Die heimliche Lust
Verhältnis einlassen sollten, eine Rolle spielten... Erst wenn ich [das Thema anschnitt], äußerten sie ihre Beklemmungen wegen einer möglichen Trennung...
Vielleicht erscheint es inzwischen, da eine zunehmende Anzahl verheirateter Frauen berufstätig ist..., leichter, solche Ver hältnisse zu pflegen (wie dies Männern immer möglich war, ohne daß die Kinder davon betroffen sind).
Andere Untersuchungen deuten darauf hin, daß Soziologen und Therapeuten die Zunahme außerehelicher sexueller Beziehungen besorgt verfolgen, insbesondere die der Frauen. Sie meinen, die Kinder hätten darunter zu leiden, wenn ein Elternteil eine Affäre hat. Andree Brooks berichtet in The New York Times (9. März 1989), die Experten seien der Auffassung, »solange ein Verhältnis besteht, spüren die Kinder, daß der Elternteil emotionale Energie außerhalb der Familie aufwendet«. Infolge dieser »subtilen Verän derungen im Verhalten eines ehebrecherischen Elternteils« könnten die Kinder »ängstlich oder furchtsam werden oder eine Ablehnung spüren und das Gefühl haben, etwas Falsches getan zu haben«. Und: »Wenn die Mutter ein Verhältnis hat..., dann ist ein Kind, das davon erfährt, in Gefahr, sein Vertrauen in die Stabilität von Ehe und Familie zu verlieren .« .
Aus der Untersuchung der Soziologin Lynn Atwater, The Extramarital Connection: Sex Intimacy and Identity (1982) geht hinge-’ gen hervor, daß eine Veränderung des weiblichen Sexualverhaltens längerfristig gesehen eine positive Auswirkung auf die Erziehungspraktiken haben könnte:
Unter den tausenderlei Weisen, in denen Frauen sich verändern, können wir es uns nicht leisten, die Konsequenzen des Wandels im sexuellen Bereich zu übersehen, der auf ihre Kinder durchschlagen und deren Leben beeinflussen wird... Das Klischee besagt, daß Eltern asexuelle Wesen sind, zu >verklemmt<, wenn es darum geht, über Sex zu reden. Jetzt, da sich die sexuelle Erlebnisfähikeit von Eltern, insbesondere Frauen, verändert, und ihre Bereitschaft zur Offenheit zunimmt, könnte durchaus auch ihr Einfluß auf die sexuelle Entwicklung ihrer Kinder, wenn diese zu Erwachsenen heranreifen, zunehmen. Veränderungen in der Entwicklung und im Ausleben weiblicher Sexualität könnten sich somit auch auf die Rolle der Frauen als die hauptsächlichen Erzieher der Kinder auswirken und damit Veränderungen in der sexuellen Sozialisation künftiger Generationen hervorrufen.
Mein Interesse gilt hier den Frauen, und falls meine Befunde in bezug auf die Frauen überraschend sind, dann werden vielleicht auch spätere Befunde in bezug auf die Kinder überraschend sein. Sicherlich ist es notwendig, die Frage, ob und wie sich außereheliche Beziehungen von Frauen auf deren Kinder auswirken, offenzuhalten. Aber wo wir den Verdacht haben, daß die Wirkungen negativ sein könnten, sollten wir noch einmal genau überlegen, warum wir das annehmen. Denn die Gedankenverbindung zwischen Mutter und »Anständigkeit« ist noch stärker als die zwischen Ehefrau und »Anständigkeit«; wir sollten wachsam sein gegenüber unseren Annahmen, wie sich diese hergebrachte Verbindung auf die Kinder auswirkt. Die Macht der »Anständigkeit«, den Lustaspekt in Beziehungen einzuschläfern, könnte für Kinder ebenso nachteilig sein wie für ihre Mütter. Bleibt die Mutter in der Angst vor den Folgen des Verlusts ihrer »Anständigkeit« gefangen, dann könnte sich dies auf die Kinder übertragen, einschließlich ihrer Furcht, sie könnte die Fähigkeit verlieren, eine gute Mutter zu sein — so wie sich Kinder umgekehrt vielleicht auch von der Freude ihrer Mutter, Lust genießen zu können, anstecken lassen.
Ganz gewöhnliche Beziehungen
Selbst nachdem die Frauen anfingen, offen über ihre außerehelichen Beziehungen zu sprechen, ertappten sie sich noch bei Ausdrücken wie »anständig« und »unanständig«. Frauen, die ihre Ehe als »vollkommener« bewerteten als ihre Affären, ihr Leben als »hervorragend« und ihr Zuhause als »wunderbar«, stellten dennoch fest, daß sie dieses Wunderbare nicht so fühlten, wie es nach ihren Worten hätte der Fall sein müssen. Sie merkten, daß sie nicht so empfanden, wie man es von ihnen erwartete. Und sie schilderten ihre außerehelichen Beziehungen, für die sie Worte wie »schön«, »nah«, »erfreulich« und »gleichberechtigt« benutzten, als bloß... gewöhnlich. Das verwirrte sie. Denn obwohl ihre Liebhaber all diese hübschen Eigenschaften haben mochten —
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