Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
Hostiengefäße. Auch der angrenzende Lateranpalast war schwer in Mitleidenschaft gezogen, aber nicht gänzlich eingestürzt, wie es geheißen hatte. Obwohl sich ihnen hohe kirchliche Würdenträger in den Weg stellten, drangen beutegierige Männer, teilweise bewaffnet, in ihn ein. Und nun sahen wir auch die ersten, die ihr geraubtes Gut triumphierend davonschleppten. Kinder waren dabei, Frauen aus den ärmsten Schichten, bedrängt von Männern, die ihnen ihre Beute entwenden wollten.
    Theodora war stehengeblieben, kletterte auf eine umgestürzte Säule, um einen besseren Überblick zu haben. Ich folgte ihr. »Kannst du unsere Männer entdecken?« schrie sie mir ins Ohr. Ich schüttelte den Kopf.
    Wir entdeckten sie auch später nicht, und als endlich wieder ein Durchkommen war, machten wir uns auf den Weg nach Hause. Ein Wunder, daß niemand Theodora ihre kostbare Stola entriß. Als wir schließlich verdreckt und mit vor Staub brennender Kehle unser Haus erreichten, waren Theophylactus und Alberich noch nicht zurückgekehrt. Theodora begann sich Sorgen zu machen, ich brachte erst einmal die Kinder ins Bett, dann tranken wir einen Becher Wein.
    Spät in der Nacht erschienen endlich die Männer. Sie schleppten ein schweres Teil herbei, das eingehüllt war in Wolltücher und zerrissene liturgische Gewänder. Theophylactus ließ es in der Hauskapelle ablegen und nahm erst einmal mit Alberich ein Bad. Theodora winkte mir, als die Männer sich noch abtrocknen und walken ließen; wir schlichen in die Kapelle und schlugen die Stoffe zurück: ein goldenes Kreuz mit Inschriften, eingelegten Perlen und Edelsteinen glänzte uns entgegen.
    Während Theodora sich bekreuzigte, flammten ihre Augen gierig auf. Sie strich mit der Hand über das kostbare Metall und die nicht minder kostbaren Steine. »Es muß das Kreuz des Belisar sein«, flüsterte sie.
    Es war das Kreuz des Belisar: ein Weihegeschenk aus der Zeit, als das byzantinische Reich und die Goten um die Herrschaft in Rom kämpften. Der oströmische Feldherr hatte es der ewigen Stadt in Erinnerung an seine Siege geschenkt: Es sollte Rom schützen und seine Unabhängigkeit und Größe zu bewahren helfen. Ich wußte allerdings von Euthymides, daß ihm weder das eine noch das andere gelang, daß es geschenkt wurde in einer Zeit, als Rom durch die anhaltenden Kriege unter Seuchen und Hungersnöten litt, als die schon mehrfach eroberte Stadt zu einem Ruinenfeld verkam und die Bevölkerung auf einen Bruchteil der ursprünglichen Größe schrumpfte.
    War nicht der Segen, den es bringen sollte, ein verborgener Fluch?
    Als ich Theodora und den Männern von den verheerenden Gotenkriegen erzählte, lachte Alberich laut auf und zwickte mich in die Wange. »Schau dir die Sklavin an: Sie muß damals dabeigewesen sein. Wahrscheinlich als Geliebte des Belisar. Schön genug ist sie ja, was, Phyli? Und üppig.«
    Theophylactus winkte unwirsch ab. »Keinesfalls darf irgendeiner berichten, woher wir dieses Kreuz haben«, befahl er. »Es gehört seit langem unserem Geschlecht, war nur geliehen, versteht ihr? Mein Urahn war ein Adjutant des Belisar!« Mit einem scharfen Blick auf mich dämpfte er drohend seine Stimme: »Wer redet, dem schneide ich eigenhändig die Zunge heraus.«
    »Aglaia wird schweigen«, fuhr ihn Theodora an. »Sorge lieber dafür, daß deine Männer nicht eure Heldentat in alle Welt posaunen.«
    »Darum wird sich Alberich kümmern.« Theophylactus schlug ihm auf die Schulter, boxte ihn anschließend verschwörerisch auf die Brust und wandte sich wieder dem Kreuz zu, über das er seine langen, kräftigen Finger gleiten ließ. »Das goldene Kreuz wird ein Garant sein für den Aufstieg unserer Familie. Gott meint es gut mit uns.«
    Ich zog mich zu den Kindern zurück, die aufgeregt gewartet hatten und nun, alle durcheinander redend, ihre Ängste bei mir abladen mußten. Auch ich wußte nicht, ob das Erdbeben zurückkehren würde mit dem Brüllen eines ausgehungerten Tieres; ob es Gottes stirnrunzelnde Strafe für das Totentribunal war oder nur ein angeekeltes Aufstoßen der Erde.
    Ich ließ die Kinder an meiner Seite schlafen, und sie kuschelten sich alle zusammen, wurden spät still. Während der Nacht schlief ich kaum, fiel in wirre Träume, in denen Theophylactus und Theodora einem Richter vorgeführt wurden, einem Mann in päpstlichem Ornat, mit einem Totenschädel statt einem Kopf. Er befahl ihre Hinrichtung an einem goldenen Kreuz, doch sah ich sie nicht sterben.
    Am

Weitere Kostenlose Bücher