Die Heimkehr des Highlanders
kleine Tal zu ihren Füßen. Dort unten gab es noch Menschen, die rauchenden Schornsteine der Steinkaten zeugten davon.
»Das müsste das Gebiet des Menzie Clans sein«, mutmaßte Ewan, nachdem er sich ein genaueres Bild von der Umgebung gemacht hatte. »Ein kleiner Clan, der sich in früheren Schlachten den MacDonalds of Galbraithe angeschlossen hat.«
Sìn wiegte seinen mächtigen Schädel. »Aye, aber ich weiß nicht, auf welcher Seite die Leute bei der letzten Rebellion gestanden haben. Wollen wir es wagen, sie um Hilfe zu bitten?«
»Uns bleibt keine andere Wahl. Wir müssen die Ketten loswerden, brauchen saubere Kleidung und Nahrung. In diesem Aufzug nimmt uns jede Patrouille auf der Stelle fest.«
Langsam gingen sie schließlich den Abhang hinunter, die Augen fest auf die kleinen Häuschen gerichtet; immerhin konnte sich jederzeit eine der Türen öffnen und sich der Lauf einer Muskete auf die Ankömmlinge richten. Dass man sie durch die Fensterluken beobachtete, war dabei beiden Männern klar.
Sie hatten fast die erste Kate erreicht, als ein alter Mann hinter der Mauer hervorsprang und rief: »Halt, keinen Schritt weiter, wenn Euch Euer Leben lieb ist!«
»Habt keine Angst!«, rief Ewan zurück. »Seht, wir sind unbewaffnet, konnten den Sasannach in letzter Minute entkommen, bevor sie uns in die Kolonien verschifften!«
Nur zögernd trat der alte Mann aus dem Schatten, seine Miene war noch immer skeptisch, jedoch schien seine Neugierde größer zu sein als sein Misstrauen. »Woher kommt Ihr?«
»Von der Festung An Baghasdal.«
Der Blick des Mannes glitt zu den Fußketten, die die beiden Fremden aneinander fesselten. »Das ist oben an der Küste. Wie habt Ihr es bis hierher geschafft?«
»Es war ein langer harter Marsch«, erhob nun Sìn seine Stimme. »Wie Ihr seht, sind wir mehr tot als lebendig.« Zur Unterstreichung seiner Worte hob er sein schmutziges Hemd an, sodass man seine Rippen und den eingefallenen Bauch erkennen konnte. »Wir bitten Euch um etwas Essen und Werkzeug, damit wir diese elenden Ketten entfernen können.«
Noch zögerte der alte Mann. »Wir haben selbst kaum etwas zu essen, alle Männer bis auf ein paar Greise sind bei Culloden gefallen. Habt Ihr dort auch gekämpft?«
Die beiden bejahten, und erst danach zeigte sich der alte Mann bereit, sie in seine Kate einzulassen. Nachdem er einen Krug Schafsmilch und ein großes Stück Käse auf den wackeligen Tisch gestellt hatte, sagte er: »Ich werde sehen, ob ich saubere Kleidung und einen Hammer für Euch auftreiben kann. Ähm … falls Ihr versuchen solltet, etwas zu stehlen, werde ich von meinem sgian dubh Gebrauch machen.«
Er wies beiläufig auf seinen durchlöcherten Strumpf. Auch er hatte die traditionelle Highlanderkluft ablegen müssen, stattdessen steckten seine dünnen Beine nun in einer groben Leinenhose, die unterhalb der Knie mit einem Strick zusammen gebunden war.
Sìn und Ewan waren noch nicht fertig mit ihrer kargen Mahlzeit, als der alte Mann, der sich Sèoras nannte, mit ein paar Frauen zurückkam, hinter deren Röcke sich eine Schar neugieriger Kinder verbarg.
Sie brachten nicht nur Kleidung, sondern auch Brot, Bier und die traditionellen Haferplätzchen mit.
»Ihr müsst völlig ausgehungert sein«, bemerkte eine der Frauen und schob verlegen lächelnd einige Kleidungsstücke über den Tisch. »Nehmt dies, ich habe die Sachen für meinen Mann genäht, falls er jemals zurückkommt.« Ihr Lächeln erstarb. »Jeden Abend bete ich, aber ich fürchte, er braucht sie nicht mehr.«
Sìn und Ewan wechselten einen betretenen Blick. Wie viele Frauen mochte es wohl in den Highlands geben, die vergeblich darauf warteten, dass ihre Männer eines Tages wieder auftauchten?
Nachdem sie sich satt gegessen hatten, bemerkte Sèoras, dass er in der verlassenen Schmiede des Ortes alles gefunden hatte, was man zum Entfernen der Fußfesseln brauchte, was Sín einen freudigen Ausruf entlockte.
»Wohin führt Euch Euer Weg?« Der alte Mann war eindeutig der Wortführer der zusammengeschrumpften Gemeinde. »Benutzt nicht die Wege, hier in der Gegend wimmelt es von Rotjacken, die Ausschau nach entlaufenen Sträflingen und der Schlacht entkommenen Kriegern halten.«
Beide gaben bereitwillig Auskunft. Sìns Clan lebte etwa einen Tagesmarsch von dem Tal entfernt, während Ewan noch einen Marsch von vielen Meilen vor sich hatte.
Die Frauen trugen Eimer mit über Kesseln erwärmtem Wasser in die Hütte und zogen sich dann diskret
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