Die heimliche Päpstin
Berengar dröhnend ins Wort: Er sei schließlich der zukünftige Kaiser und damit der Herr der befreiten und geeinten italischen Lande, er sei kampferprobt und schlachterfahren wie kein anderer und beuge sich daher keinem fremden Oberbefehl, »schon gar nicht dem Oberbefehl eines Seelenhirten, der fromme und friedliebende Christenschafe zu führen in der Lage ist, nicht aber blutdurstige und schwertschwingende Soldatenwölfe.«
Schon bei den Worten kampferprobt und schlachterfahren war Alberich in ein erregtes und zugleich höhnisches Gelächter ausgebrochen, und nun brach es aus ihm heraus: »Du hast dich doch von den Ungarn zusammenprügeln lassen und bist ihnen dann sogar in den Arsch gekrochen, du fettbäuchiger Bastard, ich kenne dich, ich habe schon einmal unter deinem Oberbefehl gekämpft: Als es ernst wurde, hast du den Schwanz eingezogen …«
Alberich konnte nicht weiterreden, weil Berengar Anstalten machte, sich auf ihn zu stürzen, und ein chaotischer Tumult entstand.
»Komm her, Schmerbauch!« schrie Alberich ihm entgegen und hatte schon sein Schwert gezückt. »Ich säble dir den Kopf ab, dann können sich die Krähen deinen Kaisertitel holen.«
»Wie kannst du es wagen, Bauerntölpel, dein Schwert gegen einen Herrn zu ziehen!« Berengars Stimme hatte ihr Dröhnen verloren, drohte überzuschnappen. »Ich werde dir nach unserem Sieg alle deine Titel nehmen und dafür sorgen, daß dein Mord an dem Markgrafensohn von Spoleto gesühnt wird. Auch ich kenne dich! Dein Kopf wird rollen …«
Papst Johannes drängte sich, unterstützt von den Heerführern, mit aller Macht zwischen die Kampfhähne. Während Alberich noch immer Kaskaden unflätiger Beschimpfungen in die Richtung des Königs brüllte, wandte sich Berengar beleidigt ab und verließ den Raum, nicht ohne gravitätisch und mit geblähter Brust zu verkünden, er werde sein Heer allein gegen die Sarazenen führen.
Als sich im Juni die Sommerhitze ankündigte, schlugen unsere Truppen zu, wie angekündigt ohne Berengar, der mit seinen Männern aufgebrochen war, nördlich von Rom verstreute, meist kleinere sarazenische Einheiten zu verfolgen. Eine Abordnung unseres Hauptheers sicherte den Süden Roms, der bewegliche und schlagkräftigste Teil, die Reiterei und die kampferprobten Fußsoldaten, trieben in einem weiten Schwenk die Sarazenen aus der Sabina und stellten sie bei Tivoli, wo es zur ersten Schlacht kam, die Papst Johannes für sich entschied. Ich selbst war dabei, stand mit dem Troß und den Fußlahmen auf einem kleinen Hügel, von wo ich die Bewegung unserer zwei Reiterflügel verfolgen konnte. In der Mitte rückte Theophylactus mit den Fußsoldaten vor, die linke Flanke führte Johannes persönlich, mit dem Wurfspeer in der Hand, eingerahmt und geschützt von seiner Leibwache. Die rechte Flanke bestand aus Alberichs Kerntruppe, und die fegte, mit ihm persönlich an der Spitze, derartig über die Sarazenen, daß ihnen ihr Allahu akbar in der Kehle erstarb und sie, durchbohrt und aufgeschlitzt, zu Boden sanken.
Die Ungläubigen, die entkommen konnten, flüchteten in die Berge oder eilten ohne ihr Beutegut zum Garigliano, wo sich ihr befestigtes Hauptlager befand.
Unterdessen hatte sich Papst Johannes mit den süditalischen Herzögen getroffen, und sogar der byzantinische Stratege Picingli war hinzugekommen. Er staunte, als er bemerkte, daß der päpstliche Gesandte und Übersetzer eine Frau war, und als er hörte, aus welcher Familie ich stammte und welches Schicksal mich hierher verschlagen hatte, wurde er sehr nachdenklich. Mir gelang es, ihn trotz der laufenden Verhandlungen und Vertragsunterzeichnungen auf meinen Sohn Alexandros anzusprechen, und er versprach, sich für ihn beim Hof des Kaisers einzusetzen.
Papst Johannes führte in autoritätsgebietender Ruhe die Verhandlungen der diversen Parteien über die Aufteilung des Beuteguts, das bei der Erstürmung des sarazenischen Lagers sicherlich anfalle. Die Herzöge von Gaëta und Neapel wollten für den entgangenen Handel mit den Ungläubigen entschädigt werden und Ländereien des Patrimoniums erhalten, was ihnen zugestanden wurde. Als schließlich alles geklärt und unterzeichnet war, rüsteten wir uns zum Sturm auf das sarazenische Lager.
Ich sage wir, weil ich am liebsten mitgestürmt wäre, obwohl ich Blutvergießen verabscheue. Doch als ich einen Blick auf die angespitzten Palisaden warf, auf die Wälle und Holzschuppen, Zelte und Lagerfeuer und die umherwimmelnden Menschen,
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