Die heimliche Gemahlin
Zunge ihr Ohr liebkosen. „Den lächerlich geringen Preis zahle ich wahrlich gern für das Privileg, dich zu küssen.“ Sanft biss er ihr ins Ohrläppchen. „Oh, Liebes, du weckst einen unstillbaren Hunger in mir. Wie lange sehne ich mich schon danach, dich zu besitzen ...“
Helena stellte sich vor, dass er sie am ganzen Körper so küsste und liebkoste. Der Gedanke quälte sie und begann dann aber, sie zu ärgern. Nackte Frauen jeder Art waren ja bekanntermaßen Daniels Spezialität. „Dasselbe erzählst du sicherlich auch deinen leichten Mädchen.“
„Vertrau mir, Süße, du bist die angesehenste Dame, die ich jemals geküsst habe, und die Einzige, die ich je mit Worten für mich zu gewinnen suchte.“
War sie für ihn nichts als eine gesellschaftsfähige Eroberung? Verwirrt wollte sie von ihm abrücken, doch er hielt sie fest. Dann umfasste er ihr Gesicht und zwang sie, ihn anzusehen. „Aber vielleicht sollte ich die Rederei lieber lassen, weil du mich doch nur falsch verstehst.“ Zärtlich küsste er sie auf die Nasenspitze und flüsterte: „Lass dich ausnahmsweise einmal allein von deinem Gefühl leiten. Nur deinem Gefühl.“
Dann fanden seine Lippen erneut die ihren. Wieder ließ er ihr die Zunge zwischen die Lippen gleiten und eroberte ihren Mund, bis Helena am ganzen Körper zitterte. Wie sie diese Küsse genoss! Er war ein echter Meister dieser Kunst!
Besonders, wenn er sie langsam und zärtlich küsste, als ob es nichts auf der Welt gäbe, was ihn davon abhalten könnte. Wahrscheinlich glaubte er tatsächlich, jedes Recht dazu zu besitzen. Kein Wunder, schließlich gestattete sie ihm diese schamlosen Intimitäten ohne jede Gegenwehr. Die eine Hand fest um ihren Hinterkopf gelegt, zog er sie eng an sich heran und küsste sie immer fordernder, härter, leidenschaftlicher.
Ihr stockte der Atem, und sie konnte nicht anders, als sich ihm ganz hinzugeben.
Ein Klopfen an der Tür zerstörte den fesselnden Zauber des Augenblicks. „Sir?“ hörten die beiden eine männliche Stimme von draußen rufen. „Ist Ihre Gemahlin wohlauf?“ Eilig rutschte Helena von Daniels Schoß, obgleich sie noch immer sein Revers umklammert hielt.
„Verdammt, der Wirt“, schimpfte Daniel leise. „Es geht ihr gut!“ Unverwandt blickte er sie an. „Du bist doch immer für eine Überraschung gut, meine Liebe“, erklärte er dann. „Vielleicht kannst du nicht reiten, aber vom Küssen verstehst du etwas - und zwar weit mehr, als man von einer so hochwohlgeborenen Dame erwarten dürfte.“
Der unverhohlene Triumph seiner Worte beschämte sie. Sie wollte aufstehen, sank aber gleich wieder zu Boden. Fluchend hob Daniel sie auf, als würde sie kaum mehr als eine Feder wiegen, und setzte sie gleich darauf wieder aufs Sofa neben sich.
„Bleib da“, befahl er.
Es klopfte erneut. „Kann ich Ihnen irgendetwas bringen?“ fragte der Wirt nun.
„In der Tat“, antwortete Daniel. „Treten Sie bitte ein.“ Mit gesenktem Blick saß Helena da, als der Wirt hereinkam. Ihr war peinlich bewusst, welches Bild sie mit dem zerzausten Haar und zerdrückten Kleid abgeben musste.
Am liebsten hätte sie das Gesicht in einem Taschentuch verborgen, aber das hätte den gesamten Eindruck nur verschlimmert. Als sie dann auch noch ihren Hut auf dem Fußboden entdeckte, war es um ihre Fassung ganz geschehen.
Der pockengesichtige Mann schenkte dem Paar ein wissendes Lächeln. „Sie können gern ein Zimmer für die Nacht haben, Sir“, bot er eilfertig an. „Oben ist ein hübscher Raum mit ...“
„Leider ist uns ein längerer Aufenthalt nicht möglich.“ Daniel schaute Helena kurz prüfend an. „Allerdings können wir nicht zu Pferd Weiterreisen. Kann ich bei Ihnen eine Kutsche oder ein Gig mieten?“
„Wir haben eine Kutsche und ein ansehnliches Gespann dafür. Der Fahrer wird sofort bereitstehen, wenn Sie aufbrechen wollen.“
„Ausgezeichnet, danke. Lassen Sie also anspannen. Ich komme dann gleich hinaus.“
Mit einem knappen Nicken verließ der Wirt das Zimmer. Daniel nahm wieder auf dem Sofa Platz und bedachte Helena mit einem viel sagenden Blick. „Das ist deine letzte Chance.“
Unsicher blinzelte sie zu ihm auf. „In welcher Hinsicht?“ „Nach London zurückzukehren. Mit der Kutsche schaffst du es in wenigen Stunden.“
„Ich habe dir doch schon erklärt, dass ich nicht umzukehren gedenke. Weshalb hätte ich es mir jetzt anders überlegen sollen?“ erkundigte sie sich.
Er betrachtete ihren Mund, als nähme
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