Die heimliche Päpstin
gebunden?« Theodora verzog höhnisch die Lippen.
»Seitdem wir abgemacht haben, daß ich nach Sergius' Wahl zum saccellarius und arcarius ernannt werde und damit die Finanzen der Kirche verwalte. Was das bedeutet, kannst du dir denken. Wenn alles gut geht, können wir sogar die Sarazenen vom Garigliano vertreiben, verstehst du? Das lasse ich mir doch nicht durch deinen Liebhaber kaputtmachen.«
Er war wieder laut geworden, aber Theodora ließ sich nicht provozieren.
»Johannes könnte eure Abmachungen ebenso erfüllen.«
»Und was ist mit Sergius? Du mußt ihn vorher um die Ecke bringen. Nie wird er kampflos weichen.«
Theodora erhob sich, um den Raum zu verlassen. Im Türrahmen drehte sie sich noch einmal um: »Auch ich werde nicht kampflos weichen.«
Ohne eine weitere Bemerkung verschwand sie.
Unentschlossen ging Theophylactus ein paar Schritte auf und ab und ließ dann nachdenklich seinen Blick auf mir ruhen. »Was hältst du von der Liebschaft meiner Frau?«
Zuerst überlegte ich mir, ob ich überhaupt antworten sollte; schließlich sagte ich: »Es ist nicht nur eine Liebschaft, sondern eine Leidenschaft. Man sollte sie nicht unterschätzen.« Wobei ich offenließ, ob ich mit sie Theodora oder die Leidenschaft meinte.
»Das tue ich nicht, wahrhaft nicht. Ich kenne meine Frau.« Er starrte an die Wand.
Ich verbeugte mich und zog mich zurück.
Während der folgenden Monate herrschte gespannte Ruhe im Haus wie in der Stadt. Am Ende des Winters hieß es plötzlich, Papst Christophorus sei wegen verräterischer Machenschaften und nachgewiesenem Mord an seinem Vorgänger abgesetzt und in ein Kloster gesperrt worden. Keine Woche später wurde verkündet, der abgesetzte Papst habe sich freiwillig vor den strengen Richterstuhl des Herrn begeben, und bevor das Volk sich auf eine neue Freudenzeit einstellen konnte, war die nächste Papstwahl bereits vollzogen und vom Balkon des Vatikans mit lautem habemus papam verkündet. Anschließend trat der frühere Diaconus und jetzige Papst Sergius III. an die Brüstung und sprach seinen Segen über das Volk von Rom.
Martinus und ich standen inmitten der Menge, als er die drei Finger zum Segenszeichen erhob. Wir schauten uns an und wußten, daß wir beide an das gleiche dachten: an die drei Finger eines Toten.
»Jetzt hat Sergius endlich sein Ziel erreicht. Nun wird er den Kampf in unser Haus tragen«, sagte Martinus leise. Ich verstand ihn nur halb, fragte aber nicht nach, weil ich seinen traurigen Blick auf mir fühlte. »Wir hätten längst gehen sollen, wir beide, mit deinem Sohn.«
27
Papst Sergius III. hielt seine Versprechen: Er ernannte Theophylactus zum saccellarius und arcarius und sorgte auf diese Weise dafür, daß alle Finanzen der Kirche von ihm kontrolliert wurden und auf diese Weise so mancher Solidus, zahlreiche Silberdenare und zahllose Oboli in die Truhen unseres Hauses flossen. Sogar die Goldmünzen der Sarazenen, die Mancusi, verachtete man nicht. Pecunia non olet, wie wir alle wissen. Selbst Aaron zeigte Freude, weil er seine Darlehen auf Denar und Obolus verzinst zurückerhielt und dann das goldene Kreuz des Belisar zurückgeben durfte.
Theophylactus ließ unter unserem Palast allein für dieses Segenskreuz eine Krypta tief in den Erdboden graben. Zahllos waren die Funde, die dabei ans Tageslicht kamen: Knochen und Tonwaren, altrömische Münzen, sogar wertvoller Schmuck, den Theophylactus von einem Goldschmied herrichten ließ und seinen Töchtern schenkte. Das Kreuz wurde als Reliquie des Heils und des Sieges aufgehängt, und bei der Einweihung, die von Papst Sergius eigenhändig vorgenommen wurde, bestimmte Theophylactus die Krypta zugleich zu seiner Gruft. Als ahne er sein Ende voraus, erklärte er, wie Hadrian, der imperator augustus, wolle er in einem Porphyrsarkophag ruhen, bis er nach dem Jüngsten Gericht seinen Weg ins Himmelreich antreten dürfe.
Theodora schaute mich kurz an und verdrehte die Augen, Alberich gähnte, und Papst Sergius ließ das Weihrauchfaß schwenken. Die Kinder zitterten – ich weiß nicht, ob vor Kälte oder vor Angst. Ich warf einen Blick auf Bischof Johannes, der Papst Sergius assistiert hatte, nun jedoch in den Hintergrund trat und uns alle aufmerksam beobachtete. Am längsten ließ er seinen Blick auf Marozia ruhen, was mir trotz des mageren Lichts nicht entging. Und Marozia erwiderte ihn lächelnd, ohne Scheu.
Bei der anschließenden Feier prunkte unser Haus mit seinem Reichtum. Musikanten spielten auf,
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