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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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aussprechen.
    Nun redeten sie über etwas Radikales, etwas, das Männer immer gehabt haben: das Recht, sich selbst nicht aus der sexuellen Gleichung auszuschließen — noch radikaler, das Recht, sich in dieser Gleichung an die erste Stelle zu setzen. Sie sprachen über eine emotionale und sexuelle Dynamik, die sie nie zuvor erlebt hatten, und sie gestalteten ihre Rolle darin selbst. Die Männer »unscheinbarer«, »sanfter«, der Sex »nicht so perfektionistisch«, »spielerischer«, »selbstbewußter«, die Freundschaft »gleichberechtigt«, vom Zwang befreit, »gut genug« zu sein, um geliebt zu werden — das waren die Kennzeichen dieser verbotenen, unkonventionellen Verbindungen. »Es fällt uns schwer zu akzeptieren, daß eine Frau meinen oder wollen kann, wovon man uns immer versichert hat, sie könne es unmöglich meinen oder wollen«, bemerkt Carolyn Heilbrun in Writing a Woman’s Life«. Nirgends fällt uns dies schwerer, als wenn eine Frau Lust meint und will, und wenn sie ausspricht, wer und was sie ihr verschafft.
    In einem der drei Essays, die er zwischen 1910 und 1917 schrieb und die unter dem Titel Beiträge zur Psychologie der Liebe zusammengefaßt sind, weist Freud auf die Tendenz von Männern hin, Frauen in Madonnen und Huren einzuteilen — Ideale von Reinheit auf der einen Seite, Lustobjekte auf der anderen. Frauen hätten keine solche Neigung, »das Sexualobjekt abzuwerten«, schreibt er, aber er weist auf etwas hin, was er für dessen Konsequenz hält, auf die »notwendige Bedingung des Verbotes im erotischen Leben von Frauen«. Im dritten Essay merkt er an, Mädchen erklärten ganz offen, daß die Liebe ihren Wert verliere, wenn andere davon wüßten, und manche Frauen könnten nur in einer verbotenen Beziehung lieben, die geheimgehalten werden müsse und in der sie das sichere Gefühl hätten, allein von ihrem eigenen Willen angetrieben zu werden.
    Möglicherweise sind das, was Frauen an diesen verbotenen, geheimen Beziehungen so gefällt, die völlig anderen Bedingungen, die sie in Verhältnissen dieser Art suchen und finden. Meine Gesprächspartnerinnen stellten fest, daß sie sich in diesen sanften Beziehungen selbstbewußt, gleichberechtigt und befreit vom Zwang, zu gefallen, fühlten — drei Beziehungsaspekte, die für Frauen historisch gesehen in der konventionellen Ehe fehlen. Diese Gefühle sind es, die ihr Vergnügen ausmachen und definieren; sie sind es, die ihre Authentizität wiederherstellen und ihren Willen und ihre Sexualität befreien. Kein Wunder, daß sie es nicht riskieren wollen, diese Beziehungen aufs Spiel zu setzen. Denn man hat sie nicht gelehrt, ihre eigene Lust und Macht für wertvoll zu haben oder überhaupt danach zu streben, und Gleichberechtigung wird ihnen in Beziehungen, wie das Patriarchat sie billigt, nicht geboten.

Die Kinder

    Mir war schon bald aufgefallen, daß die Frauen selten ihre Kinder als Hinderungsgründe für ihre Seitensprünge anführten. Nur gelegentlich erwähnten sie sie überhaupt, und wenn ich sie danach fragte, hörte ich als erstes, wie kompliziert die Logistik sei, um sicherzustellen, daß die kleinen Kinder versorgt waren, während die Mutter ihrer Liebschaft nachging. Mütter sehr kleiner Kinder machten sich weitaus mehr Sorgen darüber, wie sich eine mehrstündige Abwesenheit auf sie auswirken würde, als darüber, ob ihr Verhältnis, ihre Zuneigung für den außerehelichen Partner den Kindern irgendwie schaden könnte. Keine der Frauen brachte ihren außerehelichen Partner mit nach Hause; und keine hatte den Wunsch, ihn mit ihren Kindern bekanntzumachen.
    Ich hörte immer wieder, daß das Verhältnis eine Privatangelegenheit sei, die die Frauen für sich behalten wollten, und daß die Kinder nichts damit zu tun hätten.
    Alle Frauen, die ich fragte, sagten, ihre Hauptsorge sei nicht, ob das Verhältnis als solches ihren Kindern schaden könnte — das nahmen sie nicht an — , sondern ob die Konsequenzen der Affäre ihre Verbindung zu ihnen gefährden könnten; mit anderen Worten, sie fürchteten, für das Verhältnis bestraft zu werden, fürchteten die Möglichkeit, ihre Kinder in einem Sorgerechtsstreit zu verlieren.
    Mehrere Untersuchungen bestätigen diese Erfahrung, daß die Frauen zögern, das Problem der Kinder anzuschneiden. Annette Lawson stellt zum Beispiel fest:
    Es war kennzeichnend, daß die Befragten selten ihre Kinder als die Faktoren erwähnten, die in ihren Überlegungen und Gefühlen, ob sie sich auf ein

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