Die heimliche Lust
machen können, wie gut er mir tut.
»Nun, vielleicht ist das der Grund, warum es den Schlager gibt: He is just my Bill ... an ordinary guy .«
Außer, daß er nicht gewöhnlich ist. Es ist bloß, daß die Worte, die mir einfallen, nicht zu genügen scheinen. Es würde Ihnen doch Eindruck machen — oder nicht? — wenn ich sagte: Er ist Chef von IBM, und er spielt Polo mit dem Prinzen von Wales. Na, das ist doch der richtige Typ, würden Sie denken, um sich auf eine Affäre einzulassen. Stimmt’s?
Keine Worte für diese Liebe
Erst wenn wir über ihre sexuellen Gefühle in diesen Liebesaffären sprachen — nachdem die Frauen bereits ihre Partner und auch ihre Gefühle für sie geschildert hatten — , stieß ich auf eine plötzlich einsetzende Unfähigkeit, sich zu artikulieren. Das geschah immer zum gleichen Zeitpunkt, lang, nachdem sie mir als Interviewerin vertrauten, nachdem wir schon eine ganze Zeit unbefangen miteinander redeten. Es war nicht, daß sie zögerten, etwas mitzuteilen, wie sich herausstellte, sondern daß sie plötzlich das Gefühl hatten, was sie meinten, sei nicht beschreibbar. »Ich habe das Gefühl, als könnten die mir zur Verfügung stehenden Worte nicht vermitteln, was ich meine«, sagte Tina, eine zweiunddreißigjährige Frau, die bis zu diesem Moment offen, ja mitteilungsfreudig gewesen war. »Mir fehlen plötzlich die Worte .«
Kate, eine äußerst selbstbewußte und artikulationsfähige Frau von achtundvierzig Jahren, schien ähnlich zu empfinden wie Tina:
Ich glaube, ich habe nie mit jemandem über meine sexuellen Erlebnisse oder Gefühle gesprochen. Ich besitze kein Vokabular dafür. In der Analyse, die ich gerade mache, wo ich ständig über meine Phantasien und Gefühle reden soll, ist es wie... ein großes Loch. Auch in der Zwiesprache mit mir habe ich dafür keine Worte. Irgendwie kann ich meine Erfahrung von Sexualität nicht objektivieren. Ich habe keine Begriffe für meine Gefühle.
Was sichtlich eine Rolle spielte, war das Gefühl der Frauen, daß ihre Worte mißdeutet werden könnten. Sie befürchteten, daß niemand wirklich verstehen würde, was ihre Beziehung ausmachte und wieviel sie ihnen bedeutete. Jede Zuhörerin, fürchteten sie, würde ihren Standpunkt ablehnen, sie nötigen, ihre Beziehung in einem negativen Licht zu sehen, würde sich auf die Seite der Tradition stellen. Am meisten machte ihnen die Vorstellung angst, daß ihnen die Zuhörerin etwas von ihrer Erfahrung wegnehmen könnte, irgendeine entscheidende Essenz davon, die sie behalten und nicht an tasten lassen wollten. Außerdem bezweifelten sie, daß sie über die nötige Beredsamkeit verfügten, um ihr Vergnügen zu vermitteln.
Es war, als ob die Frage, »Warum schätzen Sie diesen anderen Mann so ?« , die gefährlichste sei. So versuchte ich, wie ich es hier mit Edie, einer fünfunddreißigjährigen Englisch-Professorin tat, herauszudestillieren, was genau an diesem Punkt so gefährlich war.
»Lieben Sie diesen Mann ?«
»Hm, ja, in gewisser Weise. Aber ich bin nicht in ihn verliebt .«
»Was mögen Sie an ihm ?«
»Er ist... ich weiß nicht... wirklich etwas Besonderes. Aber er würde Ihnen wahrscheinlich nicht so besonders vorkommen .«
»Sie brauchen mir nicht seinen Namen zu sagen und mir auch gar nichts über ihn zu erzählen. Ich möchte bloß wissen, welche Gefühle Sie ihm gegenüber haben .«
»Ich fürchte, es wird nicht so klingen, als sei er es wert, als sei er all diese Schwierigkeiten wert .«
»Sie meinen, ich würde nicht verstehen, daß Sie mit ihm zusammensein wollen ?«
»Nun ja, oder daß meine Gefühle groß genug sind, um Liebe genannt zu werden.«
»Und Sie meinen, ich würde Sie darauf festnageln wollen, daß Sie ihn lieben sollen ?«
»Das wäre wenigstens eine Begründung für das, was ich tue .«
»Befürchten Sie, daß ich sagen könnte: >Dafür gefährden Sie Ihr vollkommenes Leben? Für einen großen, schlaksigen Mann mit braunen Augen, der nicht Shakespeare liest? Und Sie halten das vor Ihrem Mann geheim, einem gutaussehenden, blauäugigen Mann, der sehr wohl Shakespeare liest? Sie müssen verrückt sein! Dieses absurde Verhältnis nennen Sie Liebe ?< «
»Ja, genau. Daß er eigentlich nicht gut genug ist, um mir dieses gute Gefühl zu geben .«
»Ja — und daß Ihr Verhältnis Ihnen nicht dieses gute Gefühl geben sollte, wenn es nicht Liebe ist? Denn dann ist es wirklich gewissenlos .«
»Ja. Stimmt .«
»Aber selbst wenn ich das sagte — daß
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