Die Heiratsschwindlerin
Esme lächelte sie an. »Komm schon. Fahren wir los.«
Esmes Daimler war draußen auf der Straße unter einer Laterne geparkt. Als sie eingestiegen war, drehte Milly sich um und spähte neugierig durch das Rückfenster.
»Schau, das da sieht wie Isobels Auto aus.«
»Ach, hier in der Gegend gibt es einen Haufen dieser kleinen Peugeots«, murmelte Esme und ließ den Motor an.
»Es ist Isobels Auto!«, rief Milly und spähte genauer. »Was macht sie denn hier?«
»Nun, leider können wir uns nicht länger aufhalten«, meinte Esme und legte rasch den Gang ein. »Sobald wir angekommen sind, kannst du sie ja anrufen.«
»Nein, warte!«, protestierte Milly. »Sie steigt aus. Sie kommt auf uns zu. Esme, halt an!« Esme fuhr los, und Milly sah sie an, sprachlos vor Erstaunen. »Esme, halt an!«, rief sie. »Esme, halt den Wagen an!«
Isobel eilte die Straße entlang und sah mit Bestürzung, wie Esmes Wagen aus der Parklücke fuhr. Keuchend sprintete sie hinter dem Auto her, verzweifelt bemüht, Milly nicht aus den Augen zu verlieren. Hinter den Scheiben von Esmes teurem Daimler konnte sie Millys blonden Haarschopf sehen, sah, wie Milly sich umdrehte, sie entdeckte und dann etwas zu Esme sagte. Aber Esme hielt nicht an. Für wen hielt sich dieses Miststück eigentlich? Und wohin zum Teufel brachte sie Milly? Unter größter Anstrengung konnte Isobel noch einen Zahn zulegen, immer die Rücklichter des Daimlers im Auge, unsicher, was sie tun würde, als Esme um die Ecke bog und auf der Hauptstraße davonbrauste.
Aber die Ampel am Straßenende stand auf Rot, und Esme musste notgedrungen die Geschwindigkeit drosseln. Isobel, die sich wie eine siegreiche olympische Athletin vorkam, erreichte das Auto und begann, an Millys Fenster zu trommeln. Sie sah, wie Milly drinnen lebhaft auf Esme einschrie und dann mit der Handbremse kämpfte. Plötzlich ging Millys Tür auf, und sie kullerte mehr heraus, als dass sie ausstieg.
»Was gibt’s?«, fragte sie Isobel keuchend. »Es schien wichtig zu sein.«
»Allerdings«, brachte Isobel wütend heraus, rot im Gesicht und völlig außer Atem. »Allerdings ist es wichtig! Mein Gott!« Sie strich sich das Haar aus den Augen und zwang sich, ein paarmal tief Luft zu holen. »Zum einen interessiert es dich vielleicht, dass es dieses Miststück war, das dich beim Pfarrer verpfiffen hat.« Sie deutete verächtlich auf Esme, die ihren Blick vom Fahrersitz aus mit wütenden, funkelnden Augen erwiderte.
»Wie meinst du das?«, sagte Milly. »Ich dachte, es war Alexander.«
»Nein, sie war’s! Stimmt doch, oder?«, herrschte Isobel Esme an.
»Wirklich?« Milly sah Esme mit großen Augen an. »Wirklich?«
»Natürlich nicht!«, gab Esme scharf zurück. »Warum sollte ich so etwas tun?«
»Vielleicht, um dich an Harry zu rächen«, sagte Isobel, und ein neuer, schneidender Ton schlich sich in ihre Stimme.
»So ein Unsinn!«
»Von wegen. Er hat mir alles über dich erzählt. Alles.«
»So, hat er das?«, fragte Esme spöttisch.
»Ja«, erwiderte Isobel kalt. »Hat er.«
Stille trat ein. Esmes funkelnder Blick schweifte scharf über Isobels Gesicht, dann begriff sie plötzlich.
»Verstehe«, sagte sie langsam. »So stehen die Dinge also.« Sie bedachte Isobel mit einem verächtlichen Lächeln. »Das hätte ich mir ja denken können. Ihr Havill-Mädchen habt wirklich eine Schwäche fürs Geld, was?«
»Du bist ein Miststück, Esme.«
»Ich verstehe nicht.« Milly blickte von Isobel zu Esme. »Wovon redet ihr? Esme, hast du dem Pfarrer wirklich gesagt, dass ich schon verheiratet bin?«
»Ja. Und es war zu deinem Besten. Du willst diesen unreifen kleinen Schnösel doch wohl nicht heiraten!«
»Du hast mich verraten!«, schrie Milly. »Und dabei bist du meine Patentante! Du solltest zu mir halten!«
»Das tue ich doch.«
Hinter ihnen bildete sich allmählich eine Wagenschlange. Jemand hupte, und Isobel machte eine ungeduldige Geste.
»Milly, hör zu«, sagte Esme. »Für eine Ehe mit Simon Pinnacle bist du viel zu schade! Dein Leben fängt doch gerade erst an! Verstehst du nicht? Ich habe dich vor einem Leben in Langeweile und Mittelmaß bewahrt.«
»So siehst du das also?« Millys Stimme hob sich ungläubig. »Dass du mich gerettet hast?«
Etliche weitere Autofahrer begannen zu hupen. Gegen Ende der Schlange stieg ein Fahrer aus seinem Wagen und kam auf sie zu.
»Schatz, ich kenne dich sehr gut«, begann Esme. »Und ich weiß, dass …«
»Tust du nicht!«, fiel Milly ihr ins
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