Die Heimkehr des Highlanders
Zweifel. Das wichtigste Indiz dafür sind die Kniehosen, die er trägt – wohl zu tragen gezwungen worden ist. Kein Highlander trägt sie freiwillig!«
Fast unmerklich nickte sie, den Blick fest auf Robin gerichtet. »Ceana hat ihn vermutlich unbeabsichtigt den Engländern zu einer Zeit in die Hände gespielt, in der es keine Clans und keine Tartans mehr geben wird.«
»Eine unmenschliche Zeit für jeden stolzen schottischen Krieger«, ergänzte Robin mit unglücklichem Gesicht. »Aus den Geschichtsbüchern weiß ich, dass sie noch nicht einmal mehr Gälisch, ihre Muttersprache, sprechen dürfen, damit soll ihre jahrhundertealte Kultur vernichtet werden.«
Fröstelnd kauerte sich Joan in den Ohrensessel, vor ihrem geistigen Auge sah sie ihren Mann, wie er und seine Leute verhungerten, an Seuchen zugrunde gingen oder hingerichtet wurden.
»Gütiger Himmel!« In plötzlichem Entsetzen sprang sie auf. »Die Engländer werden erfahren, dass Ewan der Sohn eines Lairds ist, dessen Männer vermutlich an der Schlacht bei Culloden teilgenommen haben. Ich weiß, was mit diesen Männern geschieht. Man wird ihn hinrichten oder verhungern lassen in diesem elenden Gefängnis, in das man ihn verschleppt hat.«
Robin stand auf. »Reiß dich zusammen, ich flehe dich an! Màiri darf deine Verzweiflung nicht bemerken, sonst wird sie Fragen stellen, die ich ihr nicht beantworten möchte – und du sicherlich auch nicht.«
»Sie hat doch schon gemerkt, dass wir ihr etwas verheimlichen«, beklagte Joan, während sich ihre Hände in Robins Jacke krallten. »Ich spüre, dass ich Ewan nie wieder sehen werde, nie wieder.«
Seufzend zuckte Robin mit den Schultern und ballte in ohnmächtiger Wut die Hände zu Fäusten. Wie gern hätte er Joan ein paar tröstende Worte gesagt, ihr Mut und Gottvertrauen zugesprochen. Doch was sollte er sagen?
Ewan war zwar ein gewandter Krieger, ein begnadeter Schwertkämpfer und konnte bei einem Kampf Mann gegen Mann mit Leichtigkeit siegen. Doch einer Horde bis an die Zähne bewaffneter englischer Soldaten war er machtlos ausgeliefert. Joan hatte nicht ganz Unrecht mit ihrer Befürchtung, denn immerhin wusste man im einundzwanzigsten Jahrhundert, dass mit dem letzten blutigen Jakobitenaufstand das Ende der Clans gekommen war.
»Wir müssen etwas unternehmen«, sagte Joan mit tränenerstickter Stimme, ihren Kopf hatte sie an Robins Schulter gebettet. »Wir müssen die Höhle aufsuchen und Ewan aus diesem furchtbaren Verlies holen.«
Er ließ sie ausreden, und als er nicht antwortete, hob sie mit fragender Miene den Kopf. »Was hältst du davon?«
»Nichts, absolut gar nichts, Joan. Bitte sei vernünftig, wir können Ewan nicht helfen. Eine Zeitreise wäre zu gefährlich, darüber haben wir doch ausführlich gesprochen. Und wir werden womöglich nicht bei ihm ankommen.« Als sie Einwände erheben wollte, hob er die Hand.
»Nein, ich werde mich auf keine Diskussionen einlassen, um keinen Preis. Ich würde weiß Gott alles tun, um deinen Mann zu retten, aber in diesem Falle gibt es keine Möglichkeit.«
Als könne er ihre Gedanken lesen, fügte er mit Nachdruck hinzu: »Das Erdloch, das dir für deine Reisen als Zeittunnel diente, hat keine Funktion mehr, wie du selber weißt. Alsovergiss, dort hinzugehen und es zu versuchen.«
»Aber wir können doch nicht einfach abwarten, ohne etwas zu tun.« Mit hängenden Schultern stand sie da. »Ich könnte noch einmal im Broch Kontakt mit Ewan aufnehmen und ihn fragen, in welchem Gefängnis er sich befindet und …«
»Nein!« Robins Antwort war unerbittlich. »Du hast keine Vorstellung davon, wie schwer bewacht diese Gefängnisse sind, teilweise liegen die Festungen sogar auf schwer zugänglichen Inseln. Keinem Menschen gelingt es, hinein zu gelangen oder daraus zu fliehen, ohne von den Wachen gesehen zu werden.« Er stockte. »Ich weiß, wie dir zumute ist, aber wir können wirklich nur darauf hoffen, dass Ewan selbst einen Weg aus der Gefangenschaft findet.«
Joan wollte protestieren, doch da wurde die Tür aufgestoßen; Máiri trat ein, gefolgt von Mìcheal, der die beiden Besucher ungläubig musterte.
»Ich habe es ihm gesagt. Noch konnte ich ihn allerdings nicht davon überzeugen, dass ihr die Wahrheit gesagt habt und tatsächlich aus der Zukunft kommt.«
»O mo chreach !«, stöhnte Mìcheal verzweifelt. »Sagt, dass es nicht wahr ist, dass ihr Màiri nur foppen wolltet.«
Robin warf Joan einen fragenden Seitenblick zu, dann wandte er sich an
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