Die heimliche Gemahlin
er Maß. „Weil ich dir keinesfalls versprechen kann, dass ich dich nicht erneut küssen werde.“
Schockiert holte sie Luft. Himmel! Eine solche Offenheit konnte eine Frau wirklich zur Verzweiflung treiben! Oder aber ihre Fantasie gefährlich anregen ...
Dennoch ärgerte es sie, dass der Kerl sich seiner Sache so sicher schien. „Ich kann dir versprechen, dass ich dich gegebenenfalls davon abhalten werde.“
Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen. „Tatsächlich?“ Er hob den am Boden liegenden Hut auf und überreichte ihn ihr. Doch als sie die Hand danach ausstreckte, ergriff er diese und küsste sie.
Ihr zitterten die Finger, als er die Lippen erst über den Handrücken, die Handfläche und schließlich hinauf zum Gelenk streichen ließ. Ihr Puls raste unter diesen Berührungen.
Endlich gab er ihre Hand frei und richtete sich auf. Es lag ein solches Verlangen in seinen Augen, dass ihr kalte Schauer über den Rücken zu laufen schienen. „Falls du auch nur für einen Augenblick annehmen solltest, dass du dich meiner tatsächlich erwehren könntest, Teuerste, kennst du mich schlecht. Oder dich selbst“, erklärte er.
Fassungslos starrte sie ihn an. Ihr wollte beim besten Willen keine Erwiderung einfallen.
Doch er hatte offensichtlich keine Antwort erwartet, denn er nickte gleich darauf kurz. „Nun gut.“ Er erhob sich und ging hinüber zur Tür. „Du wartest hier. Sobald die Pferde angespannt sind, trage ich dich hinaus zur Kutsche.“
Grundgütiger, die Kutsche! Jetzt musste sie also Stund um Stund allein mit ihm in einer Chaise sitzen! Zu welchem Wahnsinn würde sie dieser pikante Umstand wohl als Nächstes treiben?
8. KAPITEL
Die Kutsche schaukelte über die Landstraße in Richtung Tunbridge. Versonnen beobachtete Daniel Helena, die ihm gegenüber auf dem Sitz saß und eingenickt war. Kaum waren sie aufgebrochen, hatte sie auch schon der Schlaf übermannt. Der lange Ritt musste sie vollkommen erschöpft haben. Er selbst hatte während der ganzen Fahrt nicht den Blick von ihr abwenden können. Schlafend und vom letzten goldenen Sonnenlicht geküsst, das durch die Fenster des Wagenverschlags fiel, wirkte sie noch schöner als sonst. Am liebsten hätte er es der Sonne gleichgetan.
Von welch schlanker Gestalt Helena war. Sie wirkte so zerbrechlich, dass er sich fragte, woher er den Mut nahm, sie überhaupt derart stürmisch zu küssen. Selbst im Traum strahlte ihre Haltung unübersehbare Eleganz aus. Er sehnte sich so sehr danach, ihr sanft übers Haar zu streichen. Aber das wäre zweifellos ein Fehler gewesen - genau wie der Kuss im Gasthof. Er hatte dabei unter der damenhaften äußeren Erscheinung eine Frau aus Fleisch und Blut entdeckt, voll Verlangen und verborgenen Wünschen. Außerdem besaß sie den entzückendsten und zartesten Mund der Welt. „Verdammt“, fluchte er leise, denn allein der Gedanke entfachte erneut Verlangen in ihm. Noch immer glaubte er, die Berührung ihrer weichen Lippen auf den seinen zu spüren. Wie gern würde er ihren Mund noch einmal auf dem seinen fühlen! Er wollte jeden Zoll ihres Körpers besitzen. Und wenn auch nur aus dem Grund, ihr zu beweisen, dass sie ihn niemals davon abhalten würde, sie erneut zu umarmen.
Doch das war viel zu gefährlich. Ein Kuss mochte zu anderen Dingen führen. Selbst die wohlerzogenste Dame konnte unter günstigen Umständen vom rechten Wege abkommen. Dann aber würde der Ärger erst richtig beginnen.
Kein Mann, der auch nur für zwei Penny Verstand besaß, verführte einen kleinen Moralapostel wie Helena. Zweifellos würde sie nicht eine Sekunde zögern, ihn hinterher bei all seinen Kunden anzuschwärzen. Selbstverständlich ohne dabei zu erwähnen, dass sie ihm freiwillig ins Bett gefolgt war. Die ein oder andere gezielte Andeutung bezüglich seines dunklen Charakters reichte da völlig aus. Wenn ihr Wort gegen das seine stand, besaß er nicht den Hauch einer Chance.
Nein, er hatte zu hart dafür gearbeitet, sein Londoner Geschäft aufzubauen, als dass er es jetzt für seine fleischlichen Begierden aufs Spiel zu setzen gedachte.
Helena bewegte sich leicht im Schlaf, und Daniel war, als krampfte sich ihm der Magen zusammen. Falls sie ihn allerdings als Gemahl akzeptieren würde ...
Ihm stockte der Atem. Allein die Vorstellung war lächerlich. Sie traute ja nicht einmal den Gentlemen ihrer eigenen Kreise. Von ihm, dem Sohn eines Straßenräubers und ehemaligem Schmuggler, also ganz zu schweigen!
Außerdem, weshalb sollte
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