls etwas von dem Vorfall bekannt geworden wäre. Aber der psychische Schaden, den dieser Verbrecher ihr zugefügt hatte, machte mir die größten Sorgen. Noch nach unserer Rückkehr lief Lily umher wie ein Zombie. Sie war in einem so desolaten Zustand, dass ich Angst hatte, sie allein zu lassen. Ich fürchtete, sie könnte sich etwas antun."
Jacob schwieg einen Moment versonnen und fuhr fort: „Dann stellte sie fest, dass sie schwanger war, und erwachte augenblicklich aus ihrer Lethargie. Fast so, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Es schien ihr gar nicht in den Sinn zu kommen, dass das Kind von dem Vergewaltiger sein könnte. Ich glaube, sie hat diesen Gedanken innerlich abgeblockt. Und sie war so glücklich, dass ich nicht das Herz hatte, sie auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Ich hatte Angst, sie könnte wieder in Depressionen verfallen."
„Aber du hast dich ständig gefragt, wessen Kind das war, nicht wahr?"
„Ich wollte es nicht. Lily war glücklich. Und es bestand ja auch die Möglichkeit, dass es mein Kind war. Wir hatten seit Monaten versucht, ein Kind zu bekommen. Ich sagte mir, dass die Chancen zu meinen Gunsten standen." Jacob seufzte tief. „Dann wurde Maggie geboren, und ich war fast sicher, dass sie keine Malone ist."
„Wie bist du darauf gekommen?"
„Um Himmels willen, Nan, sieh sie dir doch an! Sie ist eins achtzig groß. Lily und die beiden anderen Mädchen sind klein. Sie ähnelt weder mir noch Lily, noch sonst jemand in der Familie. Dann die roten Haare und die grünen Augen. Niemand in unserer Familie hat so etwas."
„Na und? Das bedeutet gar nichts. Du bist über eins achtzig. Maggie könnte deine Größe geerbt haben. Haar- und Augenfarbe stammen vielleicht aus dem Genpool eines entfernten Vorfahren. Diese Anlagen haben vielleicht ein paar Generationen übersprungen."
„Vielleicht", räumte er
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