Die Heimkehr des Highlanders
den Anschein, dass Anna mit diesem Vorschlag nicht einverstanden war, doch dann nickte sie vage und erwiderte: »Gut, wir machen es zusammen.« Es ärgerte sie, aber sie wusste, dass Robert nicht umzustimmen war. Zu lange hatte er auf diese Gelegenheit gewartet.
Nacheinander krochen sie in die Höhle, Milford voran, dicht gefolgt von seiner Komplizin. Die Höhle machte ihr noch immer Angst, doch schließlich war es das letzte Mal, dass sie sie betreten musste. Wenn Ewan tot war, würde sie mit Robert nach England gehen und dort das feudale Leben einer Offiziersgattin führen.
Der Schrei, den Milford ausstieß, als er den Nebengang betreten hatte, fuhr Anna bis ins Knochenmark. Der Gang war so schmal, dass sie hinter Roberts Rücken nicht erkennen konnte, weshalb er plötzlich fluchte und außer sich war.
»Das ist dein Werk, Weib!«, schrie der Hauptmann aufgebracht. »Du hast MacLaughlin zur Flucht verholfen!«
Bestürzt drängte sie sich an Milford vorbei und erfasste mit einem Blick, dass Ewan fort war; die Reste des groben Strickes hingen am Eisenring.
»Aber … wie ist das möglich?«, stammelte Anna und blickte sich hektisch in dem engen dunklen Gang um, als hoffe sie, Ewan dort irgendwo zu entdecken. »Ich schwöre bei der Seele meiner Mutter, dass ich Ewan nicht befreit habe.«
»Pah, dann hat er sich wohl in Luft aufgelöst! Ich hätte mich nie auf einen Handel mit einem schottischen Weib einlassen sollen, du bist nicht besser als das Gesindel, das deine Landsleute sind.«
Noch immer fassungslos schüttelte Anna den Kopf. »Das ist nicht wahr. Ich will genauso wie du, dass Ewan stirbt. Wenn ich ihm zur Flucht verholfen hätte, hättest du es gemerkt.«
Das schien Milford einzuleuchten. Noch einmal hielt er die Fackel hoch, dann sagte er barsch: »Wir durchsuchen die anderen Nebengänge.«
Anna nickte. In ihrem Kopf überschlugen sich die unterschiedlichsten Gedanken. Sie hatte Ewans Fessel nicht ein einziges Mal berührt, er musste sich aus eigener Kraft befreit haben.
Während Milford die anderen Nebengänge durchsuchte, blieb Anna vor dem Eingang der Höhle stehen und plötzlich griff Angst wie eine kalte Hand nach ihrem Herzen.
Würde Robert sie trotz des gescheiterten Planes mitnehmen und zu seiner Frau machen? Wenn nicht, war ihr Leben besiegelt. Ewan würde nichts unversucht lassen, um ihrer habhaft zu werden und sich fürchterlich an ihr rächen. Und ihr Vater? Wenn er von diesem Verbrechen erfuhr, würde er sie verstoßen und sie wäre vogelfrei – wie die Gesetzlosen, die von ihren Clans verstoßen worden waren und die Wälder unsicher machten.
Mit zerzaustem Haar kehrte Milford schließlich in die Haupthöhle zurück. Er stieß Anna vor sich her, und als sie stolperte und hinfiel, verpasste er ihr einen Fußtritt. Schluchzend kauerte sie auf dem feuchten Höhlenboden, fühlte sich jedoch gleich darauf unsanft in die Höhe gerissen und durch den Ausgang gestoßen.
Die Dornen des Gestrüpps zerrissen Annas Umhang, doch Milfords Zorn war so groß, dass er ihr Flehen um Gnade nicht erhörte.
»Weißt du, was passiert, wenn MacLaughlin zu Colonel Porter rennt?«, schrie er sie an. »Man wird mich aus der Armee werfen, mein Leben ist für immer zerstört. Und all das hab ich einer Frau zu verdanken, die kein Mann anschaut.«
Das war zuviel für Anna, sie robbte zu ihrem sgian dubh , der noch immer auf dem Waldboden lag, erhob sich schwankend und stürzte auf Milford zu, der sich weiterhin wie ein Wilder gebärdete und Gemeinheiten über Anna ausstieß.
Mit wildem Geschrei stürzte sie sich auf ihn; doch er war schneller, sprang geschickt zur Seite, entriss Anna den Dolch und stieß ihn ihr ohne Reue mitten ins Herz.
Für den Bruchteil einer Sekunde sah es so aus, als wäre sie über den Gegenangriff erstaunt, dann verdrehte sie die Augen und sank zu Boden.
Ohne Mitgefühl trat Milford neben die Leiche, spuckte verächtlich darauf und sagte leise: »Hast du gedacht, du könntest mich erledigen, du kleines Miststück? Ein Hauptmann der königlichen Armee lässt sich nicht von einem Weibsbild erstechen.«
Er wandte sich ab, löschte das Lagerfeuer mit einigen Handvoll feuchter Walderde, sammelte seine Sachen zusammen und blickte sich noch einmal um. Nichts sollte darauf hinweisen, dass er es gewesen war, der hier tagelang mit der Schottin gelagert hatte – sollte MacLaughlin ihn tatsächlich verraten, würde er alles abstreiten.
Zu seiner Verwunderung war Ewans Pferd noch da. Er
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