Die Heimkehr des Highlanders
die andere, bis sie einen tadelnden Blick ihrer Schwester auffing und mit ihrer Arbeit fortfuhr. »Glaubt ihr, dass sie hübscher als Màiri ist?«
»Wer weiß das schon?« Màiris Stimme klang wie üblich sanft. »Ich wünsche ihm alles Glück der Welt, und Vaters Segen hat er auch.«
»Würdest du auch so reagieren, wenn es Mìcheal nicht gäbe?«, hakte Darla nach, worauf Marion einwarf, dass Màiri auch ohne ihren Liebsten mit Tèarlach nicht glücklich gewesen wäre.
»Wie du weißt, war es keine Liebesheirat, sondern diente dem Zweck, Tèarlachs Clan mit den MacLaughlins zusammenzuführen.« Unbewusst übernahm Marion immer mehr die Mutterrolle für die jüngste Tochter des Laird. »Du kannst dich glücklich schätzen, dass du deinen Mann nach dem Herzen wählen konntest – dieses Glück hatte deine Schwester leider nicht.«
Darla zwinkerte Joan verschwörerisch zu. »Ewan hat ebenfalls nach seinem Herzen wählen dürfen, aye? Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass Vater dieser Heirat zustimmt.«
Niemandem fiel Joans traurige Miene auf; die anderen plauderten über Ewan, als wäre das Schreckliche nicht passiert. Gleichzeitig wusste sie allerdings, dass Marion und Màiri nur so unbekümmert redeten, damit Darla nicht misstrauisch wurde.
Als diese zu allem Übel auch noch fragte, wann ihr Bruder denn nun endlich heimkäme, damit das Festessen zu Ehren ihrer Schwangerschaft stattfinden konnte, war es mit Joans Beherrschung vorbei. Sie sprang auf, murmelte eine Entschuldigung und verließ fluchtartig die Webkammer.
Erst auf dem Gang vor Màiris Gemächern blieb Joan stehen, schwer atmend lehnte sie sich gegen die Wand und schloss die Augen. Lange hielt sie es nicht mehr aus, zu tun, als erwarte sie jeden Augenblick Ewans Ankunft.
Minutenlang stand sie so bewegungslos da und war froh, dass ihr niemand gefolgt war.
Ein Geräusch auf dem Burghof ließ Joan schließlich aufhorchen. Jemand ritt in den Hof. Eilig stürzte sie zum Fenster – denn dieser Jemand war womöglich Ewan.
Der Mann machte den Eindruck eines Boten. Vom Fenster aus konnte Joan beobachten, wie der Besucher abstieg, sein Pferd einem der Stallburschen übergab und dann zum Hauptportal eilte.
Auf Zehenspitzen schlich sich Joan zur Treppe, die direkt in die Eingangshalle führte. Ja, es war tatsächlich ein Kurier aus Edinburgh, der eine dringende Mitteilung für den Laird of Glenbharr hatte.
Ängstlich fragte sich Joan, ob er eine Nachricht von Ewan überbringen würde, doch schnell verwarf sie diesen Gedanken, wandte sich ab, bevor man sie beim Lauschen ertappen konnte und begab sich wieder in die Webkammer, um die anderen Frauen von der Ankunft des Boten zu unterrichten.
Màiris Herz klopfte, als ihr Vater sie kurz darauf zu sich bestellte. Seiner verschlossenen Miene war weder zu entnehmen, was er dachte noch welche Neuigkeiten er für seine Tochter hatte.
Vor sich auf dem mächtigen Schreibtisch hatte Dòmhnall eine Dokumentenrolle liegen, die er immer wieder betrachtete, bevor er den Kopf hob und seine Tochter aufmerksam musterte.
»Ich habe eine Nachricht für dich«, sagte er schließlich, und noch bevor Màiri eine Frage stellen konnte, fügte er mit Nachdruck hinzu: »Aus Rom, mo nighean.«
»Aus Rom«, echote sie tonlos, ihre kleine Hand fuhr dabei unwillkürlich an die Kehle. Sie starrte ihren Vater an, dessen Augen plötzlich lächelten.
»Aye, der Papst willigt in die Scheidung ein, du kannst deinen Mìcheal also heiraten.«
In Màiris Ohren rauschte es. Ihr wurde schwindlig. Sie konnte es kaum fassen. Erst allmählich legte sich der Schock: Sie war frei – frei für den Mann, den sie liebte!
»Es ist kein Scherz, aye?«, erkundigte sie sich vorsichtig, bevor sie ihre Freude und Erleichterung zeigte.
Kopfschüttelnd schob Dòmhnall seiner Tochter das zartgelbe Dokument, dessen Enden noch immer gerollt waren, über den Tisch.
Da stand es in klaren, geschwungenen Buchstaben: Die am 4. Juni im Jahre des Herrn 1722 geschlossene Ehe zwischen Màiri MacLaughlin und Tèarlach Simmons wurde aufgrund von Nichteinhaltung ehelicher Pflichten annulliert, unterschrieben und besiegelt von Papst Clemens XII.
19. Kapitel
Ihre Umarmung war innig, minutenlang standen sie sich danach gegenüber und blickten sich stumm an, denn sie wussten, dass sie sich nie wiedersehen würden. Hier an dieser Weggabelung trennten sich unwiderruflich ihre Wege.
Sie waren nach einer durchschlafenen Nacht in Sèoras’ Kate gestärkt
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