Die Heimkehr des Highlanders
zurück, nachdem sie die hölzerne Wanne in der Mitte des Raumes gefüllt hatten. Sogar an ein winziges Stück grober Seife und Leinenhandtücher hatten sie gedacht, was Ewan geradezu beglückte.
Obwohl viele Männer seiner Zeit Wasser nur als durstlöschendes Getränk benutzten, war es für ihn sein Lebtag selbstverständlich gewesen, sich jeden Tag gründlich zu waschen oder ein Bad zu nehmen.
Zuvor hatte Sìn mit mehreren gezielten Hammerschlägen erst die Ketten, dann die Eisenmanschetten zertrümmert. Danach umarmten sie sich freudig. Die Wunden würden heilen und die Schmerzen waren nur noch halb so schlimm.
Die Holzwanne war nicht groß genug, um beide Männer gleichzeitig aufzunehmen, Sìn ließ seinem Freund großzügig den Vortritt. Während Ewan sich mit geschlossenen Augen zurücklehnte und das warme Wasser auf seinem geschundenen Körper genoss, gesellte sich Sìn zu den anderen, die vor der Kate standen und darauf warteten, mehr über die Flucht zu erfahren.
Eine der Frauen warf einen Blick auf Sìns blutverkrustete Fesseln, eilte davon und kam kurz darauf mit einem Tiegel Salbe zurück.
»Nehmt dies für Eure Wunden«, sagte sie. »Sicher lassen sich auch noch Leinenstreifen auftreiben, um Euch zu verbinden.«
Stumm vor Rührung nickte Sìn, diese Hilfsbereitschaft hatte er nicht erwartet. Die verdammten Sasannach konnten Gesetze erlassen und Verbote aufstellen, so viel sie wollten – den Zusammenhalt der Highlander würden sie jedoch niemals untergraben können!
Als Ewan schließlich aus der Kate trat, ging ein Raunen durch die Reihen der Frauen, denn er hatte sich in kurzer Zeit vom zotteligen, vor Schmutz starrenden Sträfling in einen schönen Mann mit glatt rasiertem Kinn und welligem langem Haar verwandelt. Die Kleidung, die er nun trug, war zwar einfach, jedoch sauber und ohne Risse – nur die blutigen Male an seinen Fesseln wiesen darauf hin, dass er noch bis vor kurzem ein Gefangener der britischen Krone gewesen war.
»Bist du es wirklich, caraid ?«, rief Sìn in gespieltem Erstaunen. »Die Damenwelt scheint entzückt von dir zu sein.«
Einige der jüngeren Frauen kicherten, während die älteren den schönen Mann mit den edlen Gesichtszügen ungeniert musterten. Sicher, seine Wangen waren hohl und seinem athletischen Körper sah man die Strapazen der vergangenen Wochen und Monate an, aber wenn er in den nächsten Tagen genügend Nahrung zu sich nahm, würde er bald wieder in Hochform sein.
Später saßen alle Bewohner des Tales zusammengepfercht in Sèoras’ Kate, ihre Blicke hingen an den Gästen, die ihnen den Aufenthalt in der Festung anschaulich wiedergaben. Ein um das andere Mal hörte man das unterdrückte Weinen einiger Frauen, in deren Vorstellung ihre verschollenen Männer ebenfalls in einem englischen Gefängnis saßen.
»Doch nun erzählt«, sagte Ewan, als alle Fragen beantwortet waren, die die Leute gestellt hatten. »Wie habt Ihr die Rebellion erlebt?«
Sèoras goss seinen Gästen Bier nach, dann setzte er sich wieder und blickte bekümmert auf seine gichtknotigen Hände. »Zuerst merkten wir nichts von diesem Aufstand, das Tal ist weit abgelegen und wir hatten auch in früheren Zeiten meistens das Glück, nicht von Patrouillen belästigt zu werden. Ein fahrender Händler erzählte uns schließlich, dass Bonnie Prince Charles aus Frankreich eingetroffen sei und eine Armee aufstellen wolle. Die Männer unseres Dorfes waren begeistert, sie meldeten sich unverzüglich bei unserem Laird, der Schmied arbeitete Tag und Nacht, um Schwerter und Schilde herzustellen.«
Er warf einen flüchtigen Blick auf die Frauen, in deren Augen Tränen glänzten.
»Keiner der Krieger aus unserem Dorf kam zurück«, fuhr Sèoras mit gebrochener Stimme fort. »Kein einziger. Die Frauen begannen, für ihre Männer diese albernen kurzen Hosen zu nähen und versteckten die Plaids ihrer Männer. Man sagt, dass die Rotjacken einen auf der Stelle töten, wenn sie nur ein winziges Stück Tartan finden.«
»So lange ich lebe, werde ich die Sasannach hassen«, sagte Sin schließlich mit ernster Miene. Auch er war nach Bad und Rasur kaum wiederzuerkennen.
Sèoras protestierte, als seine Gäste bei Anbruch der Dämmerung weiterziehen wollten; er bedrängte sie, wenigstens eine Nacht auf den Schaffellen vor dem Kamin zu verbringen.
Nach kurzer Beratschlagung willigten sie ein. Vor Ewan lag noch ein weiter Weg, der zu bewältigen war, und sie hatten lange keine bequeme Schlafstatt mehr. Sìn war
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