Die heimliche Gemahlin
zu und versicherten, dass sie selbst niemals so schafsköpfig wären und Helena gut genug für jeden Aristokraten in England sei. Diese aufgeregten Beteuerungen schmeichelten ihr, wenn sie ihnen auch keinen rechten Glauben schenkte. Immerhin saß sie hier mit einer Bande von Schmugglern an einem Tisch. „Danke, danke. Aber jetzt werden Sie sicher verstehen, warum ich Daniel unbedingt heiraten wollte. Er war so reizend zu mir. Die Männer, die Papa für mich aussuchte, waren alle nur hinter meinem Geld her.“ Verschmitzt betrachtete Wallace Daniel aus den Augenwinkeln. „Und woher wussten Sie, dass unser Mr. Brennan hier nicht nur hinter Ihrem Erbe her war?“
Daniel zuckte zusammen, doch sie zögerte keine Sekunde: „Oh, ich vertraute ihm vom ersten Augenblick.“ Die Blicke der beiden trafen sich. „Er ist ein Ehrenmann. Nie im Leben würde er einer Frau nur wegen ihres Geldes den Hof machen.“
Heimlich betete sie, dass er ihre Entschuldigung diesmal akzeptieren würde. Für einige Sekunden wollte es fast so scheinen, denn er lächelte amüsiert.
Dann aber erstarb das Lächeln, und er wurde ernst. „Meine Gattin übertreibt. Sie hat mir keineswegs sofort getraut.“
Die Enttäuschung schmerzte sie tief. Mit einem letzten großen Schluck trank sie das Ale aus, um sich zu trösten. „Nun, was hast du auch erwartet? Deine Geschäfte wirken nicht gerade Vertrauen erweckend, mein Lieber.“
Zu spät bemerkte sie, dass sie damit alle der anwesenden Herren beleidigt hatte.
Doch denen schien dies nichts auszumachen. Tatsächlich brach Mr. Wallace sogar in schallendes Gelächter aus. „Eine kluge Frau! Wie also ist es Mr. Brennan gelungen, Sie umzustimmen?“ Er beugte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: „Hat er schon vor der Hochzeit eine Kissenschlacht mit Ihnen veranstaltet oder erst hinterher?“ „Selbstverständlich nicht“, entgegnete sie leise und rückte ab. „Ich ... nun ... er bat Papa um meine Hand. Als mein Vater drohte, mich zu enterben, floh Daniel mit mir. Ihm war es vollkommen gleich, ob ich eine Mitgift hatte. Deshalb wusste ich, dass er mein Vertrauen wert ist.“
„Ich sagte doch, sie versteht es, die Geschichte weit amüsanter zu berichten als ich“, verkündete Daniel. „Meine Gattin ist die geborene Geschichtenerzählerin.“ Die beißende Ironie seiner Worte verletzte sie, schien den anderen aber vollständig zu entgehen.
„Noch ein Ale für die Dame!“ rief Mr. Wallace einem der Mädchen zu und pochte gegen Helenas leeren Krug.
„Nein“, befahl Daniel. „Sie hatte heute Abend schon genug Bier.“
„Unsinn!“ protestierte Helena, obwohl sie sich jetzt noch benommener fühlte als nach dem Wein. Auch ihre Zunge wurde ein wenig schwer. Sie wandte sich an Mr. Wallace: „Sehen Sie jetzt, was ich meinte? Er passt immer auf mich auf. Ich weiß allerdings nicht, weshalb er mich überhaupt mitgenommen hat, wenn ich eingesperrt im Zimmer sitzen soll.“
„Ich wollte dich daheim lassen, wenn du dich entsinnst“, widersprach nun Daniel. Die Bedienung setzte den neuen Krug vor Helena ab. Daniel nutzte die Gelegenheit und deutete auf das leere Glas vor ihm. „Mehr Gin.“
Er durfte also trinken, sie aber nicht? Herausfordernd nahm sie einen tiefen Zug und wischte sich dann mit dem Handrücken über den Mund, wie die Männer am Tisch es taten. „Jetzt bin ich aber nun einmal hier und habe vor, mich zu amüsieren.“
Ihre Tischgenossen feuerten sie an.
„Helena, ich schwöre ...“, begann Daniel.
Doch Wallace unterbrach ihn. „Sei kein Spielverderber, Brennan. Es ist doch nichts weiter als ein Schluck Ale im Kreise guter Freunde. Macht eure Reise ein bisschen angenehmer.“ Er drehte sich zu Helena um: „Wohin wollen Sie beide eigentlich, Mrs. Brennan?“
Unsicher guckte Helena zu Daniel hinüber. Wie viel hatte er den Leuten erzählt? Er legte die Hand an die Brusttasche, wo sich die Bilder von Juliet und Pryce befanden, und schüttelte kaum merklich den Kopf.
Wieso hatte er nach all diesen Stunden noch nicht nach Pryce gefragt? Himmel, was mochte er die ganze Zeit nur hier getrieben haben, wenn er bisher rein gar nichts hatte in Erfahrung bringen können? Also musste sie selbst die Sache jetzt in die Hand nehmen. „Danny will an der Küste einige Geschäfte tätigen. Ich bin mitgekommen, um ihm Gesellschaft zu leisten.“
Als Wallace daraufhin die Augen zusammenkniff und Daniel misstrauisch musterte, wusste sie, dass sie etwas Falsches gesagt hatte. „Warum
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