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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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entdecken, etwas, das sie nicht einmal vor der Ehe erlebt hat, so viele Beziehungen sie auch haben mochte.
    Sie ist es, die entscheidet, ob diese Beziehung Wirklichkeit wird, wo, wann, wie oft, und was genau ihr Part darin sein wird. Sie braucht keinen Mann zu erobern, weil sie bereits einen hat; sie braucht nicht die Zukunft zu planen, die bereits mit jemand anderem geplant ist; sie braucht sich weder Sorgen zu machen, ob die Beziehung enden wird, noch ob all ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Sie hat ihr Leben, und diese Freundschaft wird von Tag zu Tag gelebt werden. Ihr einziges Ziel ist beiderseitiger Lustgewinn, ohne den sie keinen Existenzgrund hat.
    Die Frauen sprachen darüber, wie völlig anders sie dieses Arrangement empfanden. Die achtunddreißigjährige Laura sagt:
    Es klingt verrückt, aber ich wußte nicht einmal, wie man eine Beziehung gestaltet, die nicht in erster Linie dazu da ist, dem Mann Vergnügen zu bereiten. Ich meine nicht im Sinne einer Geisha, sondern daß alles im wesentlichen zu seinen Bedingungen läuft. Vor der Ehe habe ich mir immer Sorgen um die nächste Verabredung gemacht, wie sich die Beziehung wohl entwickeln wird, ob wir heiraten würden. Ob ich Beziehungen genießen konnte, hing vor meiner Heirat völlig davon ab, ob sie eine Zukunft hatten.
    Die achtundzwanzigjährige Joy beschreibt ihre Liebschaft:
    Er begehrte mich als die, die ich war, um meiner selbst willen, nicht instrumentell. Er mußte eine Menge Schwierigkeiten überwinden, um mich zu sehen. Deshalb zweifelte ich nicht an seinen Gefühlen. Ich fühlte mich sehr wichtig.
    Die fünfundvierzigjährige Iris bemerkte über das Gefühl von Macht und Selbstvertrauen, das sie empfand, als sie diese Beziehung um sie und ihre beiderseitigen Bedürfnisse herum entstehen sah:
    Ich bestimmte das Geschehen. Wir trafen uns, wenn ich weg konnte. Die Orte, an denen wir zusammenkamen, waren günstig für mich. Sexuell hatte ich genausoviel davon wie er. Das hatte ich nie zuvor erlebt. Da es nun einmal so war, daß ich bereits mein eigenes Leben hatte, mußte er, nun ja, mir sexuell etwas geben, sonst wäre es vermutlich aus gewesen; irgendwie stand ich im Mittelpunkt der Beziehung.
    Und die siebenundvierzigjährige Ethel:
    Ich kann Ihnen nicht schildern, wie bizarr das war. Ich hatte so etwas noch nie erlebt...; einfach dazusein, nichts zu tun, nur dazusein und die Beziehung sich ohne meine Regie entwickeln zu lassen. Es hatte auch schon früher Männer gegeben, die hinter mir her waren. Aber dieser Fall war anders, weil ich es auch wollte und mich trotzdem nicht groß darum bemühen mußte.
    Diese zwei Frauen, Iris und Ethel, konnten sich an keine frühere Beziehung erinnern, die sich so ausschließlich um sie gedreht hätte. Verständlich, denn wenn die Frau ledig ist und ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann hat oder wenn sie als ledige Frau eine Beziehung zu einem ledigen Mann hat, dann läßt sie sich auf die klassische und — klassisch unbefriedigende — Rolle ein. Von der unverheirateten Frau, deren gesellschaftlicher Status immer noch geringer ist als der der verheirateten, wird angenommen, daß sie sich von einer außerehelichen Beziehung mehr erwartet als die verheiratete Frau, ob dies nun zutrifft oder nicht.
    Von ihrer Struktur her komme eine solche geheime und verbotene Beziehung eigentlich nur dem verheirateten Mann zugute, meint die Soziologin Laurel Richardson. Dies vor allem aufgrund der größeren Geltung, die ihm Ehe, Geld und Männlichkeit verleihen, so stellt sie in ihrem Essay »Secrecy and Status: The Social Construction of Forbidden Relationships« fest; aber auch, weil die ledige Frau fast immer bereit sei, seinen ehelichen Status zu schützen; indem sie aber ihre Beziehung geheimhält, werde diese nur allzu leicht idealisiert. Macht und Status ihres Liebhabers würden gestärkt, die Position der Frau dagegen weiter geschwächt. Wenn aber der Status eines Beteiligten an einer geheimen sexuellen Liaison Vorrang habe, werde »die Beziehung so gestaltet, daß der Betreffende geschützt sei«, schreibt Richardson. »Die Folge ist, daß der Betreffende größere Macht in der Beziehung hat .« Wie immer habe diese tödliche Kombination von Idealisierung des Partners und Schwächung der eigenen Position für die Frau nur eine Folge: sie verliere.
    Die Struktur des Verhältnisses mit einer verheirateten Frau kehrt dieses Machtungleichgewicht um. Da, wie Richardson folgert, »geheime, verbotene sexuelle

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