Die heimliche Päpstin
ist. Die von ihm angestrebte Einheit unseres Landes rückt auf diese Weise in greifbare Nähe, und vereint, so betont der Heilige Vater, können wir mit Hilfe des allmächtigen und gerechten Gottes auch die ungläubigen Horden der Ungarn vernichtend schlagen, wie einst die Sarazenen.«
Bischof Benedictus hatte seine Rede beendet und schaute Marozia und Wido erwartungsvoll an, seine Hände über dem Bauch verschränkt, mild lächelnd im vollen Bewußtsein – so bin ich mir sicher – seiner schwerwiegenden Worte.
Marozia blieb ihm eine Antwort schuldig, verbeugte sich knapp und verließ den Empfangsraum, ohne ihm den Ring zu küssen und ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.
Wido schaute ihr stirnrunzelnd nach, dankte dem Bischof mit gepreßter Stimme, betonte, auf jeden Fall möge der Sohn der Senatorin und vestaratrix Marozia, Diaconus Giovanni, bei der Trauungszeremonie assistieren, was der Bischof selbstverständlich zugestand. »Es ist mir eine besondere Ehre und wird den Heiligen Vater in tiefstem Herzen freuen, denn seit je fühlt er sich verantwortlich für seinen Patensohn, der sicher einmal hohe Sprossen auf der Leiter kirchlicher Würde erklimmen wird.«
Benedictus verabschiedete sich, und wir drei sprachen anschließend über den äußerst geschickt eingefädelten Angriffsplan des Papstes. Ich hatte befürchtet, Marozia würde vor Zorn kopflos reagieren, täuschte mich jedoch. Sie zeigte sich kalt und beherrscht. Wido dagegen schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. Papst Johannes war es gelungen, hinter ihrem Rücken das Heft des Handelns zu ergreifen und offensichtlich erfolgreich seinen ersten Streich zu führen. Widos Hoffnung auf die Königswürde schien damit, zumindest vorerst, vom Tisch gewischt. Was ihn jedoch am meisten erschütterte und entsetzte, war die Tatsache, daß Papst Johannes Hugo aus der Provence gerufen hatte.
Marozia schaute ihn forschend an: »Meinst du nicht, ihr könnt euch verbünden und gegen Johannes vorgehen? Schließlich ist Hugo dein Bruder.«
»Mein Halbbruder, und bisher habe ich noch nicht viel von Bruderliebe gemerkt. Ich habe ihm sogar einmal militärische Hilfe geleistet, als er sich als Vormund für den geblendeten König Ludwig gegen Widersacher durchsetzen mußte, und nie auch nur ein Wort des Danks gehört. Mein jüngerer Bruder Lambert, der damals dabei war, haßt ihn. Er hält Hugo für einen skrupellosen, machtbesessenen Mann.«
»Dann hat Papst Johannes ja den richtigen Verbündeten ausgesucht, um Italien zu einen«, sagte ich. Bisher hatte ich geschwiegen, weil mir immer klarer wurde, daß Marozia und ihrem Wido überlegene Gegner gegenüberstanden, denen es mittlerweile gelungen war, auch im Norden des Landes mächtige Freunde zu gewinnen. Würden beide – und mit ihnen die gesamte Familie – den Krieg überstehen, der mit einem deutlichen Stellungsvorteil des Papstes begonnen hatte?
56
Im Juni des Jahres 926 wählten die norditalischen Fürsten unter der Leitung des Papstes Hugo von der Provence, Graf von Arles und Vienne , zum König von Italien. Kurz darauf wurde der Ehebund zwischen Marozia und Markgraf Wido von Tuszien geschlossen. Die Trauungszeremonie fand tatsächlich in Sancta Maria Maiora statt, und unser Diaconus Giovanni machte diesmal seine Sache gut. Es wurden noch mehr Oboli unter das Volk gestreut, als Marozia geplant hatte, auf Straßen und Plätzen traf man sich zu spontanen Festen, durch die Via Lata zogen Jubelchöre zum Aventin, welche die großmütige senatrix et patricia Romanorum priesen.
Wido hatte seinen Bruder Lambert gebeten, zur Wahl und Krönung Hugos in Pavia nur einen Botschafter zu schicken und auch nicht zu der Zeremonie nach Rom zu kommen, sondern in Lucca zu bleiben und im ganzen Land unauffällig zwar, aber wirksam Heer und Wehr zu stärken. Ein Teil der Truppen solle in die Nähe von Rom verlegt werden, in den zu Tuszien gehörenden Bereich der Campania.
Bereits im September überfielen fremde Soldaten tuszische Besitztümer im nördlichen Etrurien, außerdem Domänen in Camerino, die Markgraf Alberich gehört hatten, sie tauchten sogar vor Roms Mauern auf und sickerten mehr oder weniger unbemerkt in die Stadt ein. Es kam zu Provokationen gegenüber der Leibwache des tuszischen Markgrafen, zu Scharmützeln und hinterhältigen Überfällen, bei denen zahlreiche Männer aus Widos Gefolge umkamen. Zugleich wurden Marozias Anhänger aus den adligen Familien Roms unter Druck gesetzt und bedroht. Sicher
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