Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
in der schließlich die Schwerter gezückt wurden. Zurück blieb ein junger Mann in seinem Blut. Alberich bestieg sein Pferd, fuhr sich durch seine Löwenmähne und setzte hocherhobenen Hauptes seinen Weg nach Spoleto fort.
    18
    »Ja, so war Alberich«, kommentierte Marozia, »zielstrebig, unerschrocken, skrupellos. Er konnte einem Sklaven den Kopf abschlagen und sich über das lustig sprudelnde Blut amüsieren; wenn er sich nach dem Liebesakt von dir löste, mußte er lachen. Ich glaube, er lachte sogar noch, als er zur Hölle fuhr.«
    Sein Ende erinnere ich anders. Ich meine mich sogar zu erinnern, daß er bereits lange zuvor sein Lachen verlernt hatte.
    Nach Tagen quälenden Schweigens und ungewohnt ausgedehnten Betens war Marozia aus ihrem inneren Gefängnis aufgetaucht und hatte mich aufgefordert, ihr meine letzten Eintragungen vorzulesen. Wie nicht anders zu erwarten war, lauschte sie besonders aufmerksam, als Alberich die Bühne unseres Lebens betrat.
    »Der blonde Alberich, der Abenteurer mit seinen Grübchen«, sinnierte sie. »Sein Lachen verbarg etwas, es baute eine Wand auf, gegen die er mich laufen ließ. Und seine schmutzigen Witze! ›Was ist der Unterschied zwischen einem Furz Gottes und einem päpstlichen Furz? Aus dem ersten weht dich der Heilige Geist an, aus dem zweiten der Gestank der Hölle.‹ Niemand lachte außer ihm selbst. Und dann folgte Der betende Papst auf dem Kackstuhl.«
    »Ja, ich erinnere mich, diesen Witz liebte er besonders. Wir alle wanden uns vor Peinlichkeit, er aber wieherte vor Lachen.« Ich lächelte wehmütig, weil uns heute niemand mehr mit schrecklichen Witzen aufheitern wollte. »Du hast recht«, fuhr ich fort. »Er trug lange Zeit eine Maske, hinter der er seine Ängste verbergen konnte.«
    »Weißt du eigentlich, was seine Wurzeln waren?« fragte sie nach einer Weile. »Er hat mir nie viel aus seiner Vergangenheit erzählt, wahrscheinlich, weil er aus dem Nichts kam.«
    »Dein Vater hat sich gelegentlich über ihn geäußert. Schon in jungen Jahren muß sich Alberich als begnadeter Schwertkämpfer in Spoleto hervorgetan haben, dann in Tuszien. Zwischendurch diente er sich Berengar von Friaul an. Überall galt er als unbesiegbarer langobardischer Recke. Ich denke, Agiltrud hat ihn zurückgeholt und ihm Camerino zur Belohnung gegeben. Angeberisch nannte er sich Graf von Camerino und ließ sich rasch den Titel von Kaiser Lambert bestätigen.«
    »Glaubst du, er war Agiltruds Liebhaber?«
    »Das kann ich mir gut vorstellen, trotz des Altersunterschieds. Als er ihren jüngsten Sohn auf der Tiberbrücke erschlug, dürfte die Liebe allerdings erloschen sein und sich in unstillbaren Haß verwandelt haben.«
    »Aber weshalb ging er nach Spoleto zurück? Er mußte doch ihre Rache befürchten.«
    »Er schloß sich Kaiser Lambert an, Agiltruds älterem Sohn.«
    Ich konnte nicht ganz den Spott in meiner Stimme unterdrücken, weil damals und auch später noch die Königs- und Kaisertitel so blutig umkämpft waren und gleichwohl wenig bedeuteten, kaum Machtzuwachs, keine Befehlsgewalt über Herzöge und Grafen, keine Steuereinnahmen. Wer wie ich in Konstantinopel aufgewachsen und einen wohlgeordneten Staat mit einem Kaiser, einem Heer von Beamten und der Herrschaft eines ausgeklügelten Rechts gewohnt war, der konnte sich immer nur wundern über das anarchische Italien und das nicht minder anarchische Rom, über die Herrschaft der blanken Gewalt und der Intrige, der Bestechung und des Pöbels.
    »Lambert«, fuhr ich fort, »war nicht unglücklich über den Tod seines Bruders. Sie mochten sich nicht – so etwas soll vorkommen. Auf jeden Fall gab es für Lambert nun niemanden mehr aus seiner Familie, der ihm seine Herrscherrolle streitig machen konnte, und er hätte unangefochten die von seinem Großvater gegründete Dynastie fortsetzen können. Allerdings hätte er dann lieber Söhne zeugen als Wildschweine jagen sollen.«
    Marozia schaute mich fragend an.
    »Der starke Alberich«, so fuhr ich fort, »hat seinen Jagdgenossen nicht retten können, als der Eber Lambert die Hauer in den Bauch rammte. Sein Spieß kam zu spät für Kaiser und Markgraf – und gerade richtig, um die Herrschaftsnachfolge in Spoleto neu zu regeln. Alberich hat immer berichtet, Lambert habe ihn, kurz bevor er in die himmlischen Jagdgründe aufbrach, zum Nachfolger ernannt. Alle Mächtigen Spoletos seien anwesend gewesen, die wolfsäugige Agiltrud habe ohnmächtig und blaß vor Wut zusehen müssen, wie er

Weitere Kostenlose Bücher