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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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und nach altrömischem Brauch sollten wir die Mahlzeit im Liegen einnehmen. Es gab in Milch eingelegtes Schwanenfleisch, mit Pistazien und Gewürznelken garniert und mit Pfeffer und Safran so überlegt, daß Zunge und Rachen brannten und das Fleisch zwar gelblich leuchtete, aber kaum noch zu schmecken war. Der Geruch und Geschmack der nicht mehr ganz frischen Tiberfische wurde ebenfalls von den teuren Zutaten übertönt. Den Wein tranken wir sogar aus Gläsern, die Theophylactus Händlern aus Amalfi abgekauft hatte. Zum Säubern der Hände wurde Rosenwasser in Silberschalen gereicht, und zum Schluß sollten wir uns an Früchten erfreuen, die in Honig eingelegt waren.
    Während der Wein nach den süßen Früchten säuerlich schmeckte und gleichzeitig die Speisen in unserem Magen unwillig rumorten, trat eine Gauklertruppe auf, die uns von der Verdauung ablenkte und die Sinnenlust wieder auf Auge und Ohr richtete. Ein Dichter sang von der Größe des Theophylactus und seiner Herkunft aus dem Geschlecht des Justinian. Ja, sein Urvater sei zwar nicht Abraham – es erscholl Gelächter –, sondern der Größte aller großen Kaiser: Konstantin, der dem Christentum zum endgültigen Sieg verholfen und der Stadt am Bosporus seinen Namen verliehen habe.
    Rechtzeitig, bevor wir uns zu langweilen begannen, tanzten Bären miteinander, umhüpft von geschorenen, kläffenden Hunden, und ein Affe brachte durch seine Streiche sogar Papst Sergius zum Lachen, während mein Alexandros erstaunlich ernst blieb. Am lautesten lachte natürlich Alberich, der schließlich, als die Akrobatengruppe sich aufbaute, es sich nicht nehmen ließ, uns allen seine ungestüme Kraft zu beweisen und den weiblichen Engel des Menschenturms auf einer Hand hochzustemmen.
    Als die Nacht fortschritt, brachte ich die Kinder zu Bett. Der kleinen Theodora hatte am besten der freche Affe gefallen, Marozia dagegen mochte die Bären, deren Tanzbewegungen sie nachzuahmen versuchte, was Alexandros zu einem Lachanfall reizte. Sie nahm seinen Spott nicht krumm. Plötzlich aufgekratzt, ahmte er in übertriebener Pose den Dichter und seine Hymne auf Theophylactus nach, sprach jedoch nicht von ihm, sondern von Marozia, und aus der Lobeshymne wurde ein Liebesgedicht. Obwohl er erst vierzehn Jahre alt war, gelangen ihm die Versmaße, und auch die passenden Worte stellten sich flüssig ein. Ich war so gerührt, daß meine Augen feucht wurden, zumal die Liebesworte von melancholischer Sehnsucht zeugten.
    Marozia wußte nicht recht, wie sie darauf reagieren sollte, ob sie mit Theodora kichern oder ob sie ergriffen verstummen sollte. Vermutlich war ihr dieser poetische Ausbruch meines Sohnes anfangs peinlich, doch schließlich berührte sie seine metaphorisch ausgeschmückte, hinter zahlreichen Bildern und Vergleichen verborgene Liebeserklärung derart, daß sie ihm nach seinem Verstummen einen Kuß gab. Dieser fiel so stürmisch aus, daß beide auf das Bett fielen. Ihre Anspannung löste sich in Gelächter auf, und sie verstärkten es noch, indem sie sich kitzelten und schließlich balgten. Theodora wollte sich hinzugesellen, wurde allerdings von Marozia recht unsanft weggetreten und suchte durch lautes Schluchzen meine tröstende Aufmerksamkeit zu erregen.
    Als sich die Kinder wieder beruhigt hatten, las ich ihnen aus Homers Odyssee vor, und zwar das Kapitel von der schönen Nymphe Kalypso, in deren Armen der Held lange Jahre Glück im Vergessen genoß. Obwohl sie ihm ewige Jugend und Unsterblichkeit schenken wollte, mußte sie ihn auf Befehl der Götter ziehen lassen, weil seine Sehnsucht nach der Heimat, nach seiner wartenden Ehefrau Penelope und seinem Sohn Telemachos alles Glück in der abgeschirmten Grotte überstieg. In einer Geste großmütiger Überwindung und opferstarken Verzichts half sie ihm sogar beim Bau seines Schiffes, auf dem er dann davonsegelte, hinaus auf das im silbrigen Glanz schimmernde Meer.
    Als die Geschichte endete, war die kleine Theodora längst eingeschlafen. Marozia, die sich in Alexandros' Arme gekuschelt hatte, murmelte mit geschlossenen Augen: »Ich hätte ihn nicht gehen lassen.« Als ich schon glaubte, sie sei ebenfalls eingeschlafen, flüsterte sie noch, ohne ihre Augen zu öffnen, Alexandros zu: »Du mußt immer bei mir bleiben.«
    Mein Junge wagte sich nicht zu bewegen und starrte verloren an die Decke, reagierte nicht einmal, als ich ihm leise »Gute Nacht« zurief.
    Während ich mich zum Festsaal begab, verfolgte mich das Bild meiner

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