Die Heimkehr des Highlanders
der Meinung, dass es nun auf einen Tag mehr oder weniger nicht ankam, als er Ewans Zögern bemerkte.
Schließlich gaben sie nach und sie versorgten vor dem Schlafengehen noch einmal ihre Wunden mit der Salbe, bevor sie sie mit Leinenstreifen verbanden. Die Frau, von der die Salbe stammte, hatte nicht zuviel versprochen, als sie behauptete, dass sie nicht nur Heilung bringen, sondern auch den Schmerz lindern würde.
18. Kapitel
Mit gerunzelter Miene saß Màiri wie so oft vor Ceanas Rezeptbuch und versuchte, die verblasste und teilweise verwischte Schrift zu entziffern. Hin und wieder warf sie einen besorgten Blick zu Joan, die es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, stundenlang aus dem Fenster zu starren, wenn sie sich in Màiris Webkammer befand.
Es war der sechste Tag nach Ewans Verschwinden und Dòmhnall verlangte immer öfter nach seinem Sohn – ja, er dachte sogar daran, einen seiner Männer nach Barwick Castle zu schicken, um Ewan zurückzuholen und ihn an seine Pflichten zu erinnern.
»Soll ich dir einen Becher warme Milch aus der Küche holen?«, bot Màiri an, die das Elend ihrer Schwägerin kaum noch ertragen konnte. Sie selbst war auch bekümmert, schließlich liebte sie ihren Bruder, doch sie konnte erahnen, was es hieß, den geliebten Mann zu vermissen.
»Nein danke, ich mag jetzt nichts trinken, mir würde nur übel davon werden.« Sie reckte ihren Hals. »Welches Rezept liest du da eigentlich?«
Màiri konnte nicht verhindern, dass sie rot bis zu den Haarwurzeln wurde. Sie hob die Schultern und erwiderte lässig: »Och, nichts Besonderes. Ceana hat mehrere Seiten über Frauenheilkunde geschrieben …«
»Trägst du dich schon wieder mit dem Gedanken, ein Kind von Mìcheal zu bekommen?« Joans Stimme klang leicht tadelnd, doch zumindest trat zu Màiris Erleichterung für einen kurzen Moment die Sorge um Ewan in den Hintergrund. »Du weißt, was Vater dazu sagen würde.«
Zerknirscht senkte Màiri das Haupt. »Aye, das ist mir klar. Aber der Wunsch nach einem Kind von Mìcheal wird immer größer und mächtiger. Er selbst hat erst kürzlich angedeutet, wie sehr er sich freuen würde, endlich Vater werden zu dürfen. Immerhin werde ich bald 34 Jahre alt.«
Im Gegensatz zu seiner Liebsten war der Neffe von Laird Crìsdean MacGannor niemals verheiratet gewesen, auch wenn den gut aussehenden kräftigen Mann die Frauen umschwärmten. Erst die sanfte, dunkelhaarige Màiri hatte sein Herz zum Schwingen gebracht und die Tatsache, dass sie einem anderen Mann gehörte, hatte ihn schier verzweifeln lassen.
Doch nun war Tèarlach fort. Er war in die Berge zu der Frau gegangen, die er liebte, und nur sporadisch machte er sich auf den Weg nach Glenbharr Castle, um seine Söhne Andra und Klein-Ewan zu besuchen.
»Sag, wie war es bei dir?« Màiri rückte näher, da sich Joan endlich an den Tisch gesetzt hatte, wo die beiden Frauen eigentlich an ihren Webrahmen arbeiten wollten. »Als du feststelltest, dass du meinen Bruder liebst – ist da nicht auch der Wunsch nach einem Kind von ihm erwacht?«
Mit schiefem Lächeln erwiderte Joan: »Während meines Aufenthaltes im Jahre 2005 war ich nur von dem Gedanken beseelt, ihn wiederzusehen … und die Zeit in der unwirtlichen Kate war auch nicht angetan, an die Gründung einer Familie zu denken.« Sie schluckte. »In der ersten Nacht, die ich in Ewans Armen in der Burg verbrachte, wurde ich schwanger, ich fühlte es ganz deutlich.«
»Wie romantisch.« Màiri blickte verträumt ins Kaminfeuer, dann seufzte sie tief, klappte das Buch vorsichtig zu und zog ihren Webrahmen zu sich heran. Als Joan Anstalten machte, sich zu erheben, erinnerte Màiri sie daran, es ihr gleich zu tun. »Wenn Ewan heimkommt, werden wir es früh genug erfahren.«
Noch bevor sich Joan über ihren Webrahmen beugen konnte, wurde angeklopft, und wenige Sekunden später erschien Marion mit ihrem Enkel auf dem Arm. »Hier hat jemand Sehnsucht nach seiner Mutter.«
Sie drückte dem Knirps einen Kuss auf die Wange und reichte ihn an ihre Tochter weiter, bevor sie sich ebenfalls an den Tisch setzte.
»Wo ist Robin? Ich hab ihn seit dem Frühstück nicht gesehen.«
»Heute Vormittag hat er Dòmhnall auf die Weiden in den Bergen begleitet, um ihm beim Abtrieb des Viehs zu helfen«, berichtete Marion. »Und nun sitzen sie in der Bibliothek und spielen Schach, das beide meisterlich beherrschen.« Sie hielt inne, und Joan ahnte, dass ihre Mutter noch etwas zu sagen hatte.
»Vorhin schnappte ich
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