Die Heiratsschwindlerin
überhaupt, Harry kann es sich leisten.«
»Keine Frage.«
»Er mag Milly sehr gern, weißt du.«
»Ich weiß«, sagte Isobel. »Mann o Mann …« Sie sah sich um und biss sich auf die Lippen.
»Was?«, fragte Olivia argwöhnisch.
»Oh, ich weiß nicht. Die ganzen Vorbereitungen, das viele Geld. Alles für einen Tag.«
»Was stört dich daran?«
»Nichts. Ich bin mir sicher, es wird sehr schön.«
Olivia starrte sie an. »Isobel, was ist los mit dir? Du bist doch nicht etwa eifersüchtig auf Milly, oder?«
»Wahrscheinlich«, entgegnete Isobel leichthin.
»Du könntest doch auch heiraten, weißt du! Aber du hast dich ja anders entschieden.«
»Ich bin noch nie gefragt worden«, sagte Isobel.
»Das ist nicht der Punkt!«
»Doch«, entgegnete Isobel, »ich glaube, genau das ist er.« Und zu ihrem Entsetzen spürte sie, wie ihr die Tränen kamen. Warum, zum Teufel, weinte sie? Bevor ihre Mutter noch etwas sagen konnte, wandte sie sich ab und marschierte aufs andere Zeltende zu. Olivia eilte nichts ahnend hinter ihr her.
»Hier kommt das Essen hin«, erklärte sie aufgeregt. »Und dort die Schwäne.«
»Die Schwäne?« Isobel drehte sich zu ihr um.
»Ja, Schwäne aus Eis«, erklärte Olivia. »Und jeder davon wird mit Austern gefüllt sein.«
»Nein!« Isobel brach in Gelächter aus. »Wer hatte denn die Idee?«
»Harry«, verteidigte sich Olivia. »Was gibt’s daran auszusetzen?«
»Nichts. Bloß dass es das Geschmackloseste ist, was ich je gehört habe!«
»Genau das habe ich auch gesagt«, sagte Olivia eifrig. »Aber Harry hielt dagegen, Hochzeiten seien ohnehin geschmacklos, es brächte also gar nichts, Geschmack beweisen zu wollen. Also beschlossen wir, alles auf eine Karte zu setzen!«
»Und wenn er all seine Gäste mit Austern bewirtet hat, ist er pleite.«
»Von wegen! Red nicht so daher, Isobel.«
»Schon gut«, besänftigte sie Isobel. »Ehrlich, die Hochzeit wird bestimmt wunderschön.« Sie sah sich um und fragte sich zum hundertsten Mal an diesem Tag, wie Milly wohl vorankam. »Für Milly wird es der schönste Tag ihres Lebens.«
»Dabei verdient sie das gar nicht«, meinte Olivia verärgert. »Fährt einfach so nach London. Und das zwei Tage vor der Trauung! Zwei Tage!«
»Ich weiß.« Isobel biss sich auf die Lippen. »Und glaub mir, Milly weiß das auch.«
Als Milly The Strand erreichte, schien bereits die Wintersonne, und es keimte vorsichtiger Optimismus in ihr auf. In wenigen Minuten wüsste sie Bescheid, so oder so. Und mit einem Mal hatte sie das sichere Gefühl, die Antwort zu kennen. Die Last, die sie die letzten Jahre gedrückt hatte, würde von ihr genommen. Endlich wäre sie frei.
Sie bummelte die Straße entlang, spürte eine Brise durch ihr Haar fahren, genoss die Sonne im Gesicht.
»Entschuldigen Sie.« Eine junge Frau tippte ihr auf die Schulter. Milly drehte sich um. »Ich arbeite für einen Salon in Covent Garden. Wir suchen Haarmodelle.« Sie lächelte Milly an. »Hätten Sie Lust?«
Liebend gern hätte Milly sich zur Verfügung gestellt.
»Tut mir leid«, sagte sie bedauernd, »aber ich stehe etwas unter Zeitdruck.« Sie hielt inne, und ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ich heirate nämlich am Samstag.«
»Ach!«, rief das Mädchen. »Wirklich? Herzlichen Glückwunsch! Sie werden eine bezaubernde Braut abgeben.«
»Danke.« Milly errötete. »Schade, dass es nicht geht. Aber ich muss noch etwas erledigen.«
»Schon gut.« Das Mädchen verdrehte mitfühlend die Augen. »Ich weiß, wie das ist! All die Kleinigkeiten, die man immer bis zuletzt aufschiebt!«
»Genau«, gab Milly ihr recht und ging weiter. »Nur ein paar Kleinigkeiten.«
Als sie das Somerset House betreten und die gesuchte Abteilung schließlich gefunden hatte, hoben sich ihre Lebensgeister noch mehr. Der für die Scheidungsurteile zuständige Mann war rund und fröhlich, mit glitzernden Augen und einem schnellen Computer.
»Sie haben Glück«, sagte er, während er ihre Daten eintippte. »Seit einigen Jahren sind alle Daten im Computer erfasst. Frühere Einträge hätten wir per Hand suchen müssen.« Er blinzelte ihr zu. »Aber in diesen Jahren wären Sie ja gerade mal ein Baby gewesen. Nun, haben Sie noch einen Moment Geduld, meine Liebe …«
Milly strahlte zurück. Sie plante bereits, was sie tun würde, wenn sie die Scheidungsbestätigung erhalten hätte. Sie würde ein Taxi zu Harvey Nichols nehmen, sich schnurstracks in den fünften Stock begeben und sich einen Sekt
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