Die Heimkehr Der Tochter
Konservenfabrik. Wie immer an Sonntagen lag die Produktionshalle verlassen und still da.
Im Gegensatz zu anderen Fabriken dieser Art, in denen die Maschinen nie still standen, hatte Maggies Urgroßmutter schon vor vielen Jahren entschieden, dass bei Malone nur an sechs Tagen die Woche gearbeitet wurde. Die Pflücker in den Plantagen und die Verwaltungsangestellten hatten die übliche Vierzigstundenwoche. Die Arbeiter in der Konservenfabrik machten drei Zwölfstundenschichten pro Woche. Dadurch bekamen sie ein anständiges Gehalt und hatten trotzdem genügend Freizeit.
„Wir könnten mehr Geld verdienen, wenn wir rund um die Uhr arbeiten ließen, aber die Arbeiter würden einen zu hohen Preis dafür bezahlen. Es ist einfach unnatürlich, dass Menschen nachts arbeiten", hatte ihre Urgroßmutter entschieden. „Außerdem brauchen alle Zeit für ihre Familien."
Maggie stimmte dieser Philosophie zu und amüsierte sich, dass heute viele Firmen ihren Zeitplan übernahmen. Im Moment verursachten ihr die Leere und die unnatürliche Stille in der Produktionshalle jedoch eine Gänsehaut.
Die schwache Notbeleuchtung machte aus den großen Maschinen in der riesigen Halle unheimliche Schattengebilde.
Maggies Blick schweifte forschend durch den höhlenartigen Raum, doch sie konnte nichts Ungewöhnliches entdecken.
Mit leisem ironischen Lachen schwang sie mit dem Sessel wieder herum. „Du lässt dich von der Leere beeindrucken, Mag. Denk dran, du bist in Ruby Falls und nicht in New York." Sie rückte mit dem Sessel näher an den Schreibtisch und widmete sich wieder den auf dem Tisch verteilten Akten.
Bereits nach wenigen Augenblicken war sie völlig in das Prüfen der Zahlenkolonnen versunken. Dann und wann verharrte sie mit dem Zeigefinger an einer Zahl, langte über den Tisch nach einer zweiten Akte und glich die Zahlen gegeneinander ab.
„Was machen Sie denn hier?"
Zu Tode erschrocken fuhr sie mit einem leisen Aufschrei hoch. Ihr Schreibstift flog durch die Luft, während sie aufsprang und endlich Stimme und Gesicht des Mannes an der Tür erkannte.
Eine Hand auf ihr Herz gepresst, ließ sie sich wieder in den Sessel fallen und schloss die Augen. „Grundgütiger Himmel, haben Sie mich erschreckt. Schleichen Sie sich nie wieder so an, mein Bester, sonst bekomme ich eine Herzattacke."
„Ich bin gerade nach Haus gekommen und sah hier oben Licht. Da Jacob zum Arbeiten zu krank ist und Martin keine Überstunden macht, dachte ich mir, ich sehe besser mal nach. Und Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Was tun Sie hier zu dieser Nachtzeit?".
Er war gerade nach Haus gekommen? Maggie warf einen Blick auf die Schreibtischuhr. Fast Mitternacht. Kam er von einem Rendezvous?
Es erstaunte sie, wie unbehaglich ihr dieser Gedanke war. Er ist ein gesunder, heißblütiger Mann in den besten Jahren, er sieht gut aus und ist dazu noch Single. Natürlich hat er Freundinnen. Vielleicht steckte er mitten in einer ernsthaften Beziehung, war möglicherweise sogar verlobt. Was wusste sie schon?
Vielleicht fühlt er sich von dir angezogen, wie du von ihm. Aber diese Anziehung gefällt ihm nicht. Er mag dich nicht. Also halte dich zurück, Mag.
Lügen war nicht ihre Stärke. Außerdem ließen die auf dem Schreibtisch verteilten Akten wenig Zweifel, was sie hier tat. Sie wollte Zeit schinden. Um ihn abzulenken, lehnte sie sich zurück und warf ihm einen langen Blick zu.
„Gibt es ein Problem? Ich bin ein Mitglied der Familie Malone. Warum tun alle so, als hätte ich hier nichts verloren?"
Er antwortete nicht gleich, sondern stand nur da, die kräftigen Hände auf die schmalen Hüften gestemmt, und betrachtete sie forschend.
„Weiß Jacob, dass Sie hier oben sind und herumschnüffeln?"
„Nein. Aber Mom weiß es. Um genau zu sein, bin ich hier, weil sie mich darum gebeten hat."
„Ach ja? Das ist eigenartig. Ich habe nie erlebt, dass Lily sich in die Geschäfte eingemischt hätte."
„Stimmt. Aber da Daddy so krank ist, muss sich jemand aus der Familie um alles kümmern. Da Mom weder entsprechende Erfahrung noch Ausbildung hat, hat sie mich gebeten, einen Blick in die Bücher zu werfen."
Maggie neigte den Kopf leicht zur Seite und überlegte, wie viel sie offenbaren durfte. Letztlich verließ sie sich auf ihren Instinkt. „Ich weiß nicht, ob es Ihnen bewusst ist, aber unsere Profite sinken seit Monaten."
Dan lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen, überkreuzte die Beine an den Knöcheln und verschränkte die Arme
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